Leitsatz
Besteht die Leistung in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenzter Dauerleistung, wird die Leistung erst mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 14c UStG, Art. 63, Art. 64, Art. 65 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elektronische Informationssysteme der I zu erwerben und sofort an I zurückzuverleasen.
Im Jahr 2006 kaufte die Klägerin die Informationssysteme zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 EUR zuzüglich 153.600 EUR Umsatzsteuer. Zugleich gewährte I der Klägerin ein mit 4,5 % jährlich zu verzinsendes Darlehen i.H.v. 640.000 EUR für einen Zeitraum von 48 Monaten. Die Informationssysteme waren im Betrieb eines Dritten aufgestellt. Anstelle der Übergabe trat die I der Klägerin ihren Herausgabeanspruch ab.
Ebenfalls 2006 verleaste die Klägerin die elektronischen Informationssysteme für die Dauer von 48 Monaten zurück an die I. Bei einer zugrunde gelegten Netto-Berechnungsgrundlage i.H.v. 960.000 EUR wurden monatliche Leasingraten i.H.v. 23.500 EUR zuzüglich 3.760 EUR Umsatzsteuer vereinbart. Die I trug das Risiko des Untergangs, Verlusts, Diebstahls oder von Beschädigungen des Leasingguts.
Mit Rechnung vom 5.3.2007 rechnete die Klägerin gegenüber der I über die Leasinggebühren ab. Hierin war eine 19 %ige Umsatzsteuer i.H.v. 4.465 EUR monatlich offen ausgewiesen. In der Rechnung war als Übergabedatum der 29.12.2006 vermerkt. Die erste Rate war ab Februar 2007 fällig, alle weiteren Raten jeweils am Ersten eines Monats im Voraus. Die Rechnung sollte für die volle Vertragslaufzeit gelten. Rechnungen für die einzelnen Raten wurden nicht gestellt. I zahlte lediglich am 26.3.2007 eine Leasingrate und leistete danach keine weiteren Zahlungen.
Mit Schreiben vom 16.1.2008 kündigte die Klägerin den Leasingvertrag wegen Zahlungsunregelmäßigkeiten fristlos. Am 23.1.2008 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der I eingesetzt und am 2.7.2008 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. In der Umsatzsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin Umsätze von netto 23.500 EUR (Umsatzsteuer 19 % 4.465 EUR), Vorsteuern aus Rechts- und Beratungskosten von 190 EUR und eine verbleibende Umsatzsteuer von 4.275 EUR.
Mit Bescheid vom 17.6.2010 setzte das FA die Umsatzsteuer auf 51.465 EUR fest, da es im Hinblick auf die Leasinggegenstände keine Lieferungen, sondern eine steuerfreie Kreditgewährung annahm, deshalb den Vorsteuerabzug versagte sowie die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer als nicht gesetzlich geschuldet ansah, sodass die Rechnung einen Steuerausweis i.S.v. § 14c UStG enthalten habe.
Der dagegen gerichtete Einspruch hatte in der Sache nur insoweit Erfolg, als die Umsatzsteuer auf 49.115 EUR herabgesetzt wurde, da anstatt 12 nur 11 Monatsraten zu berücksichtigen seien, weil die erste Rate erst im Februar 2007 zu leisten gewesen sei.
Die daraufhin erhobene Klage wurde vom FG abgewiesen, wobei der BFH (BFH, Urteil vom 6.4.2016, V R 12/15, BFH/NV 2016, 1398, BStBl II 2017, 188) die Entscheidung des FG aufhob und die Sache an das FG zurückverwies.
Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt (FG Münster, Urteil vom 8.5.2018, 5 K 2329/16 U, Haufe-Index 12033910, EFG 2018, 1589). Bei der Mitwirkungsleistung der Klägerin habe es sich um eine einmalige Mitwirkungsleistung und nicht um eine Dauerleistung in Form von Teilleistungen gehandelt. Die Mitwirkungsleistung sei nicht im Streitjahr, sondern bereits im Vorjahr erbracht worden. Eine Berichtigung nach § 17 UStG sei mangels Versteuerung im Vorjahr nicht vorzunehmen.
Entscheidung
Der BFH bestätigte im zweiten Rechtsgang die Klagestattgabe. Das FG habe den vom FA geltend gemachten Steueranspruch im Ergebnis zu Recht verneint. Die Klägerin habe ihre Leistung bei der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenzte Dauerleistung nicht im Streitjahr, entgegen dem FG-Urteil auch nicht vor dem Streitjahr, sondern erst danach mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht. Es handle sich auch nicht um Teilleistungen.
Hinweis
1. Ist die Beteiligung des Unternehmers an einem sale-and-lease-back als Käufer und Leasinggeber als Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung anzusehen, liegt im Hinblick auf die Vertragslaufzeit des Leasingelements eine zeitlich begrenzte Dauerleistung vor, die dazu führt, dass der Unternehmer diese Leistung erst mit der Beendigung der dieser Mitwirkungsleistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse, zu denen auch der Leasingvertrag gehört, erbringt.
Dem steht nicht entgegen, dass das Leasing nur unterstützend der Umsetzung der Mitwirkungsleistung dient, da es für die Leistungserbringung nicht auf die Vornahme der prägenden Leistungshandlung ankommt, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die Leistung insgesamt abgeschlossen wird.
2. Eine Vorverlagerung der Leistungserbringung erfolgt auch ...