Prof. Dr. Joachim S. Tanski
3.1 Zeitpunkt der Bewertung
Rz. 83
Die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden sind grundsätzlich zum Bilanzstichtag zu bewerten. Im Jahresabschluss müssen mithin jene Werte angesetzt werden, welche am Stichtag zutreffend waren (Stichtagsprinzip). Bilanzstichtag ist immer der letzte Tag eines (Rumpf-)Geschäftsjahrs.
Rz. 84
Alle wertschaffenden Ereignisse (wertbeeinflussenden Ereignisse), die bis einschließlich des Bilanzstichtags eingetreten sind, sind mit ihren Einflüssen bei der Bewertung zu berücksichtigen. Treten wertschaffende Ereignisse erst nach einem bestimmten Bilanzstichtag ein, so darf ihr Einfluss auf den Bilanzwert erst im folgenden Jahresabschluss berücksichtigt werden; davon unberührt sind ggf. Berichtspflichten im Anhang oder Lagebericht.
Rz. 85
Sofern durch ein wertaufhellendes Ereignis erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Bilanzaufstellung bekannt wird, dass an einem Vermögensgegenstand eine Wertveränderung durch ein wertschaffendes Ereignis im abgelaufenen Geschäftsjahr stattgefunden hat, so ist dies noch im Jahresabschluss des abgelaufenen Geschäftsjahrs zu berücksichtigen (Wertaufhellungsprinzip). Wird beispielsweise erst im neuen Geschäftsjahr (jedoch vor der Bilanzaufstellung) bekannt, dass ein Schuldner in Konkurs geht, so spricht dies dafür, dass die Forderung bereits zum Bilanzstichtag einen niedrigeren Wert hatte. Andererseits muss die Forderung an einen bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr in Konkurs gegangenen Schuldner im Jahresabschluss des abgelaufenen Geschäftsjahrs in voller Höhe ausgewiesen werden, wenn diese Forderung im neuen Geschäftsjahr vor der Bilanzaufstellung uneingeschränkt ausgeglichen wird.
Rz. 86
Über das Wertaufhellungsprinzip sind somit sowohl positive als auch negative Einflüsse zu berücksichtigen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass das wertschaffende Ereignis bis einschließlich zum Bilanzstichtag stattgefunden hat.
Rz. 87
Es ist in der Praxis nicht zu beanstanden, wenn Bewertungshandlungen bereits im laufenden Geschäftsjahr nach Eintritt von wertschaffenden Ereignissen vorgenommen werden. So kann beispielsweise eine durch Fehlbedienung teilzerstörte Maschine bereits nach diesem Ereignis neu bewertet werden. Es ist in diesen Fällen der Wertansatz zum Bilanzstichtag zu überprüfen und ggf. zu korrigieren.
3.2 Bewertung im Regelfall
Rz. 88
Sowohl im Handelsrecht als auch im Steuerrecht existieren Regelungen über die Bewertung im Regelfall. Diese Regelungen sind grundsätzlich zu berücksichtigen, sofern nicht im Gesetz ausdrücklich eine Ausnahme vorgesehen ist.
Rz. 89
Vermögensgegenstände sind danach höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen (Wertobergrenze gem. § 253 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz HGB bzw. § 6 Abs. 1 Nrn. 1,2 EStG). Sofern die Vermögensgegenstände der Abnutzung unterliegen, gelten als Wertobergrenze die um planmäßige Abschreibungen verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten gem. § 253 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz HGB bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die gesetzlich definierte Wertobergrenze ist gleichzeitig auch der Wertansatz im Regelfall.
Rz. 90
Aufgrund der normierten Wertobergrenze ist somit der Ansatz eines über den (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegenden (Zeit-)Werts ausgeschlossen. Dies ergibt sich auch aus dem Realisationsprinzip, welches den Ausweis nicht realisierter Erfolgsbeiträge untersagt.
Rz. 91
Der Ansatz des Zeitwerts ist deshalb auf jene Fälle eingeschränkt, in denen der Zeitwert unter dem regelmäßigen Wertansatz liegt.
3.3 Bewertung bei abweichendem Zeitwert
3.3.1 Abschreibung auf den Zeitwert
Rz. 92
Für das Anlagevermögen in der Handelsbilanz gilt, dass bei einem unter die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunkenen Zeitwert
- bei voraussichtlich dauernder Wertminderung eine Abschreibung vorgenommen werden muss (Abschreibungszwang gem. § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB; strenges Niederstwertprinzip),
- bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung an Vermögensgegenständen (außer Finanzanlagen) keine Abschreibung vorgenommen werden darf,
- bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung an Finanzanlagen eine Abschreibung vorgenommen werden darf (auf Finanzanlagen eingeschränktes Abschreibungswahlrecht gem. § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB, gemildertes Niederstwertprinzip).
Es handelt sich dabei jeweils um eine außerplanmäßige Abschreibung.
Rz. 93
vorläufig frei
Rz. 94
vorläufig frei
Rz. 95
vorläufig frei
Rz. 96
vorläufig frei
Rz. 97
vorläufig frei
Rz. 98
vorläufig frei
Rz. 99
vorläufig frei
Rz. 100
vorläufig frei
Rz. 101
vorläufig frei
Rz. 102
vorläufig frei
Rz. 103
vorläufig frei
Rz. 104
vorläufig frei
3.3.2 Zuschreibung bei gestiegenem Zeitwert
Rz. 105
Grundsätzlich ist eine Zuschreibung bei gestiegenem Zeitwert nur möglich, wenn in einem vorhergehenden Geschäftsjahr eine außerplanmäßige Abschreibung wegen eines unter die (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunkenen Zeitwerts vorgenommen wurde. In allen anderen Fällen ist eine Zuschreibung wegen eines gestiegenen Zeitwerts unzulässig.
Rz. 106
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