OFD Frankfurt, Verfügung v. 4.4.2008, S 7100 A - 234 - St 11

Bezug: FinMin Hessen, Erlass vom 28.11.2007, S 7100 A – 212 – II 51
  BMF-Schreiben vom 27.11.2007, S 7100/07/0035

Falls eine Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten diese auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) eine Entschädigung oder Vergütung nach § 21 Abs. 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch X (SGB X).

Das neu eingeführte JVEG ist zum 1.7.2004 in Kraft getreten. Das vor diesem Zeitpunkt maßgebliche Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) wurde zum 30.6.2004 aufgehoben.

Für die umsatzsteuerliche Behandlung ist ab 1.1.2005 maßgebend, nach welchen Vorschriften des JVEG (Abschn. 35, §§ 823) die Entschädigung oder Vergütung gezahlt wurde. Abzugrenzen ist hierbei die Entschädigung von ehrenamtlichen Richtern und Zeugen von der Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern.

Nach der Neuregelung des Abschn. 3 Abs. 8 UStR ist Folgendes zu beachten:

 

1. Entschädigung von Zeugen und ehrenamtlichen Richtern (Abschn. 3 Abs. 8 Satz 1 UStR)

Soweit die Tätigkeit eines Zeugen oder ehrenamtlichen Richters nach den Abschn. 4 und 5 (§§ 15 – 23) des JVEG gezahlt wird, liegt grundsätzlich nicht steuerbarer Schadensersatz vor.

 

2. Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern (Abschn. 3 Abs. 8 Satz 2 UStR)

Erfolgt die Vergütung an Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer nach Abschn. 3 (§§ 8 bis 14) des JVEG, liegt Entgelt für eine Leistung vor, die steuerbar ist.

 

3. Vergütung von sachverständigen Zeugen

Bei der Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen ist danach zu differenzieren, ob dieser bei der Ausstellung eines Befundscheines oder der Erteilung einer Auskunft oder eines Zeugnisses über einen ärztlichen Befund eine zusätzliche gutachtliche Äußerung abgibt oder nicht.

Soweit die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nach § 10 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 200 und Nr. 201 (ohne gutachtliche Äußerung) vergütet wird, liegt nicht steuerbarer Schadensersatz vor.

Erfolgt die Vergütung nach § 10 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 2 Nr. 202 und Nr. 203 (mit gutachtlicher Äußerung), liegt ein steuerbarer Umsatz vor.

Ob jemand als Zeuge, sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger anzusehen ist, richtet sich nach der tatsächlich erbrachten Tätigkeit, nicht nach einer ggf. abweichenden Abrechnung. Ausschlaggebend ist dabei, ob er als Zeuge „unersetzlich” oder „auswechselbar” ist.

Erteilt z.B. ein Arzt einem Gericht einen schriftlichen Bericht über den bei einem von ihm behandelten Patienten festgestellten Befund, so ist er „unersetzlicher” sachverständiger Zeuge, so dass nicht steuerbarer Schadensersatz vorliegt.

Ein „auswechselbarer” Sachverständiger hingegen übermittelt die Kenntnis von Erfahrungssätzen oder beurteilt bestimmte Tatsachen auf Grund derartiger Erfahrungssätze. In diesem Fall ist die Steuerbarkeit gegeben.

 

4. Ärztliche Gutachten im Auftrag der Sozialbehörden

Ärzte, die für die Sozialbehörden gutachterlich tätig werden, erhalten nach § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X Entschädigungen oder Vergütungen entsprechend den Vorschriften des JVEG.

  1. Ein Arzt stellt dem Versorgungsamt auf Anfrage lediglich Behandlungsdaten eines Patienten zur Verfügung. Er wird dabei als bloßer Zeuge tätig und nach § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X i.V.m. § 19 JVEG entschädigt. Nach Abschn. 3 Abs. 8 Satz 1 UStR handelt es sich dabei um nicht steuerbaren Schadensersatz.
  2. Ein Arzt wird vom Versorgungsamt als sachverständiger Zeuge herangezogen und mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die Vergütung dafür richtet sich nach § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X i.V.m. §§ 8 bis 14 JVEG. Damit ist nach Abschn. 3 Abs. 8 Satz 2 UStR ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch gegeben. Der Umsatz ist auch steuerpflichtig, die Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 Nr. 14 und 16 UStG sind nicht anwendbar (siehe Rundverfügung vom 17.10.2007, S 7170 A – 63 – St 112; USt-Kartei OFD Ffm. zu § 4 Nr. 14 – S 7170 – Karte 16).
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1;

UStR 2008 Abschn. 3 Abs. 8;

JVEG vor § 1

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