Johannes Hoffmann, Dr. Mirko Wolfgang Brill
Der Unionszollkodex (UZK) unterscheidet zwischen dem präferenziellen und dem nicht präferenziellen Ursprung. Das bedeutet: Es gibt Ursprungsnachweise, die zu einer Zollermäßigung führen (Präferenz), und Ursprungsnachweise, bei denen das nicht der Fall ist. Für beide gibt es genaue Vorschriften, die beim Erstellen des entsprechenden Dokuments eingehalten werden müssen.
3.2.1 "Nichtpräferenzieller" Ursprung: Ursprungszeugnis führt nicht zu einer Zollermäßigung
Manche Staaten verlangen bei der Einfuhr die Vorlage eines Ursprungszeugnisses, also eines Dokuments, das den Herstellungsursprung nachweist. Die Ursprungsregelungen wurden von den Vereinten Nationen entwickelt und in den Zollkodex übernommen.
Als EU-Ursprungsware gelten:
- Waren, die vollständig in der EU erzeugt wurden, wie z. B. Kohle, Agrarprodukte, in der EU geborene Tiere usw. (Art. 60 Abs. 1 UZK); dabei sind bis zu 10 % Drittlandsanteil zulässig.
- Altwaren, die in der EU gesammelt wurden.
- Waren, die in der EU wesentlich be- oder verarbeitet wurden.
Als Nachweis für eine wesentliche Be- oder Verarbeitung gilt der Positionswechsel (Tarifsprung). Dieser ist dadurch erkennbar, dass die eingeführte und dann bearbeitete Ware im Zolltarif bei der Ausfuhr einer anderen Tarifposition (bezogen auf die ersten 4 Ziffern der Warennummer nach dem Harmonisierten System zugeordnet wird als die importierte, unbearbeitete Ware.
Ursprungszeugnisse (UZ) werden vom Exporteur erstellt und von der zuständigen IHK beglaubigt. Die IHK kann auch verbindliche Ursprungsauskünfte erteilen. Darüber hinaus verlangen manche Staaten, dass das UZ zusätzlich von einem Konsulat oder einer beauftragten Stelle des Bestimmungslandes beglaubigt wird. Welche Staaten dies sind, ist bei der IHK in Erfahrung zu bringen oder kann in Nachschlagewerken wie "Konsulats- und Mustervorschriften (KuM)" der IHK Hamburg oder "Exportpraxis" nachgelesen werden.
Ein nicht präferenzielles Ursprungszeugnis führt nicht zu einer Zollermäßigung (Präferenz) im Bestimmungsland.
3.2.2 Präferenzieller Ursprung: Hier geht es um Zollermäßigung im Bestimmungsland
Beim präferenziellen Ursprung geht es um eine Zollermäßigung im Bestimmungsland, wenn es sich um einen mit der EU assoziierten Staat handelt. Auch hier gelten die Regelungen für "vollständig erzeugt", Altwaren und wesentliche Be- und Verarbeitung, allerdings auf der Basis anderer Kriterien. Nicht immer wird ein Positionswechsel gefordert und manchmal genügt ein einfacher Positionswechsel auch nicht.
Die folgenden Punkte sind die wesentlichen Unterschiede zur Ursprungs-VO:
- Als Ursprungswaren gelten alle Waren, die im Europäischen Wirtschaftsraum vollständig gewonnen oder hergestellt wurden.
- Als Ursprungswaren gelten auch Waren, die nicht mehr als 10 % Drittlandswaren beinhalten.
- Ebenso gelten Waren als Ursprungswaren, wenn sie im Europäischen Wirtschaftsraum in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet wurden; das ist nach Art. 4 der Vereinbarung dann der Fall, "wenn die Bedingungen der Liste in der Anlage II erfüllt sind".
- Ohne ausreichende Be- und Verarbeitung gelten Waren als Ursprungswaren desjenigen Landes, in dem der höchste Wertzuwachs stattgefunden hat.
Ein Sonderfall ist das ab 1.2.2019 in Kraft tretende Abkommen EU-Japan-EPA (JEFTA). Für dieses Abkommen gelten gesonderte Ursprungsregelungen, die aber ähnlich sind. Bei Exporten ist auf der Handelsrechnung eine Ursprungserklärung (EzU) anzubringen – wie auch bei Südkorea und Kanada.
Beispiel aus dem Elektronikbereich für Bearbeitungsvorschriften aus "WuP-online"
Ein Elektrofachhandel führt verschiedene Lautsprecher (Hochtöner, Mitteltöner, Bässe) aus China ein und fertigt in der EU Lautsprecherboxen unter Verwendung von Holz, Dämmmaterial, Frequenzweichen usw. Diese werden in ganz Europa verkauft, darunter die Schweiz. Welche Voraussetzung muss die Ware erfüllen, damit sie in der Schweiz eine Zollpräferenz erhält?
Sowohl die eingeführten Lautsprecher als auch die Boxen fallen unter die Tarifposition 8518 des HS – ein Ursprungszeugnis (z. B. für Ausfuhren in andere Drittländer) dürfte nicht erstellt werden, weil kein Positionswechsel stattgefunden hat. WuP-online gibt folgende Auskunft:
Präferenzregelungen |
HS-Position (1) |
Warenbezeichnung (2) |
Be- oder Verarbeitungen von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die Ursprung verleihen (3) oder (4) |
CH |
ex Kapitel 85 |
Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und andere elektronische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Bild- und Tonaufzeichnungs- oder -wiedergabegeräte für das Fernsehen, Teile und Zubehör für diese Geräte, ausgenommen: |
Herstellen
- aus Vormaterialien jeder Position, ausgenommen aus Vormaterialien derselben Position wie die hergestellte Ware und
- bei dem der Wert aller verwendeten Vormaterialien 40 % des AB-Werk-Preises der hergestellten Ware nicht überschreitet
|
Herstellen, bei dem der Wert der verwendeten Vormaterialien 30 % des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses nicht überschreitet |
ex 8518 |
Mikrofone und Haltevorrichtungen dafür; Lautsprecher, auch in Gehäusen, elektrische Tonfrequenzverstärker, elektrische Tonve... |