Leitsatz
1. Lässt sich bei der Beschaffenheitsbeschau weder die Verteilung der Würzstoffe auf allen Flächen der Fleischprobe noch ihr Eindringen in das Innere der Probe mit bloßem Auge feststellen, sind die nicht sichtbar gewürzten Teile der Probe geschmacklich auf eine deutlich wahrnehmbare Würzung zu prüfen. Eine Geschmacksprüfung nur der Oberfläche kommt nicht in Betracht.
2. Die Geschmacksprüfung erfolgt durch eine sog. Dreiecksprüfung gem. der ISO 4120.
Normenkette
KN zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2, Unterpos. 0207 27 10, Unterpos. 1602 31 11
Sachverhalt
Eine Sendung Truthahnfleisch war als "Zubereitung von Truthühnern, nicht gegart, mit einem Anteil an Fleisch oder Schlachtnebenerzeugnissen von 57 GHT oder mehr" der Unterpos. 1602 31 11 KN zum freien Verkehr angemeldet worden. Die Untersuchung einer Probe durch die ZPLA führte jedoch dazu, dass es sich um eine Ware der Unterpos. 0207 27 10 KN handle, weil die Fleischstücke nur unregelmäßig und spärlich mit Gewürzpartikeln bestreut seien, wobei die Gewürzpartikel nicht auf allen Flächen der Fleischstücke verteilt seien.
Eine deutlich durch Geschmack wahrnehmbare Würzung oder eine andere Zubereitung/Behandlung habe nicht festgestellt werden können. Eine Würzung sei weder optisch noch sensorisch wahrnehmbar. Deshalb könne die Ware nicht als gewürzt i.S.d. zusätzlichen Anmerkung 6 a zu Kap. 2 KN angesehen werden.
Das HZA erhob daraufhin die auf Waren dieser Unterposition entfallenden Einfuhrabgaben nach. Auf die hiergegen erhobene Klage hob das FG den Einfuhrabgabenbescheid auf (FG Hamburg, Urteil vom 20.02.2009, 4 K 39/08, Haufe-Index 2296309).
Entscheidung
Der BFH hat die Beurteilung des HZA, das betreffende Fleisch sei nicht gewürzt gewesen, als ordnungsgemäß zustande gekommen angesehen. Denn die ZPLA hatte das Fleisch betrachtet (keine Würzstoffe sichtbar) und sich ein Stückchen in der Mikrowelle zubereitet, mit unterschiedlichem Geschmackserlebnis der Verkoster, die aber überwiegend keine deutliche Würzung auf der Zunge spürten.
Hinweis
Würzung von Fleisch kann in zweierlei Form vorliegen: Entweder sind Würzstoffe in das Innere des Fleischstücks vorgedrungen oder sie sind auf allen Flächen des Fleischstücks verteilt. Für beides gibt es zwei Prüfungsmethoden: die visuelle Prüfung (mit bloßem Auge) und die "gustatorische" Prüfung (deutlich durch Geschmack wahrnehmbar).
Die visuelle Prüfung wird im Innern meist nichts feststellen können; denn Würzung ruft nicht immer Farbveränderungen oder dergleichen in der Tiefe hervor. Und auf den Außenflächen ist die Prüfung mitunter auch fehleranfällig, wenn z.B. sehr fein vermahlene Würzstoffe in relativ geringen Mengen eingesetzt sind.
Dann bleibt nur das Verkosten übrig. Und das ist angesichts der subjektiven Varianz von Geschmackswahrnehmungen selbstredend eine noch weniger "sichere" Methode.
Wehe also dem, der sich auf Geschäfte einlässt, bei denen es auf die Feststellung einer Würzung i.S. d. Zolltarifs ankommt! Und wehe dem, der solches bei der ZPLA prüfen muss!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 09.12.2010 – VII R 1/10