Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Eine erneute Prüfung eines bereits geprüften Zeitraumes ist grundsätzlich zulässig.
Sachverhalt
Der Kläger betreibt eine Kfz-Werkstatt. Für die Jahre 2004 bis 2006 wurde bei ihm eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt, die nur zu geringen Feststellungen geführt hat. Am Ende der Außenprüfung wurde eine tatsächliche Verständigung getroffen, nach der der Gewinn in 2004 um 4,3 TEUR und in 2006 um 12 TEUR erhöht wurde. Bei der Anschlussprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 wurde gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Im Rahmen einer Durchsuchung der Geschäftsräume wurde festgestellt, dass die vom Kläger gefertigten Ausgangsrechnungen reine Phantasieprodukte waren und die Erlöse unvollständig erfasst waren. Hieraufhin wurde der Prüfungszeitraum auf die Jahre 2003 bis 2006 erweitert, da der Verdacht einer Steuerstraftat bestehe. Gegen die Erweiterung legte der Kläger Einspruch und anschließend Klage ein. Er begründet diese mit der bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung, der erhöhten Bestandskraft nach der ersten Betriebsprüfung sowie der tatsächlichen Verständigung.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet war. Hinsichtlich der Festlegung des Prüfungszeitraumes handele es sich um eine Ermessenentscheidung der Finanzverwaltung. Das Ermessen sei hier zutreffend ausgeübt worden. Dabei sei auch nach einer bereits durchgeführten Außenprüfung eine weitere Außenprüfung grundsätzlich zulässig. Die Erweiterung des Prüfungszeitraumes über den Zeitraum hinaus, für den eigentlich Festsetzungsverjährung eingetreten ist, sei nach der Rechtsprechung dann zulässig, wenn festgestellt werden soll, ob Steuern hinterzogen wurden und daher eine längere Festsetzungsfrist gilt. Insbesondere in einem solchen Fall sei auch eine Zweitprüfung grundsätzlich zulässig. Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO stehe dem nicht entgegen. Auch die tatsächliche Verständigung sperre nicht die Durchführung der Zweitprüfung, da deren Wirkung entfalle, wenn der Steuerpflichtige den wahren Sachverhalt verschleiert habe.
Hinweis
Die zutreffende Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die Möglichkeit, unter denen auch nach einer bereits durchgeführten Außenprüfung eine weitere Prüfung angeordnet werden kann. Grundsätzlich ist dies zulässig (BFH v. 24.1.1989, VIII R 35/86, BStBl 1989 II S. 440). Allerdings sind zwei Punkte zu beachten: zum einen gilt nach § 173 Abs. 2 AO nach einer Außenprüfung eines erweiterte Änderungssperre, die nur bei einer Steuerstraftat durchbrochen werden kann; zum anderen wird regelmäßig nach einer Außenprüfung Festsetzungsverjährung für die betroffenen Jahre eingetreten sein. Die grundsätzliche Frist von 4 Jahren verlängert sich allerdings in Fällen einer Steuerhinterziehung auf 10 Jahre. Zur Prüfung, ob eine Steuerverkürzung gegeben ist, wird aber regelmäßig nur eine (weitere) Außenprüfung dienen können. Damit lässt sich festhalten: sofern der konkrete Verdacht einer Steuerhinterziehung gegeben ist, kann eine weitere Außenprüfung angeordnet werden (kritisch Frotscher, in Schwarz, AO, § 173 Tz. 20). Da der Steuerpflichtige hier offensichtlich bei der tatsächlichen Verständigung zudem gelogen hatte, konnte auch diese nicht die weitere Außenprüfung sperren.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 20.04.2012, 14 K 4222/11 AO