Leitsatz
1. Die Artikel 39 EG und 12 EG stehen dem nicht entgegen, dass einer Privatperson aus einem Mitgliedstaat, die sich auf Grund eines Arbeitsplatzwechsels in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt und dabei ihr Kraftfahrzeug in den letztgenannten Staat einführt, eine Verbrauchssteuer wie die im Ausgangsverfahren streitige Normverbrauchs-Grundabgabe auferlegt wird.
2. Eine Verbrauchsabgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige Normverbrauchs-Grundabgabe ist eine inländische Abgabe, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nicht anhand der Artikel 23 EG und 25 EG, sondern anhand des Artikels 90 EG zu prüfen ist.
3. Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsabgabe wie der im Ausgangsverfahren streitigen Normverbrauchs-Grundabgabe nicht entgegensteht, soweit deren Beträge den tatsächlichen Wertverlust der von einer Privatperson eingeführten gebrauchten Kraftfahrzeuge genau widerspiegeln und die Erreichung des Ziels ermöglichen, derartige Fahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall der Betrag der Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits zugelassener Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist.
4. Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeugs aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson der Erhebung eines Zuschlags von 20 % auf eine Abgabe mit den Merkmalen der im Ausgangsverfahren streitigen Normverbrauchs-Grundabgabe entgegensteht.
Normenkette
Art. 12 EG-Vertrag (EG) , Art. 23 EG-Vertrag (EG) , Art. 25 EG-Vertrag (EG) , Art. 39 EG-Vertrag (EG) , Art. 90 EG-Vertrag (EG) und , Art. 33 Abs. 16. EG-RL
Sachverhalt
Die Eheleute Weigel, deutsche Staatsangehörige, verzogen 1996 nach Österreich und wurden für ihre zwei mitüberführten Kfz zur Abgabe nach dem österreichischen NoVAG herangezogen. Dagegen wandten sie sich mit der Begründung, sie würden als zugezogene Ausländer diskriminiert und die Abgabe stelle für sie eine zusätzliche Umsatzsteuer dar.
Entscheidung
Der EuGH beurteilte nur die Zusatzabgabe, die im Allgemeinen nur eingeführte Gebrauchtwagen betraf und angebliche Wettbewerbsverfälschungen verhindern sollte, als mit Art. 90 EG nicht vereinbar.
Hinweis
Das Besprechungsurteil betrifft die österreichische Normverbrauchsabgabe (NoVA), eine Lenkungsabgabe, die den Erwerb verbrauchsarmer Fahrzeuge begünstigen soll. Sie bestand aus einer Grundabgabe und einer Zusatzabgabe von 20 % für den Fall, dass Steuertatbestand des NoVA-Gesetzes (NoVAG) ein Vorgang ist, der nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wie die Erstzulassung in Österreich.
Die Grundsätze des EuGH zur Beurteilung von Abgaben unter dem Aspekt der gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote sind allgemein von Bedeutung:
1. Vorrangig – vor den Regelungen im EG-Vertrag selbst – sind speziellere Regelungen zu beachten, im Besprechungsfall z.B. die RL 83/183/EWG vom 28.3.1983 betreffend die endgültige Einfuhr von Gegenständen durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat; diese schreibt Befreiungen von Umsatzsteuern, Sonderverbrauchsteuern und sonstigen Verbrauchsabgaben vor – Ausnahme: regelmäßige Abgaben für die Benutzung dieser Gegenstände innerhalb des Landes, z.B. Straßenverkehrsabgaben, Kfz-Zulassungsabgaben, Fernsehgebühren. Diese Richtlinie betrifft (nur) bestimmte Arten dort genannnter Abgaben, die bei einer endgültigen Einfuhr normalerweise erhoben werden. Betrifft eine Abgabe auch andere Fälle, fällt sie nicht unter diese Richtlinie (Rz. 47).
2. Art. 39 Abs. 2 EG (Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten) greift auch ein, wenn Regelungen – ohne an die Staatsangehörigkeit anzuknüpfen – die Freizügigkeit beeinträchtigen (Rz. 51, 52). Entscheidend ist insoweit allein, ob eine Regelung den zuziehenden Arbeitnehmer im Vergleich zu den im Zuzugsland wohnenden Arbeitnehmer benachteiligt (Rz. 55).
3. Art. 12 EG (Allgemeines Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit) ist subsidiär: d.h. nur auf durch das Gemeinschaftsrecht geregelte Fälle anwendbar, für die das Gemeinschaftsrecht kein spezielleres Diskriminierungsverbot vorsieht (Rz. 57).
4. Die VO-Nr. 918/83 vom 28.3.1983 (betr. das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen) betrifft nur das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen.
5. Art. 23 und 25 EG (Verbot der Erhebung von Einfuhr- und Ausfuhrzöllen oder Abgaben mit gleicher Wirkung [auch Finanzzölle] zwischen den Mitgliedstaaten). Das Verbot betrifft jede den Waren wegen Überschreitens der Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten einseitig auferlegte finanzielle Belastung. Die Vorschrift greift nicht ein, wenn die Belastung Bestandteil einer allgemeinen inländischen Abgabenregelung ist, die Gruppen von Waren systematisch nach objektiven Kriterien erfasst, die unabhängig von der Herkunft der Waren gelten (Rz. 19); ist Letzteres der Fall, ist unerheblich, ob die Abgabe tatsächlich nur e...