Leitsatz
Für die Zuordnung von Sicherheiten eines Kommanditisten zum notwendigen passiven Sonderbetriebsvermögen bei einer KG für Verbindlichkeiten einer GmbH, die in wirtschaftlicher Verbindung zur KG steht, an der aber nur die KG, nicht jedoch der Gesellschafter beteiligt ist, kommt es – wie bei der Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum aktiven Sonderbetriebsvermögen – maßgebend auf den Veranlassungszusammenhang an (Weiterentwicklung der Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 24.7.1990, VIII R 226/84, BFH/NV 1991, 588).
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 48 Abs. 1 Nr. 2, § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO
Sachverhalt
Der Kläger war neben einem weiteren Gesellschafter je hälftig als Kommanditist an der K-GmbH & Co. KG beteiligt. Die KG gründete mit zwei weiteren Gesellschaftern die H-GmbH, um mit ihrer Hilfe von der KG nicht mehr absetzbare Waren in den neuen Bundesländern zu verkaufen. Mangels eigener Finanzmittel nahm die H-GmbH beträchtliche Kredite auf, mit denen sie auch die Forderungen der KG aus der Übertragung ihres gesamten Warenbestands beglich.
Der Kläger verbürgte sich für die Kredite der H-GmbH i.H.v. 175.000 DM, zum anderen verbürgte sich die C-KG, an der der Kläger als Kommanditist zu 75 % beteiligt war, i.H.v. 225.000 DM. Der Kläger gab der C-KG hierfür ein Garantieversprechen. Der Kläger wurde aus den Sicherheiten in voller Höhe in Anspruch genommen. Die H-GmbH erklärte gegenüber dem Kläger, Rückgriffsansprüche keinesfalls befriedigen zu können.
Der Kläger leitete daraufhin – im Ergebnis erfolglos – die Gesamtvollstreckung gegen die H-GmbH ein. Er machte sowohl die Aufwendungen auf die Sicherheiten als auch Verfahrenskosten für das Gesamtvollstreckungsverfahren vergeblich als Sonderbetriebsausgaben geltend.
Entscheidung
Der BFH hob entsprechend den modifizierten Maßstäben für die Anerkennung passiven notwendigen Sonderbetriebsvermögens das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Er bestätigte das Urt eil insoweit, als die Eventualverbindlichkeiten nicht als – vom BFH grundsätzlich entgegen der Kritik im Schrifttum (Reiß in Kirchhof, EStG, 6. Aufl, § 15 Rz. 412) gebilligtes – gewillkürtes passives Sonderbetriebsvermögen anerkannt worden sind. Es fehlte an einem zeitnahen Widmungsakt. Eine Zuordnung erst in dem Zeitpunkt, in dem sich bereits Verluste abzeichnen, schließt der BFH indes aus (BFH, Urteil vom 25.11.2004, IV R 7/03, BFH-PR 2005, 166, ständige Rechtsprechung).
Zu klären hat das FG außerdem noch, in welchem Jahr die Eventualverbindlichkeiten ggf. Gewinn mindernd zu berücksichtigen sind. Nach der vom BFH vertretenen sog. Einlagelösung (BFH, Urteil vom 12.6.1990, IV R 37/89, BStBl II 1991, 64) wirken sich Schuld, Zahlung sowie das Wertloswerden einer Ersatzforderung gegen die Gesellschaft oder die anderen Gesellschafter erst bei Beendigung der Gesellschaft oder einer vorherigen Betriebsaufgabe i.S.v. § 16 EStG aus (BFH, Beschluss vom 30.3.1999, VIII R 86/96, BFH/NV 2005, 15). Entgegen der offenbar auch vom FG vertretenen Ansicht kann der Realisationszeitpunkt nicht zum Gegenstand einer tatsächlichen Vereinbarung gemacht werden (BFH, Urteil vom 7.7.2004, X R 24/03, BFH-PR 2004, 453).
Hinweis
1. Nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH durfte die Übernahme von Sicherheiten für Verbindlichkeiten Dritter nur dann als notwendiges passives Sonderbetriebsvermögen anerkannt werden, wenn sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb der Personengesellschaft stand. Diese Voraussetzung war nur anzunehmen, entweder aufgrund eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wirtschaftsgütern des aktiven Sonderbetriebsvermögens oder mit Schulden der Personengesellschaft. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor.
2. Demgegenüber hat der BFH ungeachtet der weiterhin verwendeten Formeln für das aktive Sonderbetriebsvermögen I oder II (vgl. etwa BFH, Urteil vom 18.12.2001, VIII R 27/00, BFH-PR 2002, 176) es für die sachliche Zurechnung als ausschlaggebend angesehen, in welchem Interessenbereich ein Wirtschaftsgut eingesetzt wird (BFH, Urteil vom 1.10.1996, VIII R 44/95, BStBl II 1997, 530; vom 10.6.1999, IV R 21/98, BStBl II 1999, 715). Entscheidend ist somit, wodurch der Einsatz des Wirtschaftsguts letztlich wirtschaftlich veranlasst wird.
3. Für die Zuordnung sind dabei alle erkennbaren Umstände des Einzelfalls heranzuziehen. Ein wesentliches Indiz stellt die Überlassung zur Nutzung im Betrieb der Gesellschaft zu nicht fremdüblichen Bedingungen dar (BFH, Urteil vom 13.10.1998, VIII R 46/95, BStBl II 1999, 357).
4. Ebenso hat der BFH z.B. Bürgschaften für Verbindlichkeiten Dritter, die aber wirtschaftlich mit der Personengesellschaft verbunden sind, wie dies bei einer – im Streitfall nicht vorliegenden – Betriebsaufspaltung der Fall ist, als passives Sonderbetriebsvermögen anerkannt, wenn der Dritte eine Gesellschaft ist, an der der Mitunternehmer selbst beteiligt ist und wenn seine Beteiligung zu seinem Sonderbetriebsvermögen II gehört. In diesen Fällen hat der BFH der Übernahme ...