FinMin Baden-Württemberg, Erlaß v. 15.5.1985, S 4514 - 8/83
Nach dem Ergebnis der Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind die nachstehenden Sachverhalte zu Leasingverträgen grunderwerbsteuerlich wie folgt zu beurteilen:
Fall A
1. Sachverhalt
Der Leasingnehmer (als Grundstückseigentümer und späterer Mieter) gründet zusammen mit einer Leasinggesellschaft eine Objektgesellschaft in der Rechtsform der KG. Am Vermögen der KG ist der Leasingnehmer als Kommanditist zu 95 v. H. beteiligt. Die KG erwirbt von dem Kommanditisten das Grundstück, das sie im Rahmen eines Immobilien-Leasingvertrages an ihn (zurück) vermietet. Nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne, frühestens nach einigen Monaten, überträgt der Kommanditist seinen Kommanditanteil auf Mitgesellschafter oder Dritte.
2. Grunderwerbsteuerliche Beurteilung
2.1 Der Bundesfinanzhof hat unter Fortentwicklung seiner früheren Rechtsprechung durch Urteil vom 20. 11. 1982 (BStBl. 1983 II, S. 429) entschieden, daß § 5 GrEStG nicht eingreift, wenn und soweit der Einbringende entsprechend einem vorgefaßten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstückseinbringung seine Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt. Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Begünstigungsvorschrift, die wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt und voraussetzt, daß der einbringende Alleineigentümer auch über seine bisherige Gesamthandsberechtigung weiter am Wert des Grundstücks beteiligt bleibt.
Die Beurteilung, wann ein derartiger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang vorliegt, ist nur nach der vertraglichen Gestaltung des Einzelfalles möglich. Da insbesondere die zwischen der Grundstücksübertragung und der Anteilsübertragung liegende Zeit allein nicht maßgebend ist, kann auch ein längerer Zeitraum zwischen diesen beiden Rechtsvorgängen (z. B. ein Jahr) nicht ohne weiteres zur Anwendung des § 5 GrEStG führen.
2.2 Der Bundesfinanzhof ist mit dem Urteil vom 20. 11. 1982 nicht von seiner früheren Rechtsprechung abgewichen. Das Urteil ist deshalb auf alle noch nicht bestandskräftig gewordenen Fälle anzuwenden.
Seine Anwendung kann somit nicht auf Fälle eingeschränkt werden, in denen Grundstücke nach der Veröffentlichung des Urteils auf eine Gesamthand übertragen worden sind.
Fall B
1. Sachverhalt
Der Grundstückseigentümer und die Leasinggesellschaft gründen eine KG. Am Vermögen der KG ist der Grundstückseigentümer mit 95 v. H. beteiligt. Die KG erwirbt von dem Grundstückseigentümer das Grundstück und vermietet es im Rahmen eines Immobilien-Leasingvertrages an den früheren Grundstückseigentümer oder an einen Dritten. Durch die Zuführung von Eigenkapital im Wege der Erhöhung des Kommanditkapitals in einem Zeitraum von einigen Tagen bis 12 Monaten nach dem Vertragsabschluß wird der Kommanditanteil des ursprünglichen Grundstückseigentümers und jetzigen Kommanditisten von 95 v. H. auf bis zu 0,5 v. H. reduziert.
2. Grunderwerbsteuerliche Beurteilung
Auch in Fällen dieser Art ist das BFH-Urteil vom 20. 11. 1982 anzuwenden; daher kann die Vergünstigung nach § 5 GrEStG nicht uneingeschränkt gewährt werden. Die Vorschrift ist unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte auszulegen (vgl. Fall A Tz. 2.1). Wirtschaftlich besteht aber kein Unterschied, ob der Gesamthänder entsprechend einem vorgefaßten Plan nach der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung ganz oder teilweise durch Übertragung von Anteilen auf einen anderen aufgibt oder dadurch, daß er seine Beteiligung durch Erhöhung des Kapitals, an der er nicht teilnimmt, u. U. bis zur Bedeutungslosigkeit vermindert. In beiden Fällen bleibt der Einbringende nicht über seine ursprüngliche Gesamthandsberechtigung weiter am Wert des Grundstücks beteiligt. Dies ist jedoch Voraussetzung für die Anwendung des § 5 GrEStG.
Normenkette
GrEStG § 5