Leitsatz
Nach § 132 Abs. 2 BewG unterbleibt die gesonderte Feststellung eines Einheitswerts 1935 für Grundstücke im Beitrittsgebiet auch in den Fällen, in denen Mietwohngrundstücke i.S.d. § 32 Abs. 1 Nr. 1 RbewDV (entspricht § 75 Abs. 2 BewG) neben steuerbefreiten Wohnungen (§ 43 GrStG) nicht Wohnzwecken dienende Räume aufweisen.
Normenkette
§ 132 Abs. 1 und 2 BewG , § 42 Abs. 1 GrStG , § 43 Abs. 2 GrStG
Sachverhalt
Das 1982 auf dem Grundstück im Beitrittsgebiet errichtete Gebäude enthielt 106 Wohnungen, von denen eine seit dem 1.11.1990 zu gewerblichen Zwecken vermietet war. Nachdem das FA von dieser Vermietung erfahren hatte, stellte es für diese vermietete Einheit im Weg der Nachfeststellung auf den 1.1.1991 die Grundstücksart "Geschäftsgrundstück" und einen Einheitswert von 11.800 DM fest.
Mit einem weiteren Bescheid stellte es wegen des Wegfalls der Steuerbefreiung im Übrigen mit Ablauf des zehnjährigen Befreiungszeitraums durch Art- und Wertfortschreibung auf den 1.1.1993 den Einheitswert auf 988.800 DM und die Grundstücksart "Mietwohngrundstück" fest. Einspruch und Klage gegen beide Bescheide blieben erfolglos.
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH beide Feststellungsbescheide auf. Die Regelung des § 132 Abs. 2 BewG korrespondiert mit den grundsteuerrechtlichen Regeln der §§ 42 ff. GrStG, wie sich aus der Bezugnahme in § 42 Abs. 1 GrStG auf § 132 BewG ergibt. Nach § 132 Abs. 2 BewG soll danach erkennbar die Feststellung von Einheitswerten unterbleiben, wenn die §§ 42 ff. GrStG die Maßgeblichkeit der Ersatzbemessungsgrundlage anordnen. Im Streitfall ist nach den §§ 42 ff. GrStG die Grundsteuerfestsetzung auch ohne Feststellung eines Einheitswerts mittels Ersatzbemessungsgrundlage möglich. § 43 Abs. 2 Nr. 2 GrStG enthält nämlich eine Spezialvorschrift für die Grundsteuererhebung solcher Grundstücke im Betriebsgebiet, bei denen nur zum Teil steuerfreie Wohnungen i.S.v. § 43 Abs. 1 GrStG vorhanden sind.
Das Grundstück der Klägerin ist trotz der Vermietung einer Wohnung zu gewerblichen Zwecken ein "Mietwohngrundstück" geblieben, § 32 RbewDV. Der Annahme der Grundstücksart "Mietwohngrundstück" steht auch nicht entgegen, dass das Gebäude am 1.1.1991 nur teilweise nach § 43 Abs. 1 Satz 1 GrStG grundsteuerfrei war. Es trifft zwar zu, dass in solchen Fällen regelmäßig ein Einheitswert für den nicht steuerbefreiten Teil festzustellen ist. Dies gilt jedoch nicht in den Sonderfällen des § 43 Abs. 2 GrStG. In diesen Fällen wird die Steuerbefreiung durch einen entsprechenden Abzug von der für die Ermittlung der Ersatzbemessungsgrundlage maßgebenden gesamten Wohn- und Nutzfläche berücksichtigt. Bei dieser Methode bedarf es keiner Art- und Wertfeststellung hinsichtlich des nicht steuerbefreiten Teils des Mietwohngrundstücks.
Mit der Aufhebung der Nachfeststellung auf den 1.1.1991 liegt kein für die Grundsteuer maßgebender Einheitswert 1935 mehr vor, der einer Art- und Wertfortschreibung auf den 1.1.1993 zugänglich wäre.
Hinweis
Mit der vorliegenden Entscheidung ist der Versuch der Finanzverwaltung gescheitert, den Umstand, dass ein Mietwohngrundstück im Beitrittsgebiet zu weniger als 20 % anderen als Wohnzwecken dient, dazu zu nutzen, über die Zwischenstufe einer Einheitsbewertung für den nicht Wohnzwecken dienenden Teil im Fortschreibungsweg und entgegen § 132 Abs. 2 BewG zu einer Einheitsbewertung des gesamten Grundstücks zu gelangen, um auf diese Weise eine Grundsteuerberechnung nach der Ersatzbemessungsgrundlage zu vermeiden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.5.2004, II R 63/00