Leitsatz

Der 10-Jahres-Zeitraum nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist so zu bestimmen, dass die natürliche Länge von 10 Jahren zwischen Schenkung und Vorerwerben nicht überschritten werden darf.

 

Sachverhalt

Mit notariellem Vertrag v. 31.12.1998 übertrugen der Kläger und dessen Ehefrau ihrem Sohn ein Grundstück im Wert von 194.802 EUR und damit einer Zuwendung des Vaters und der Mutter des Erwerbers in Höhe von jeweils 97.401 EUR. Mit einem weiteren Vertrag vom 29.12.1999 übertrug der Kläger ein weiteres Grundstück im Wert von 92.032 EUR. Mit Vertrag vom 31.12.2008 übertrug der Kläger seinem Sohn ein mit einem Doppelhaus bebautes Grundstück im Wert von 194.000 EUR. Das FA berücksichtigte die beiden Schenkungen vom 31.12.1998 und 29.12.1999 als Vorerwerbe und setzte die Schenkungssteuer auf 20.889 EUR fest. Der Kläger ist der Auffassung, dass vom Zeitpunkt der letzten Schenkung am 31.12.2008 die erste Schenkung am 31.12.1998 nicht mehr innerhalb von 10 Jahren liege.

 

Entscheidung

Das FG vertritt die Auffassung, dass die Vorschenkung vom 31.12.1998 gemäß §§ 9, 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für die Schenkung vom 31.12.2008 nicht einzubeziehen ist. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind "mehrere innerhalb von 10 Jahren" anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen. Das auslösende Ereignis ist dabei der aktuell der Schenkungssteuer zu unterwerfende Erwerb (§§ 7, 9 ErbStG), da in § 14 lediglich zusätzlich die Berücksichtigung "früherer Erwerbe" gesetzlich angeordnet ist. Für die Berechnung einer solchen "Rückwärtsfrist" sind die §§ 187 ff. BGB jedoch nicht anwendbar, da diese sich ausdrücklich nur auf eine Vorwärtsberechnung von Fristen beziehen. Im Streitfall folgt das FG der Ansicht in der Literatur, wonach der 10-Jahres-Zeitraum nach § 14 ErbStG so zu bestimmen ist, dass die natürliche Länge von 10 Jahren nicht überschritten werden darf.

 

Hinweis

Da die streitgegenständliche Rechtsfrage zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, hat das FG die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGOP zugelassen. Die Revision wurde von dem FA eingelegt und wird beim BFH unter Az. II R 43/11 geführt. In vergleichbaren Fällen sollte daher unter Hinweis auf das vorstehende Verfahren Einspruch eingelegt und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 hingewiesen werden.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Gerichtsbescheid vom 16.06.2011, 3 K 136/11

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