Prof. Dr. Franceska Werth
Leitsatz
Eine Partnerschaftsgesellschaft, die weder rechtlich selbständige noch im Rahmen der Mitunternehmerschaft einkommensteuerrechtlich gesondert zu betrachtende Rechtsanwaltskanzleien in verschiedenen Städten betreibt und hieraus ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, unterhält nur einen "Betrieb".
Normenkette
§§ 7g Abs. 3, 4 Abs. 4a, 15 Abs. 3 Nr. 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 18 Abs. 4 EStG, § 59a BRAO a.F., Art. 3 GG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Partnerschaftsgesellschaft, betrieb eine Rechtsanwaltskanzlei an verschiedenen Standorten. Sämtliche Einnahmen sollten nach dem Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft zufließen.
Im Innenverhältnis wurde der Gewinn und Verlust für jeden Standort der Kanzlei getrennt ermittelt. Zu diesem Zweck wurden getrennte Buchführungen erstellt. Für Zwecke der Besteuerung gab die Klägerin nur eine Feststellungserklärung ab, in der der Gesamtgewinn für alle Kanzleistandorte erklärt wurde.
Bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung berücksichtigte das FA den Höchstbetrag für die Ansparabschreibung nach § 7g EStG nicht für jeden der Kanzleistandorte, sondern nur einmal. Auch bei der Ermittlung der gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen behandelte das FA die Partnerschaft als einen Betrieb.
Das FA hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.1.2013, 5 K 4164/09, Haufe-Index 6460219).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Nach seiner Auffassung unterhält eine Partnerschaft nur einen "Betrieb".
Hinweis
1. Gegenstand des Urteils war die Höhe der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung, da die Klägerin die Ansparabschreibung nach § 7g EStG für jede ihrer Kanzleien in Anspruch nehmen wollte.
Der BFH hat diesem Ansinnen eine Absage erteilt. Die Regelung des § 7g EStG ist betriebs- und nicht personenbezogen konzipiert. Die Abzugsbegrenzung gilt danach für jeden "Betrieb" des Steuerpflichtigen gesondert.
2. Der Begriff des "Betriebes" ist in § 7g EStG gesetzlich nicht definiert. Der BFH geht davon aus, dass zwar ein gewerblicher Einzelunternehmer, nicht jedoch eine mitunternehmerische Personengesellschaft mehrere Betriebe unterhalten kann. Dies gilt auch dann, wenn eine Personengesellschaft freiberuflich tätig ist. Verschiedene Kanzleistandorte einer Partnerschaft sind danach keine selbstständigen Betriebe i.S.d. § 7g EStG.
3. Auch die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG ist betriebsbezogen zu ermitteln. Maßgeblich für das Vorliegen einer Überentnahme ist die jeweilige Gewinnermittlungseinheit. Dementsprechend steht der Mindestabzug nicht jedem Mitunternehmer in voller Höhe zu. Er ist bei der Ermittlung des Gesamtgewinns der Mitunternehmerschaft nur einmal zu berücksichtigen.
Ist der Steuerpflichtige an mehreren Personengesellschaften bzw. Betrieben beteiligt, ist der Schuldzinsenabzug für jeden der verschiedenen Betrieben gesondert zu ermitteln.
4. Die steuerliche Ungleichbehandlung von Personengesellschaften gegenüber dem Einzelunternehmer, der mehrere Betriebe unterhalten kann, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es besteht kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung. Dies gilt auch dann, wenn der Grund der Ungleichbehandlung aus einer berufsrechtlichen Regelung resultiert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.7.2016 – VIII R 56/13