Leitsatz
Bei einer Einliegerwohnung des Steuerpflichtigen, die er zweckfremd als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke vermietet, ist stets im Einzelfall festzustellen, ob er beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (entgegen BMF-Schreiben vom 13. Dezember 2005, IV C 3‐S 2253‐112/05, BStBl I 2006, 4).
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger, zusammenveranlagte Eheleute, vermieteten gemeinsam eine in ihrem Haus gelegene Einliegerwohnung an den Arbeitgeber des Klägers. Von dort aus verrichtete der Kläger nach Weisung des Arbeitgebers seine Tätigkeit für diesen. Im Streitjahr renovierten die Kläger das Badezimmer in der vermieteten Wohnung und machten einen hohen Werbungskostenüberschuss geltend. Das FA lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Badsanierung ab. Das FG (FG Köln, Urteil vom 3.8.2016, 5 K 2515/14, Haufe-Index 10715925, EFG 2017, 831) ließ den anteiligen Aufwand für die Sanierung der Toilette zum Abzug zu. Daran habe der Mieter ein eigenes Interesse.
Entscheidung
Auf die Revision der Kläger hat der BFH das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Dieses muss nun feststellen, ob die Kläger bei der Vermietung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Ausgaben anstrebten. Wenn das der Fall ist, können sie ihren Werbungskostenüberschuss im Streitjahr abziehen; andernfalls bleiben die Einnahmen steuerfrei und die Ausgaben unberücksichtigt (Liebhaberei).
Hinweis
Die Besprechungsentscheidung bringt neue Grundsätze für die Vermietung eines Homeoffice an den Arbeitgeber. Das "Vermietungsmodell" wird dadurch weniger attraktiv:
1. Vermietet der Arbeitnehmer Wohnraum an seinen Arbeitgeber, um dort nach Weisung des Arbeitgebers seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, stellt sich zunächst die Frage, ob der Vorgang zu Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) oder zu Einkünften aus Vermietung (§ 21 EStG) führt. Letzteres ist nur der Fall, wenn die Nutzungsüberlassung (feststellbar) im vorrangigen betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt. Davon waren im Streitfall alle Beteiligten ausgegangen; der BFH hat dies nicht beanstandet.
2. Anders als bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers unterliegt der Abzug von Aufwendungen bei einer Vermietung des Arbeitszimmers an den Arbeitgeber grundsätzlich keinen Beschränkungen. Aber wird damit nicht die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer umgangen (§ 42 AO)? Die Rechtsprechung hat solche Mietverhältnisse anerkannt, wenn ein eigenes Interesse des Mieters gegeben war. In diesem Fall können die durch die Vermietung veranlassten Aufwendungen steuerlich wirksam werden.
3. Der Streit ging eigentlich darum, welche Aufwendungen im Rahmen eines grundsätzlich anzuerkennenden Mietverhältnisses mit dem Arbeitgeber als Mieter abzugsfähig sind. Auch die Kosten einer aufwändigen Badsanierung in den vermieteten Räumen?
a) Das FA hatte dies pauschal abgelehnt. Das FG erkannte immerhin, dass der Mieter ein betriebliches Interesse an der Anmietung einer Toilette habe und berücksichtigte den darauf entfallenden anteiligen Sanierungsaufwand schätzweise.
b) Diese Lösung ist indes nicht möglich. Aus dem Besprechungsurteil ergibt sich ganz eindeutig, dass nach der Rechtsprechung des BFH sämtliche dem vermieteten Objekt zuzurechnenden Aufwendungen durch die Vermietung veranlasst sind, also auch die aufwändige Badsanierung.
4. Da drängt sich die Frage auf, wie sinnvoll es wirtschaftlich ist, bei vergleichsweise geringen Einnahmen hohe Aufwendungen zu tätigen. Und diese Frage führt zu der für die Beteiligten vermutlich überraschenden Antwort des BFH auf den Fall: Durch die Vermietung an den Arbeitgeber wird der eigentlich zu Wohnzwecken gewidmete Raum zweckentfremdet. Der Mieter nutzt den Raum vertragsgemäß ausschließlich zu seinen gewerblichen Zwecken. Der BFH hat deshalb die Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber erstmals als Vermietung zu gewerblichen Zwecken angesehen und fordert deshalb – in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung – nun die positive Feststellung der Überschusserzielungsabsicht. Anders als bei der Vermietung von Wohnraum wird die Überschusserzielungsabsicht bei der Vermietung zu gewerblichen Zwecken nicht vermutet.
5. Die Reichweite dieser neuen Sichtweise ist noch nicht ganz klar. Der Leitsatz ist fallspezifisch eng gefasst. Vordergründig gilt das Urteil also nur für "Einliegerwohnungen". In den Entscheidungsgründen finden sich allerdings auch überschießende Aussagen, z.B. dass es unerheblich ist, ob die vermieteten Räume in oder außerhalb der Privatwohnung des Arbeitnehmers belegen sind, obwohl darüber nicht zu entscheiden war. Außerdem hat der VI. Senat des BFH auf eine informelle Anfrage hin mitgeteilt, dass er für klassische Arbeitszimmer an seiner bisherigen Rechtsprechung (Vermutung der Überschusserzielungsabsicht bei ...