Leitsatz
Hat eine steuerbegünstigte Körperschaft mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und erzielt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, für den streitig ist, ob dieser ein Zweckbetrieb ist, einen Gewinn von 0 €, ergibt sich aus einem Steuerbescheid, der eine Steuer von 0 € festsetzt, keine für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage erforderliche Beschwer.
Normenkette
§ 40 Abs. 2, § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG, § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG
Sachverhalt
Der gemeinnützige Kläger führte Tätigkeiten im Rahmen einer Abrechnungsstelle aus. Das FA ging davon aus, dass der Betrieb der Abrechnungsstelle, soweit Fremdleistungen abgerechnet wurden, ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ohne Zweckbetriebseigenschaft sei, und erließ geänderte Bescheide über KSt sowie über den GewSt-Messbetrag, in denen es die KSt und den GewSt--Messbetrag auf jeweils 0 EUR festsetzte. Die hiergegen eingelegte Sprungklage wies das FG ab (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.8.2019, 3 K 114/15, Haufe-Index 13542437, EFG 2020, 140). Das FG ging von einer zulässigen Feststellungsklage aus, die unbegründet sei, da kein Zweckbetrieb vorliege.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers mit der Maßgabe zurück, dass die Klage gegen die angefochtenen Bescheide unzulässig ist. Der Kläger habe nach seinem Antrag keine Feststellungsklage erhoben. Die Anfechtung der Nullfestsetzungen sei unzulässig, da die Gemeinnützigkeit als solche nicht streitig sei.
Hinweis
1. Die für die Klagebefugnis nach § 40 Abs. 2 FGO erforderliche Beschwer ergibt sich grundsätzlich aus der Steuerfestsetzung. Eine auf 0 EUR lautende Steuerfestsetzung belastet den Steuerpflichtigen aber regelmäßig nicht, sodass eine Anfechtungsklage gegen einen derartigen Steuerbescheid im Allgemeinen unzulässig ist.
2. Anders ist es, wenn der Regelungsgehalt des Steuerbescheids ausnahmsweise über die bloße Steuerfestsetzung hinausreicht und sich eine zu niedrige Steuerfestsetzung daher in bindender Weise anderweitig ungünstig auswirkt. So ist es z.B., wenn eine Körperschaft eine Klage gegen einen KSt-Bescheid mit einer Nullfestsetzung auf ihre vom FA versagte Gemeinnützigkeit stützt, da die Entscheidung über die Steuerfreiheit gemeinnütziger Körperschaften nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erst im KSt-Veranlagungsverfahren getroffen wird.
3. Hieraus folgt allerdings nicht, dass jegliche Klagen gemeinnütziger Körperschaften gegen Nullfestsetzungen zulässig sind. Vielmehr ist hier danach zu unterscheiden, ob das FA mit einer Nullfestsetzung die Gemeinnützigkeit als solche bestreitet oder z.B. nur streitig ist, ob die Körperschaft im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder eines Zweckbetriebs tätig ist. Letzteres führt dazu, dass über die Klagebefugnis nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden ist, sodass im Fall eines Gewinns von 0 EUR aus dieser Tätigkeit und einer Steuerfestsetzung in gleicher Höhe die für die Zulässigkeit erforderliche Beschwer nicht vorliegt. Es ist dann nicht die Gemeinnützigkeit als solche im Streit, sondern nur der sachliche Umfang der Steuerbefreiung, der hier aber nicht belastend wirkt.
Die Annahme einer Beschwer in der Form, dass die bloße Bestandskraft des Steuerbescheids ein bloßes Präjudiz für andere Bescheide begründen würde, ohne dass dem aber eine Bindungswirkung zukommt, lehnt der BFH ab.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.12.2021 – V R 19/21