Leitsatz
Nach § 3 Nr. 67 EStG ist das gezahlte Elterngeld zwar steuerfrei, es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bezieher von Elterngeld (Art. 3 GG) unterliegen jedoch nur die um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag verminderten Leistungen dem Progressionsvorbehalt.
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, welche beide im Streitjahr sowohl Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als auch Elterngeld bezogen. Das Finanzamt vertrat bei Durchführung der Einkommensteuer-Veranlagung unter Hinweis auf § 32b Abs. 2 Nr. 1 EStG die Auffassung, dass im Streitfall der jeweilige Arbeitnehmer-Pauschbetrag durch Anerkennung höherer Werbungskosten bereits verbraucht sei, und daher für den Abzug beim Progressionsvorbehalt nicht mehr zur Verfügung stehe. Mit ihrer Klage verweisen die Eheleute auf die Ungleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die andere Einkünfte als solche aus nichtselbstständiger Arbeit hätten und den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in voller Höhe in Anspruch nehmen könnten.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG lässt sich die Vorschrift des § 32b Abs. 2 Nr. 1 EStG für das Elterngeld verfassungskonform auslegen. Es gilt die Arbeitnehmer mit den selbstständig Tätigen steuerlich gleich zu behandeln. Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und selbstständig tätigen Personen wird dadurch deutlich, dass der selbstständig Tätige bei dem Progressionsvorbehalt stets den Pauschbetrag, der Arbeitnehmer mit maßgeblichen Einnahmen nur bei Werbungskosten unterhalb des Pauschbetrags bei der Einkünfteermittlung eine steuerliche Vergünstigung erhält. Daher legt das FG das Gesetz dahingehend aus, dass für den Progressionsvorbehalt das bezogene Elterngeld dann um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag vermindert wird, wenn er nicht bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abgezogen wird. Das gilt vor allem in den Fällen, in denen höhere Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Hinweis
Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der strittigen Rechtsfrage zugelassene Revision wurde eingelegt und wird bei dem BFH unter dem Az. VI R 22/12 geführt. In vergleichbaren Fällen sollten betroffene Steuerpflichtige unter Hinweis auf die Entscheidung des FG Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragen. Zur Frage, ob auch für den Sockelbetrag von 300 EUR der Progressionsvorbehalt anzuwenden ist, hat der BFH mit Beschluss vom 21.9.2009 (VI B 31/09) entschieden, dass das Elterngeld bezweckt, die durch die erforderliche Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte teilweise auszugleichen, und dass dies auch dann gilt, wenn nur der Sockelbetrag nach § 2 Abs. 5 BEEG geleistet wird.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.02.2012, 12 K 6/11