3.1 Bausparvertrag: Wann fließen Bonuszinsen zu?
BFH, Urteil v. 15.11.2022, VIII R 18/20
Die Würdigung des FG in tatsächlicher Hinsicht, X habe vor dem Streitjahr noch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinsen erlangt, hält der BFH nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens für möglich. Sie ist daher für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend. Dass auch eine andere Würdigung möglich gewesen wäre, steht der Bindung des BFH nicht entgegen. Insofern kommt der Sachdarstellung der Beteiligten vor dem FA bzw. dem FG besondere Bedeutung zu.
3.2 Riester-Rentenfaktor: Einseitige Herabsetzung durch den Versicherer ist rechtswidrig
LG Köln, Urteil v. 8.2.2023, 26 O 12/22
Im Ergebnis entschied das LG daher zugunsten des Versicherungsnehmers. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig und kann mit der Berufung beim OLG angefochten werden. Nach eigenen Angaben prüft die Versicherung noch, ob sie von der Möglichkeit eines Rechtsmittels Gebrauch macht.
Das Urteil des LG könnte für viele Versicherungsnehmer eines fondsgebundenen Riester-Vertrags von Bedeutung sein. Der Marktführer Allianz soll laut Medienberichten allein im Jahr 2017 bei 700.000 Verträgen den Rentenfaktor gekürzt haben. Betroffene müssen ggf. schnell handeln, denn spätestens 3 Jahre nach Rentenbeginn droht die Verjährung möglicher Ansprüche. Wer zu lange auf eine entsprechende Anpassungsmitteilung nicht reagiert, riskiert darüber hinaus die Verwirkung möglicher Ansprüche.
Mit seiner Entscheidung hat das LG Köln die Stellung von Riester-Sparern deutlich gestärkt. Eine ganze Reihe von Riester-Sparern hat in der Vergangenheit eine schriftliche Mitteilung ihrer Versicherung erhalten, wonach der Rentenfaktor für die fondsgebundene Riester-Rente wegen der negativen Kapitalmarktentwicklungen gekürzt werden müsse.
3.3 Veräußerung von Kryptowährungen: Gewinne können steuerpflichtig sein
BFH, Urteil v. 14.2.2023, IX R 3/22
Die vorliegende Grundsatzentscheidung überzeugt in beiden Streitpunkten: Wirtschaftsgut und Vollzugsdefizit. Das Urteil nimmt ergänzend Bezug auf das aktuelle BMF-Schreiben betr. "Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token" (BStBl 2023 I S. 668). Der BFH stimmt mit der Auffassung des BMF zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung im Privatvermögen (Rz. 53 ff.) überein. Das BMF war dem Revisionsverfahren beigetreten.
Mit der Bejahung der Steuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen ist zugleich die Anerkennung von Verlusten aus Krypto-Geschäften verbunden. Dabei ist allerdings der eingeschränkte Verlustausgleich nach § 23 Abs. 3 Sätze 7, 8 EStG zu beachten.
Der Entscheidung ist auch hinsichtlich der Verneinung eines Vollzugsdefizits zuzustimmen. Dass es in Einzelfällen Steuerpflichtigen trotz aller Ermittlungsmaßnahmen der Finanzbehörden (z. B. in Form von Sammelauskunftsersuchen) beim Handel mit Kryptowährungen gelingt, sich der Besteuerung zu entziehen, kann ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht begründen.
Die unterschiedlichen Begriffe verdeutlichen, dass ein Vollzugsdefizit in der Ausgestaltung einer Norm wie auch in der praktischen Durchsetzung angelegt sein kann. Der BFH verwendet die Begriffe mit im Wesentlichen gleicher Bedeutung.