8.1 Elektronischer Einspruch: Was muss in der Rechtsbehelfsbelehrung stehen?
BFH, Beschluss v. 17.8.2023, III R 26/22
Die Aussage in der hier vorliegenden Rechtsbehelfsbelehrung "der Einspruch ist […] der Familienkasse […] elektronisch zu übermitteln" ist aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung auch nicht geeignet, einen Irrtum über die formellen Voraussetzungen einer Einspruchseinlegung dergestalt hervorzurufen, dass der Einspruch nur mit einer qualifizierten elektronischen Signatur eingelegt werden könne.
Darüber hinaus wäre der von der Klägerin gewünschte Zusatz "Die Einlegung eines Einspruchs per einfacher E-Mail ist ausreichend" insofern irreführend, als die "elektronische" Einlegung des Einspruchs – wenn ein entsprechender Zugang eröffnet ist (§ 87a Abs. 1 Satz 1 AO) – auch mittels Telefax, Computerfax, Ferrari-Fax, E-Mail-to-Fax, E-Postbrief mit elektronischer Zustellung, De-Mail etc. zulässig sein kann. Die Nennung sämtlicher Möglichkeiten der Einspruchseinlegung müsste fortlaufend dem jeweiligen technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Digitalisierung und Telekommunikation Rechnung tragen und würde wegen ihres Umfangs und ihrer Kompliziertheit Verwirrung stiften, statt für Klarheit zu sorgen und die Rechtsmittelbelehrung inhaltlich überfrachten.
8.2 Sind die Kosten einer Unterbringung in einer Wohngemeinschaft abziehbar?
BFH, Urteil v. 10.8.2023, VI R 40/20
Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird gem. § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
8.3 Vermögende Tante im Pflegeheim: Sind die Kosten abziehbar?
FG München, Urteil v. 25.8.2023, 11 K 812/22
Die Entscheidung zeigt, dass es für die Annahme einer sittlichen Verpflichtung nicht genügt, dass die Entscheidung zur Kostenübernahme menschlich nachvollziehbar ist. Allein das subjektive Gefühl, zur Kostenübernahme verpflichtet zu sein, genügt nicht. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die Gesellschaft unausweichlich erwartet, dass die Kosten (z. B. für eine gepflegte Person) übernommen werden.