1.1 Auch männliche Lehrer können Mädchen in Sport unterrichten
BAG, Urteil v. 19.12.2019, 8 AZR 2/19
Über die Höhe der Entschädigung konnte das BAG aufgrund der vom LAG Nürnberg getroffenen Feststellungen nicht selbst entscheiden. Es hat deshalb das Urteil des LAG aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
1.2 Durchsuchungsbeschluss aufgehoben: Sachpfändung ist rechtswidrig
BFH, Urteil v. 15.10.2019, VII R 6/18
Der BFH schließt sich der vom FG Baden-Württemberg (Urteil v. 28.8.1987, IX K 28/86, EFG 1988 S. 102) und überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung an, dass eine bereits durchgeführte Durchsuchung nachträglich rechtswidrig wird, wenn die Durchsuchungsanordnung im Rechtsbehelfsverfahren aufgehoben wird, auch wenn die Vollstreckung ansonsten einwandfrei durchgeführt wurde. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (FG München, Urteil v. 18.12.2017, 10 K 712/17) ist daher nicht zu prüfen, ob der Fehler in der Durchsuchungsanordnung gewichtig oder nur geringfügig war. Die Bindung an die zivilgerichtliche Aufhebung gilt uneingeschränkt.
1.3 Falsche Eintragungen und fehlerhafte Software: Änderung des Steuerbescheids möglich?
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.12.2016, 4 K 1870/16
Die Steuerprogramme der Finanzverwaltung wurde zwischenzeitlich derart geändert, dass zunächst programmgesteuert alle bei beruflich veranlassten Reisekosten erklärten Aufwendungen addiert und um die insgesamt erklärten steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse gekürzt werden. Aufgrund dieser Programmänderung kommt es insoweit nicht mehr zu einer fehlerhaften (Nicht-) Kürzung der Werbungskosten.
1.4 Wenn Profisportler Bus fahren: Sind Zuschläge zu Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit steuerfrei?
FG Düsseldorf, Urteil v. 11.7.2019, 14 K 1653/17 L
Fahrzeiten sind unabhängig davon, ob sie Hauptleistungspflichten im eigentlichen Sinne darstellen, dann als vergütungsrechtliche Arbeitszeit zu behandeln, wenn die Dienstreise vom Arbeitgeber angeordnet worden ist und der Arbeitnehmer daher über die auf die Dienstreise entfallende Zeit nicht mehr selbst verfügen kann.
Da zu dieser Problematik bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung existiert, hat das FG die Revision zugelassen, die von der Finanzverwaltung eingelegt wurde, Az beim BFH VI R 28/19. In vergleichbaren Fällen sollten daher Haftungs- und Nachforderungsbescheide im Einspruchswege offen gehalten und Verfahrensruhe (§ 363 Abs. 2 AO) unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren geltend gemacht werden.
1.5 Anrechnung von in einem anderen EU-Staat gezahlten Familienleistungen
BFH, Urteil v. 25.7.2018, III R 34/18
Die Entscheidung bestätigt die Verwaltungsauffassung. Danach besteht ein Anspruch auf Differenzkindergeld, wenn aus anderen EU-/EWR-Staaten oder der Schweiz niedrigere Familienleistungen zustehen. Ist dort wegen nationaler Vorschriften ein Anspruch ausgeschlossen (z.B. wegen Überschreitung einer Alters- oder Einkommensgrenze), besteht Anspruch auf volles deutsches Kindergeld, soweit die Voraussetzungen der §§ 32, 62 ff. EStG erfüllt sind (Abschn. A 29 Abs. 2 DA-KG). Außerhalb der EU-/EWR-Staaten/Schweiz verbleibt es bei der Prioritätsregel des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Der BFH bestätigt die Rechtsprechung, wonach die Mitteilung der ausländischen Behörde über die Gewährung einer Familienleistung Bindungswirkung für die Familienkasse hat (BFH, Urteil v. 26.7.2017, III R 18/16, BStBl II 2017 S. 1237).
1.6 Warum ein amtlich bestellter Betreuer keinen Pflege-Pauschbetrag geltend machen kann
BFH, Urteil v. 4.9.2019, VI R 52/17
Für den Pflege-Pauschbetrag stellt der BFH zwar geringere Anforderungen an eine sittliche Verpflichtung als bei § 33 Abs. 2 EStG. Im Rahmen des § 33b Abs. 6 EStG erkennt er eine sittliche Verpflichtung zur Pflege bereits unter der Voraussetzung an, dass eine enge persönliche Beziehung zu der gepflegten Person besteht (BFH, Urteil v. 29.8.1996, III R 4/95, BStBl II 1997 S. 199). Dem vom FG festgestellten Sachverhalt (§ 118 Abs. 2 FGO) ist jedoch nicht zu entnehmen, dass im Streitjahr enge persönliche Beziehungen zwischen X und H bestanden.
Was unter einer "engen persönlichen Beziehung", die zur Anerkennung einer sittlichen Verpflichtung zur Pflege im Rahmen des § 33b EStG führen kann, ist bisher wenig konturiert. Im Schrifttum wird dies z. B. für Fälle der Nachbarschaftshilfe bejaht (auch OFD Hannover, Verfügung v. 15.5.1998, S 2286-82-StO 213).
1.7 Wenn das Erbe weitergegeben wird: Liegt eine Nachlassverbindlichkeit vor?
BFH, Urteil v. 11.7.2019, II R 4/17
Eine Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG i. S. v. § 8 ErbStG liegt nur vor, wenn eine entsprechende rechtliche Verpflichtung des Erben begründet wird. Die bloße Erwartung des Erblassers, der Erbe werde in seinem, des Erblassers, Sinne über das Erbe verfügen, genügt nicht. Zwar braucht die Verpflichtung nicht ausdrücklich angeordnet zu sein. Sie kann sich auch aus einer nicht nur den Wortlaut und den damit verbundenen Sinn, sondern auch den inneren Zusammenhang der letztwilligen Verfügung sowie die Motive und Interessenlage des Erblassers berücksichtigenden Auslegung des Testaments ergeben. Im Streitfall waren offenbar dem Testament des E keine entsprechenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Rein rechtlich konnte X über das Erbe frei verfügen.
1.8 Besondere Veranlagung: Wann gilt der Steuerbescheid als bekanntgegeben?
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 4.12.2018, 11 K 1210/16
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, da das Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen hat, Az beim BFH III R 6/19.
Dadurch, dass die Eheleute 2 Steuererklärungen abgegeben haben, haben sie zumindest den Anschein erweckt, d...