3.1 Wann eine Personengesellschaft eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft ist
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 27.6.2019, 5 V 5119/19
Nach Ansicht des Finanzgerichts muss aus der bisherigen Rechtsprechung des XI. Senats des BFH (Urteil v. 1.6.2016, XI R 17/1) der Schluss gezogen werden, dass dieser für eine finanzielle Eingliederung allein die Tatsache genügen lässt, dass bei einer GmbH & Co. KG eine GmbH Komplementärin ist und demzufolge die finanzielle Eingliederung wie bei juristischen Personen möglich sein müsse ("Beteiligung > 50 %").
Die Finanzverwaltung hat sich zunächst eindeutig restriktiv positioniert und die Rechtsprechung des V. Senats des BFH umgesetzt. Das bedeutet: Ist an einer Personengesellschaft ein Gesellschafter beteiligt, der nicht in das Unternehmen des potenziellen Organträgers eingegliedert ist, kann diese Personengesellschaft keine Organgesellschaft sein. Das gilt selbst bei einer nur sehr geringen "Fremdbeteiligung". Ob diese Auffassung zutreffend ist oder ob bereits eine Mehrheitsbeteiligung (> 50 %, vgl. Abschn. 2.8 Abs. 5a Satz 1 UStAE) genügt, wird wahrscheinlich der EuGH mittelfristig entscheiden müssen.
Das BMF hat bereits im Frühjahr 2019 ein Eckpunktepapier zur sog. Gruppenbesteuerung veröffentlicht, das die bisherigen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft ablösen soll. Die Rechtsfolgen der Gruppenbesteuerung sollen erst nach entsprechender gemeinsamer Antragstellung durch die Gruppenmitglieder eintreten. Dieser Schritt würde dann zumindest für ausreichende Rechts- bzw. Planungssicherheit sorgen.
3.2 Die Versicherungsteuerpflicht von Seeschiffen ist europarechtlich fraglich
FG Köln, Beschluss v. 22.2.2019, 2 K 434/16
Man kann Zweifel daran haben, ob allein aufgrund der Tatsache, dass ein Schiff in das sog. Zweitregister in Deutschland eingetragen ist, ein Risiko in Deutschland besteht. Aufgrund der Vorgaben, die der Flaggenstaat trifft, liegt es vielmehr nahe, das Risiko dort zu lokalisieren. Allerdings bleibt abzuwarten, ob der EuGH dies ebenso sieht. Insoweit sollten entsprechende Steuerfestsetzungen in jedem Fall offengehalten werden, denn bestandskräftige Veranlagungen lassen sich auch im Bereich der Versicherungsteuer regelmäßig nicht mehr ändern.
3.3 Wann ist die Vergütung eines GmbH-Geschäftsführers angemessen?
OLG Hamm, Urteil v. 9.9.2019, 8 U 7/17
Die Entscheidung des OLG Hamm gibt nun eine praxistaugliche Handlungsempfehlung, wie die Angemessenheit einer GmbH-Geschäftsführervergütung bestimmt werden kann. Zum einen wiederholt sie die bereits bei den Finanzgerichten vorherrschende Wertung, dass die angemessene Vergütung jene ist, die das mittlere Einkommen, das sog. Medianeinkommen, um nicht mehr als 20 % überschreitet.
Zum anderen geht das OLG Hamm aber noch einen Schritt weiter als die Finanzgerichte. Es nimmt die bisher steuerliche Wertung zur Angemessenheit einer Geschäftsführervergütung in die Beurteilung der Treuwidrigkeit der Stimmabgabe bei einem Gesellschafterbeschluss zur Vergütungsvereinbarung mit auf. Treuwidrigkeit soll nur dann vorliegen, wenn die konkrete Vergütung die nach oben genannten Vorgaben berechnete Vergütung um weitere 50 % übersteigt.
Diese Wertung durch das Gericht ist zu begrüßen. Sie stärkt den Grundsatz der Vertragsautonomie bei der Vergütungsvereinbarung. Gleichzeitig erlaubt sie, bei der Vergütung individuelle Besonderheiten der Gesellschaft wie beispielsweise einen besonders hohen Umsatz oder spezielle Eigenschaften des Geschäftsführers in die Vergütungsvereinbarung miteinzubeziehen.
3.4 Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer: Ist diese bei Insolvenz geschützt?
BGH, Urteil v. 1.10.2019, II ZR 386/17
Ähnliche Abgrenzungsfragen stellen sich auch im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Im Regelfall ist die richtungsweisende Frage dabei, ob bzw. in welchem Maße der Geschäftsführer Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. Im Regelfall sind dementsprechend die für Arbeitnehmer geltenden Arbeits- und Sozialversicherungsvorschriften auf geschäftsführende Allein- oder Mehrheitsgesellschafter nicht anwendbar. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer hingegen sind in diesen Bereichen Arbeitnehmern grundsätzlich gleichgestellt (und daher z. B. sozialversicherungspflichtig); dies gilt jedoch nicht, wenn sie einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben können (z. B. über Mehrstimm- oder weitreichende Vetorechte). Ein beherrschender Einfluss kann dabei auch daraus resultieren, dass ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zwar nicht alleine, jedoch zusammen mit anderen zur Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern, die Mehrheit der Geschäftsanteile – oder wie im vom BGH nun entschiedenen Fall genau 50 % und damit eine Sperrminorität – an einem Unternehmen hält und die jeweiligen Beteiligungen nicht gänzlich unbedeutend sind.
3.5 Kaufpreisraten für einen GmbH-Anteil können pfandfrei gestellt werden
BGH, Beschluss v. 26.9.2019, IX ZB 21/19
Arbeitseinkommen ist nur eingeschränkt pfändbar. Aber was ist mit sonstigen Einkünften, die kein Arbeitseinkommen darstellen? Auch solche Einkünfte können auf Antrag des Schuldners gemäß § 850i ZPO pfandfrei gestellt werden. Nach freier Schätzung des Gerichts soll dem Schuldner so viel verbleiben, wie ihm zustehen würde, wenn es sich bei den sonstigen Einkünften um Arbeitseinkommen handeln würde.
Die Vorschrift findet gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO auch im Insolve...