2.1 Keine Anwendung des KapErhStG auf Genossenschaftsanteile
BFH, Urteil v. 26.9.2023, IX R 19/21
Die Einbeziehung von Genossenschaftsanteilen in den Anwendungsbereich von § 17 EStG durch die Einführung von § 17 Abs. 7 EStG entfalte keine echte Rückwirkung. Die Vorschrift sei im Hinblick auf das Entstehen der Steuerschuld erstmalig für den bei Verkündung noch laufenden Veranlagungszeitraum anzuwenden.
Soweit nach der Rechtsprechung des BVerfG jedoch ein Vertrauensschutz wegen unechter Rückwirkung in Betracht komme, da mit der Einführung von § 17 Abs. 7 EStG erstmals Wertsteigerungen von Genossenschaftsanteilen steuererheblich würden, könne der Senat offenlassen, inwiefern die Einbeziehung von Genossenschaften durch die Einfügung von § 17 Abs. 7 EStG in § 17 EStG gerechtfertigt sei. Jedenfalls seien vorliegend keine von einem Vertrauensschutz umfassten Wertzuwächse eingetreten. Die Klägerin habe die streitgegenständlichen Genossenschaftsanteile erst aufgrund des Beschlusses der Mitgliederversammlung der e. G. aus dem Jahr, mithin nach Inkrafttreten von § 17 Abs. 7 EStG zum 13.12.2006, erworben.
2.2 Können Erstattungszinsen als tarifbegünstigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten angesehen werden?
BFH, Urteil v. 30.8.2023, X R 2/22
Nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte Nutzungsvergütungen und Zinsen i. S. d. § 24 Nr. 3 EStG (d. h. nur solche für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke), soweit sie für einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren nachgezahlt werden, in Betracht. Der VIII. Senat habe hieraus für die Einkünfte aus Kapitalvermögen gefolgert, dass andere Zinsen als die in § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG genannten generell nicht von § 34 Abs. 2 EStG erfasst werden sollten.
Für Zinsen, die zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehörten, könne aus § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG jedoch keine derart umfassende Sperrwirkung abgeleitet werden. Die Schaffung einer ausdrücklichen Begünstigung für bestimmte Nutzungsvergütungen und Zinsen aufgrund der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke durch das Steueränderungsgesetz 1965 v. 14.5.1965 habe ausschließlich zum Ziel gehabt, den Anwendungsbereich des § 34 EStG zu erweitern. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der anderen Nummern des § 34 Abs. 2 EStG sei hingegen nicht beabsichtigt gewesen.
Auch insoweit habe der VIII. Senat des BFH auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt, dass er an seiner im Urteil v. 12.11.2013, VIII R 36/10, BStBl 2014 II S. 168, geäußerten Rechtsauffassung, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG eine Sperrwirkung in Bezug auf alle nicht in dieser Norm aufgeführten Zinsen entfalte, nicht weiter festhalte.