5.1 Grunderwerbsteuer: Herabsetzung des Kaufpreises als rückwirkendes Ereignis?
BFH, Urteil v. 22.7.2020, II R 32/18
Der BFH stellt klar, dass eine erweiternde analoge Anwendung nur in Betracht kommt, wenn eine Norm – gemessen an ihrem Zweck – unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist. Die Ergänzung darf nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Die Unvollständigkeit muss sich vielmehr aus dem gesetzesimmanenten Zweck erschließen. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor. Wie das Festhalten an der bisherigen Formulierung belegt, hat der Gesetzgeber bewusst an den gegebenen Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerfestsetzung wegen einer Kaufpreisherabsetzung festgehalten.
5.2 Grunderwerbsteuer: Ist eine Kaufpreisminderung ein rückwirkendes Ereignis?
BFH, Urteil v. 22.7.2020, II R 15/18
Der BFH ergänzt, dass der Umstand, dass einem Ereignis ertragssteuerrechtlich Rückwirkung zukommt, für die Grunderwerbsteuer nicht ausschlaggebend ist. Entscheidend ist das jeweilige materielle Recht. Im Übrigen geht der BFH auf die vom FG referierte Auffassung nicht ein, nach der die Ausübung vertraglicher oder gesetzlicher Gestaltungsrechte (Rücktritt oder Wandlung) kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit darstellt. Dass die Herabsetzung des Kaufpreises jedenfalls für das Grunderwerbsteuerrecht nicht als rückwirkendes Ereignis anzuerkennen ist, ergibt sich bereits zwingend aus der Gesetzessystematik. In diesem Sinne hat sich der BFH bereits in dem Beschluss v. 4.11.2019, II B 48/19 (BFH/NV 2020 S. 182, Rz 19) geäußert. Dieser Beschluss erging im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren. In dem nunmehr ergangenen Urteil hat der BFH seine Auffassung bestätigt.
5.3 Keine Verrechnung positiver und negativer Kapitalkonten bei Bewertung eines KG-Anteils
BFH, Urteil v. 17.6.2020, II R 43/17
§ 97 Abs. 1a BewG ist mit Wirkung ab 1.1.2009 neu gefasst worden. Die Neuregelung trug den Vorgaben des BVerfG Rechnung, von der bisherigen Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte für erbschaftsteuer- und schenkungsteuerrechtliche Zwecke abzurücken und nunmehr den gemeinen Wert zum generellen Bewertungsmaßstab zu erheben (BVerfG v. 7.11.2006, 1 BvL 10/02, BStBl 2007 II S. 192). Angesichts der unmissverständlichen Berechnungsvorschrift des § 97 Abs. 1a BewG, die keine Ausnahme zulässt, anerkennt der BFH keinen Abschlag für eine wegen negativer Kapitalkonten anderer Gesellschafter fehlende Werthaltigkeit des positiven Kapitalkontos. Allerdings berücksichtigt der Ansatz des erzielbaren Kaufpreises bzw. des von einem Gutachter ermittelten Werts nach Abschn. R B 97.4 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStR 2019 das Gebot der Orientierung am gemeinen Wert.
5.4 Welche Erklärungspflichten hat ein Testamentsvollstrecker?
FG Hamburg, Beschluss v. 30.3.2020, 3 K 218/19
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar, denn in Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben.