6.1 Begriff der "Betriebskosten" ist auch bei Gewerbemiete klar
BGH, Urteil v. 8.4.2020, XII ZR 120/18
Das OLG muss nun noch aufklären, ob die Vertragsparteien evtl. ein übereinstimmendes anderes Verständnis des Begriffs "Betriebskosten" hatten, das eine andere Auslegung des Mietvertrags rechtfertigt. Da es sich um eine Individualvereinbarung handelt, kommt es auf den wirklichen Willen der Vertragsparteien an und nicht – wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen – auf eine objektive Auslegung.
Wenn sich ein abweichendes Verständnis des Begriffs "Betriebskosten" nicht feststellen lässt, greift die gesetzliche Definition. Dann wäre die Umlage der Grundsteuer wirksam vereinbart.
6.2 Geerbte Grabpflegeverpflichtung: Aufwendungen gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten
BFH, Urteil v. 22.1.2020, II R 41/17
Die Entscheidung verdeutlicht die unterschiedliche Berücksichtigung von Grabpflegeaufwendungen nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3 ErbStG. Nr. 3 betrifft den Abzug der Kosten, die dem Erben für die Bestattung des Erblassers entstehen. Unter Nr. 1 ist der Fall zu fassen, dass der Erblasser eine Verpflichtung zur Grabpflege eines Dritten übernommen hatte und diese Verpflichtung im Erbwege auf den Erben übergegangen ist.
6.3 Offenbare Unrichtigkeit: Was passiert bei Nichtbeachtung der durch das Risikomanagement gegebenen Hinweise?
BFH, Urteil v. 4.1.2020, VIII R 4/17
Die Nachweispflicht für die Berichtigungsvoraussetzungen nach § 129 AO liegt beim Finanzamt. Nur wenn der Sachbearbeiter einen Prüfhinweis – aus Unachtsamkeit oder Oberflächlichkeit – übersehen hat, ist die Berichtigung nach § 129 AO eröffnet. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass der Prüfhinweis zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht ausgewertet wurde, d. h. dass aus ihm die rechtlich gebotenen Folgerungen nicht gezogen wurden. Dann liegt der Fehler im Bereich der notwendigen Sachverhaltsermittlung (also in der Rechtsanwendung), wenn sich eine weitere Prüfung hätte aufdrängen müssen. Für die Abgrenzung der Fälle ist auf die Einzelumstände – insbesondere auch auf die Bearbeitungsvermerke in den Akten – abzustellen.
6.4 Prozesskosten wegen zum Nachlass gehörenden Ansprüchen sind Nachlassverbindlichkeiten
BFH, Urteil v. 6.11.2019, II R 29/16
Bei den Nachlassregelungskosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG) kann es sich schon begrifflich nicht um vom Erblasser herrührende Schulden und Lasten i. S. v. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG handeln. Denn die Nachlassregelungskosten umfassen Aufwendungen, die der Erwerber des Nachlasses nach dem Erwerb zur Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses erbracht hat. Das gilt selbst dann, wenn Nachlassregelungskosten – wie z. B. Prozesskosten – darauf abzielen, an sich steuerbefreite Vermögensgegenstände zum Nachlass zu ziehen. Auch in diesem Fall geht es um die Regelung des gesamten Nachlasses durch den Erwerber. Der Abzug ist daher nicht durch § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG eingeschränkt (BFH, Urteil v. 22.7.2015, II R 12/14, BStBl 2016 II S. 230, zum Pflichtteils- und Zugewinnausgleich).
6.5 Vererbung einer hochpreisig vermieteten Immobilie: Was ist als Rohertrag anzusetzen?
BFH, Urteil v. 5.12.2019, II R 41/16
Das Finanzamt hat für 2 Einheiten eine 20 %-Abweichung von den äußeren Spannenwerten festgestellt, d. h. die Miete lag 20 % über dem obersten Spannenwert des Mietspiegels. Es hat sodann nicht diesen Spannenwert, sondern den (niedrigeren) Mittelwert als übliche Miete angesetzt. Der Bundesfinanzhof hat ausdrücklich offengelassen, ob in einem solchen Fall nicht ebenfalls der oberste Spannenwert anzusetzen wäre. Diese Problematik war nicht zu entscheiden, da der Bundesfinanzhof wegen des im gerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots nicht über das vom Finanzamt bereits Anerkannte (Mittelwert statt möglicherweise oberster Spannenwert) hinausgehen kann.
6.6 Vollstreckung: Laufende Hauskosten sind keine unentgeltlichen Zuwendungen
BFH, Urteil v. 17.12.2019, VII R 18/17
Allenfalls die Übertragung des Miteigentumsanteils des M an F in 2007 könnte eine Zuwendung darstellen. Dieser Vorgang lag jedoch zeitlich vor dem streitigen Veranlagungszeitraum 2010, sodass § 278 Abs. 2 AO keine Anwendung findet. Das Finanzamt hätte rechtzeitig reagieren und die Übertragung nach § 3 AnfG anfechten können. § 3 AnfG setzt allerdings – anders als § 278 Abs. 2 AO – eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht voraus.