1 Arbeitsrecht
1.1 Warum Leiharbeitnehmer keinen Anspruch auf "Equal Pay" haben
BAG, Urteil v. 31.5.2023, 5 AZR 143/19
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Klage einer Leiharbeitnehmerin abgewiesen, die nach dem "Equal Pay"-Grundsatz eine Vergütung wie die Stammbelegschaft des ausleihenden Unternehmens verlangt hatte.
2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
2.1 Verzicht auf eine angemessene Verzinsung als verdeckte Gewinnausschüttung?
BFH, Urteil v. 22.2.2023, I R 27/20
Dem Umstand fehlender Besicherung ist nach der Rechtsprechung besondere Bedeutung beizumessen. Der BFH folgte im Urteilsfall auch nicht der Argumentation der Klägerin, dass der Zugriff auf pfändbare Teile der Gehaltsansprüche des A oder die Aufrechnung gegen dessen Abfindungsanspruch (gem. § 14 des Gesellschaftsvertrags), als "Sicherheiten" zu werten seien. Denn die jedem Gläubiger einer Geldforderung offenstehende Möglichkeit, notfalls in das Vermögen seines Schuldners vollstrecken zu können, sichere den Rückzahlungsanspruch nur unzureichend ab. Die Rechtsprechung sieht als "fremdübliche Sicherheiten" daher nur solche Mittel an, die dem Gläubiger einen besonderen Zugriff auf bestimmte werthaltige Vermögensgegenstände seines Schuldners gewähren und ihm hierdurch einen Vorteil gegenüber anderen Gläubigern verschaffen (z. B. Grundpfandrechte, Bürgschaften, Sicherungsabtretungen, Sicherungsübereignungen, Eigentumsvorbehalte u. Ä.).
2.2 Verzicht auf Kompensationszahlungen als verdeckte Einlage
BFH, Urteil v. 15.3.2023, I R 24/20
Der BFH verweist ergänzend auf das aktuelle Urteil zur Eigenschaft von Kryptowährungen als Wirtschaftsgut (BFH, Urteil v. 14.2.2023, IX R 3/22, Rz. 24). Der "Vorteil" für den Betrieb, der für ein Wirtschaftsgut erforderlich ist, wird nicht durch die Rechtsposition selbst (oder dem ihr innewohnenden "Nutzen") definiert, sondern bestimmt sich durch den Geschäftsverkehr bzw. die konkrete Marktsituation, die dieser Position eine vermögensmäßige Relevanz – im Sinne einer Chance oder Möglichkeit – beimisst, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt.
2.3 Wann ist das Selbsthilferecht eines GmbH-Gesellschafters "verbraucht"?
KG Berlin, Urteil v. 7.9.2022, 23 U 120/21
Das Urteil des KG überzeugt. Ein Abweichen vom Grundsatz der Einberufung durch die Geschäftsführung gebietet eine restriktive Anwendung des Selbsthilferechts. Ob ein Selbsthilferecht von Gesellschaftern nach § 50 III GmbHG (fort-)besteht, kann konsequenterweise ausschließlich davon abhängen, ob über den betreffenden Tagesordnungspunkt bereits tatsächlich Beschluss gefasst wurde, nicht aber davon, ob die Beschlussfassung auch wirksam war. Anderenfalls bestünde – worauf das KG zutreffend hinweist – bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung dieser Frage Ungewissheit, ob das Selbsthilferecht bereits "verbraucht" ist oder der Gesellschafter selbst (erneut) eine Gesellschafterversammlung einberufen kann. Es ist Minderheitsgesellschaftern vielmehr zuzumuten, nach einer möglicherweise unwirksamen Beschlussfassung und vor einer (erneuten) Einberufung nach § 50 III GmbHG zunächst (erneut) die Voraussetzungen hierfür zu schaffen und ein Einberufungsverlangen an die Geschäftsführung nach § 50 I GmbHG zu richten.
3 Kapitalanlage & Versicherung
3.1 Welche Einkunftsart liegt bei einem Entgelt für die Zurverfügungstellung von Sicherheiten vor?
FG Münster, Urteil v. 29.12.2021, 8 K 592/20 E
3.2 Wie werden Verluste aus stillen Beteiligungen an einer Schiffs-KG berücksichtigt?
BFH, Urteil v. 20.4.2023, IV R 20/20
Im Schrifttum wird z. T. vertreten, der Wertverlust der Beteiligung stehe in einem betrieblichen Zusammenhang mit den Erträgen aus der Beteiligung (Zinsen), die nach § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG dem Tonnagegewinn hinzuzurechnen sind. Der Ausfall einer Gesellschafterforderung sei folglich ebenfalls steuerlich zu berücksichtigen. Der BFH widerspricht dieser Auffassung. Entscheidend dürfte letztlich sein, dass § 5a EStG einen (niedrigen) Gewinn nach der Tonnage fingiert, mit dem auch ein Veräußerungs-/Aufgabegewinn abgegolten sein soll. Schließlich steht es dem Steuerpflichtigen frei, den Gewinn nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln.
3.2.1 Erwerb von zahlreichen Grundstücken: Einkunftserzielungsabsicht ist objektbezogen zu prüfen
FG München, Urteil v. 26.9.2022, 7 K 169/20
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, den subjektiven Steuertatbestand zu verwirklichen und damit einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Dies gilt jedoch nur für die Vermietung von Wohnraum, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeimmobilien oder wie im Urteilsfall von unbebauten Grundstücken.
3.2.2 Müssen Detektivkosten zur Prüfung des Eigenbedarfs erstattet werden?
LG Berlin, Beschluss v. 18.1.2023, 80 T 489/22
3.2.3 Schäden durch Baumwurzeln: Wann gibt es Geldersatz?
BGH, Urteil v. 23.3.2023, V ZR 67/22
Das Kosteninteresse des beeinträchtigten Eigentümers, der die Störung noch nicht beseitigt hat, ist auch geschützt, ohne ihm einen direkten Zahlungsanspruch zuzugestehen. Ihm stehen diese Möglichkeiten zur Verfügung:
Der Eigentümer kann – was hier noch nicht geschehen ist – die Störung selbst beseitigen und dann vom Nachbarn Erstattung der angefallenen Kosten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus Bereicherungsrecht verlangen.
Wenn er das mit der Vorfinanzierung der Kosten verbundene Risiko nicht eingehen möchte, kann der Eigentümer zunächst gestützt auf § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung der Störung klagen und das Urteil dann im Wege der Ersatzvornahme vollstrecken. Im Zuge der Ersatzvornahme kann er ei...