6.1 Sonstige Steuern
6.1.1 Elektronische Klageerhebung: Was muss in der Rechtsbehelfsbelehrung stehen?
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.4.2021, 4 K 4253/19
Ist für den Rechtsverkehr per E-Mail die die Schriftform ersetzende qualifizierte elektronische Signatur vorgeschrieben, so reicht es bei deren Fehlen nicht aus, dass sich aus der (einfachen) E-Mail oder begleitenden Umständen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben. Der Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung war unmissverständlich und hätte bei Beachtung auch für einen Laien zu der Erkenntnis geführt, dass eine einfache E-Mail für die Erhebung einer wirksamen Klage nicht ausreicht.
6.1.2 Kindergeld: Wann der schwerbehinderte erwachsene Bruder als Pflegekind gilt
FG des Saarlandes, Urteil v. 25.2.2021, 2 K 1395/20
Die Entscheidung des FG ist rechtskräftig.
Die Erbringung umfänglicher Pflege- und Unterstützungsleistungen und ein damit verbundenes hohes Maß an persönlicher Zuwendung gegenüber dem behinderten Menschen genügt für die Annahme eines familienähnlichen Bandes nicht.
6.2 Schenkung und anschließender Verkauf eines Grundstücks: Gestaltungsmissbrauch?
BFH, Urteil v. 23.4.2021, IX R 8/20
Der BFH bekräftigt, dass in der Wahl einer steuerlich günstigen Gestaltung grundsätzlich kein Missbrauch gesehen werden kann und dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer spezialgesetzlichen Missbrauchsverhinderungsvorschrift nicht auf den Grundtatbestand des § 42 AO zurückgegriffen werden kann. Der BFH lässt allerdings ausdrücklich offen, ob außergewöhnliche Umstände im Zuge der Vertragsanbahnung oder unübliche Elemente der Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung auf nahestehende Personen und eine damit im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommene, von vornherein geplante Grundstücksveräußerung im Einzelfall dazu führen können, dass die Veräußerung – unabhängig von der Erfassung unter § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG – ausnahmsweise als Gestaltungsmissbrauch nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann.
6.3 Steuererstattung bzw. -nachzahlung: Warum der Zinssatz von 6 % verfassungswidrig ist
BVerfG, Beschluss v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17
Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung in Fällen der dritten Fallgruppe reagieren wird. Da eine gesetzliche Neuregelung Zeit braucht und wohl erst nach der Bundestagswahl auf den Weg gebracht werden wird, werden Zinsbescheide bis zur gesetzlichen Neuregelung weiterhin die bisherige – jetzt aber verfassungswidrige – Verzinsung ausweisen. Sie lediglich vorläufig (§ 165 AO) ergehen zu lassen, würde jedoch bedeuten, dass der verfassungswidrige Zinsbetrag zunächst vom Steuerpflichtigen zu entrichten wäre, denn eine Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO) ist nur bei einer Einspruchseinlegung möglich. Es bleibt abzuwarten, wie die Übergangslösung der Finanzverwaltung aussehen wird.
6.4 Studium neben Vollerwerbstätigkeit: Liegt noch eine einheitliche Erstausbildung vor?
BFH, Urteil v. 14.4.2021, III R 50/20
Der BFH hat schon in dem Urteil v. 19.2.2020, III R 28/19, BStBl 2020 II S. 562, Rz. 20, darauf hingewiesen, dass er an seinen Urteilen v. 3.7.2014, III R 52/13, BStBl 2015 II S. 152, und v. 8.9.2016, III R 27/15, BStBl 2017 II S. 278, nicht festhält. In diesen Urteilen hatte der BFH eine einheitliche Ausbildung nach weniger strengen Kriterien unter Berücksichtigung des angestrebten Berufsziels angenommen.