1 Arbeitsrecht
1.1 Nicht erteilte Datenschutzauskünfte: Arbeitgeber muss Schadensersatz leisten
LAG Hamm, Urteil v. 11.5.2021, 6 Sa 1260/20
Zuvor hatten einige Gerichte - nicht nur Arbeitsgerichte – keine Schadensersatzansprüche zugebilligt, weil wegen der Nichterteilung der Auskünfte keine "ernsthafte Beeinträchtigungen" gegeben seien (es sich also nur um Bagatellverstöße handele). Die Gerichte hatten verlangt, dass für die Gewährung eines Schmerzensgeldes "eine nicht bloß individuell empfundene Unannehmlichkeit" eingetreten sein müsse. Das Bundesverfassungsgericht hatte daraufhin in einem anderen Fall im Januar 2021 einer Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung eines Schadensersatzes wegen fehlender Erheblichkeit eines Rechtsverstoßes stattgegeben (BVerfG, Beschluss v. 14.1.2021 - 1 BvR 2853/19). Die obersten Verfassungsrichter hatten ausgeführt, dass das Merkmal einer "Erheblichkeit" des Rechtsverstoßes so weder unmittelbar in der DSGVO angelegt sei noch von der Rechtsliteratur befürwortet oder vom Gerichtshof der Europäischen Union verwendet werde. Von daher sei es nicht zulässig, einen Schadensersatzanspruch zu verneinen, weil es an der Erheblichkeit des Rechtsverstoßes mangele.
Diese Rechtsauffassung des BVerfG berücksichtigte das LAG Hamm in seinem Urteil.
2 GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführer
2.1 GmbH: Wie zählen die Stimmen minderjähriger Kinder bei Betriebsaufspaltung?
BFH, Urteil v. 14.4.2021, X R 5/19
Der BFH wendet sich gegen die Zurechnung der Stimmrechte eines minderjährigen Kindes zum Stimmrechtsanteil eines Elternteils. Eine generelle Vermutung gleichgerichteter Interessen besteht nicht. Für den Streitfall sieht der BFH als entscheidend an, dass für den minderjährigen Sohn eine Ergänzungspflegschaft angeordnet war. Bei hinreichenden Anhaltspunkten für eine gleichgerichtete Interessenlage dürfte indes eine Zusammenrechnung (wie nach Abschn. 15.7 Abs. 8 EStR) in Betracht kommen.
3 Lohn und Gehalt
3.1 Sterbegeldzahlung an Erben: Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit?
BFH, Urteil v. 19.4.2021, VI R 8/19
Einmalige Zuwendungen können auch bei Personen mit höheren Einkünften steuerfrei sein, wenn sie der Behebung einer akuten Notlage dienen (BFH v. 13.8.1971, VI R 171/68, BStBl 1972 S. 57). Daher werden unter die Steuerbefreiung auch die im öffentlichen Dienst gewährten Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen eingeordnet (BFH, Urteil v. 18.5.2004, VI R 128/99, BFH/NV 2005 S. 22). Dabei wird die Hilfsbedürftigkeit der Beihilfeempfänger typisierend nicht aus ihrer wirtschaftlichen Situation, sondern aus dem Anlass der Beihilfeleistung abgeleitet (BFH, Urteil v. 27.4.2073, VI R 154/69, BStBl 1973 II S. 588). Wegen der anderen Zweckrichtung des pauschalen Sterbegelds (Bestreitung der mit dem Tod zusammenhängenden Aufwendungen ohne unterstellte Hilfsbedürftigkeit) lässt sich daraus nicht mit einem "Erst-Recht-Schluss" folgern, das Sterbegeld müsse ebenfalls in die Befreiung nach § 3 Nr. 11 einbezogen werden.
4 Private Immobilienbesitzer
4.1 Teileigentümer ersetzt Scheune durch Wohnhaus: Ist das zulässig?
BGH, Urteil v. 16.7.2021, V ZR 284/19
4.2 Umbau eines Wohnhauses: Warum der Architekt kein dauerhaftes Zutrittsrecht hat
BGH, Urteil v. 29.4.2021, I ZR 193/20
Auch aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) kann der Architekt kein Betretungsrecht herleiten. Zwar kann der Urheber eines Werkes nach § 25 Abs. 1 UrhG von dessen Besitzer verlangen, dass ihm dieser das Werk zugänglich macht, soweit dies zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken oder Bearbeitungen des Werkes erforderlich ist und nicht berechtigte Interessen des Besitzers entgegenstehen. Hier lag aber schon kein urheberrechtlich schutzfähiges Werk vor, weil es sich bei dem Umbau um eine von baulichen Gegebenheiten und technischen Regeln geprägte gewöhnliche Baumaßnahme ohne Besonderheiten handelte, so dass die erforderliche Gestaltungshöhe nicht erreicht war. Auf das UrhG konnte der Architekt sein Verlangen, ihm Zugang zu gewähren, daher auch nicht stützen.
4.3 Zur Verwalterbestellung bei der Umwandlung einer Einzelfirma in eine GmbH
BGH, Urteil v. 2.7.2021, V ZR 201/20
Die Eigentümer sind auch nicht schutzlos, wenn es durch die Umwandlung zu einem personellen Wechsel kommt, der eine Fortsetzung der Zusammenarbeit unzumutbar macht. Dann besteht ein wichtiger Grund für eine Abberufung. Zudem können die Eigentümer den Verwalter seit der WEG-Reform gem. § 26 Abs. 3 Satz 1 WEG jederzeit auch ohne wichtigen Grund abberufen.
5 Steuerrecht Arbeitnehmer
5.1 Mahlzeit vom Arbeitgeber: Kürzung der Verpflegungspauschalen auch ohne erste Tätigkeitsstätte?
BFH, Urteil v. 12.7.2021, VI R 27/19
Der BFH bekräftigt seine Rechtsprechung, nach der für die Zurverfügungstellung einer Mahlzeit durch den Arbeitgeber (oder auf dessen Veranlassung durch einen Dritten) nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer die Mahlzeit tatsächlich einnimmt. Aus welchen Gründen der Arbeitnehmer eine ihm von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Mahlzeit nicht einnimmt, ist nicht erheblich.
Der Prozess wurde als Musterverfahren geführt. Nach der Problematik zur Nichteinnahme der zur Verfügung gestellten Mahlzeit hat der BFH nunmehr auch die Frage der Kürzung der Pauschalen bei fehlender erster Tätigkeitsstätte geklärt. Dadurch wird eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern mit und ohne erste Tätigkeitsstätte verhindert bzw. eine doppelte Begünstigung von Arbeitnehmern ohne erste Tätigkeitsstätte durch eine unversteuerte Mahlzeit einerseits und den gleichwohl bestehenden Werbungskostenabzug andererseits ausgeschlossen.
5.2 Sammelstelle: Was bedeutet "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen?
BFH, Urteil v. 19.4.2021, VI R 6/19
Der BFH stellt klar, dass für die Abgrenzung nicht allein auf die Anzahl der zum Sammelpunkt unternommenen...