5.1 Kindergeld: Wenn das Kind vor Ausbildungsbeginn krank wird
FG Hamburg, Urteil v. 17.1.2020, 5 K 24/19
Das FG hat angesichts der bereits anhängigen Revisionsverfahren (Az beim BFH III R 42/19 und III R 49/18) die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zugelassen. Die Revision wird beim BFH unter Az III R 13/20 geführt. Betroffene sollten in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf die oben angegebenen Revisionsverfahren gegen die ablehnenden Bescheide der Familienkasse Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.
5.2 Kindergeld: Wer zu spät beantragt, geht (doch nicht) leer aus
BFH, Urteil v. 19.2.2020, III R 66/18
Der Fall betrifft § 66 Abs. 3 EStG a. F. Danach wird das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.
Durch das SozialMissbrG wurde § 66 Abs. 3 EStG aufgehoben und als Auszahlungsbeschränkung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 in das Erhebungsverfahren verlagert. Die Neuregelung gilt für Anträge, die nach dem 18.7.2019 eingehen. Der materiell-rechtliche Kindergeldanspruch wird nicht berührt (§ 70 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die bisherigen Verwaltungsanweisungen, die auf der (vom BFH abgelehnten) BMF-Auffassung beruhen, dass § 66 Abs. 3 EStG im Erhebungsverfahren zu verorten ist (Abschn. V 23.2 DA-KG 2019), können grundsätzlich bestehen bleiben.
Das bedeutet: Bei einer über den 6-Monats-Zeitraum hinausreichenden Kindergeldberechtigung wird das Kindergeld rückwirkend (bis zur Verjährung) für den gesamten Berechtigungszeitraum festgesetzt. Es wird aber nur für die letzten 6 Monate ausgezahlt. Die rückwirkende Festsetzung kann sich auf an das Kindergeld anknüpfende Annexleistungen auswirken. In dem Festsetzungsbescheid wird zur Klarstellung auf die Auszahlungsbeschränkung hingewiesen.
5.3 Kosten eines Erststudiums sind keine Werbungskosten
BFH, Urteil v. 12.2.2020, VI R 17/20
§ 9 Abs. 6 EStG wurde ab 2015 enger gefasst. Eine Erstausbildung liegt danach nur vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. Damit soll der Werbungskosten-Abzug nach einer pro forma vorgeschalteten Ausbildung (z. B. zum Skilehrer oder Taxifahrer) ausgeschlossen werden.
Der BFH weist besonders darauf hin, dass die Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung" und "Erststudium" im Kindergeldrecht für die Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG nicht von Bedeutung ist. Es wird daher häufig die Konstellation vorkommen, dass ein Master-Student für das Kindergeld (bis zum 25. Lebensjahr) weiter zu berücksichtigen ist, da die konkrete Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen ist, und die Kosten des Master-Studiums als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen kann, da er mit dem Bachelor bereits eine Erstausbildung abgeschlossen hat.
Nach Ergehen der BVerfG-Entscheidung (BVerfG, Urteil v. 19.11.2019, 2 BvL 22-27/14, BFH/NV 2020 S. 334) wurden die zahlreichen beim BFH anhängigen Revisionen in Parallelfällen auf entsprechenden Hinweis des BFH zurückgenommen und durch Einstellungsbeschluss beendet.