Leitsatz

Für die Steuerfreiheit von Arbeitgeberzuschüssen zu einer Lebensversicherung des Arbeitnehmers ist dessen gegenwärtiger Versicherungsstatus maßgeblich. Die Zuschüsse sind nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer als nunmehr beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer kraft Gesetzes rentenversicherungsfrei geworden ist, auch wenn er sich ursprünglich auf eigenen Antrag von der Rentenversicherungspflicht hatte befreien lassen.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 62 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Geschäftsanteile von den Gesellschaftern A mit 150.000 DM, B mit 100.000 DM und C mit 26.000 DM gehalten werden. Der Gesellschafter A ist alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH. Beschlüsse der Gesellschaft werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst.

Das FA stellte fest, dass die GmbH für den Gesellschafter-Geschäftsführer A Beiträge zu einer befreienden Lebensversicherung geleistet hatte. Dieser war im Jahre 1968 auf eigenen Antrag von der Versicherungspflicht befreit worden.

Das FA vertrat die Auffassung, die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG greife für die Leistungen der Klägerin nicht ein. Die Klage der Klägerin, mit der diese geltend machte, die Arbeitgeberzuschüsse zur Lebensversicherung des Geschäftsführers seien steuerfrei zu belassen, blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Die Entscheidung Der BFH wies die Revision der GmbH als unbegründet zurück. Der Haftungsbescheid des FA sei zu Recht ergangen. Im Einklang mit der herrschenden Meinung sei nicht der vergangene Versicherungsstatus des jetzigen (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführers, sondern nur dessen gegenwärtiger Versicherungsstatus maßgeblich.

 

Hinweis

1. Es kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, dass Zuschüsse eines Arbeitgebers zur Lebensversicherung eines Arbeitnehmers zu dessen Arbeitslohn gehören. Dieser ist für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten sowie anzumelden und abzuführen.

2. Allerdings werden durch § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG freiwillige Zuschüsse, die der Arbeitgeber zu den Aufwendungen eines von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten Arbeitnehmers u.a. für eine Lebensversicherung leistet, den – nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfreien – gesetzlichen Pflichtbeiträgen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gleichgestellt.

Bereits früher hatte der BFH entschieden, dass die Steuerbefreiung nicht eingreift, wenn der Arbeitnehmer kraft Gesetzes versicherungsfrei ist. Das ist der Fall, wenn kein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des Sozialversicherungsrechts besteht. Dies trifft auch für beherrschende Gesellschafter einer GmbH zu.

3. Der gesetzliche Wortlaut des § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG ist allerdings nicht eindeutig. Danach besteht die Steuerbefreiung, wenn der Arbeitnehmer von der gesetzlichen Rentenversicherung "befreit worden ist". Nach diesem Wortlaut könnten auch bisher versicherungsrechtlich und steuerrechtlich befreite Arbeitnehmer weiterhin begünstigt sein, wenn sie nach der versicherungsrechtlichen Befreiung z.B. zu Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften bestellt werden oder beherrschende GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer geworden sind.

4. Mit § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG sollen jedoch von der Versicherungspflicht befreite Arbeitnehmer den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern gleichgestellt werden. Diese Gleichstellung erscheint sachlich aber nicht begründet, wenn zwar der die Gleichstellung rechtfertigende Versicherungsstatus in der Vergangenheit einmal bestanden hat, gegenwärtig aber nicht mehr fortbesteht, sondern gegenwärtig ein Versicherungsstatus besteht, der nicht begünstigt werden soll.

5. Wird überdies berücksichtigt, dass der Gesetzeszweck der Sozialzwecknorm des § 3 Nr. 62 EStG darin besteht, Zukunftssicherungsleistungen durch die Befreiung von steuerlicher Belastung zu fördern, so muss es darauf ankommen, ob der entsprechende Versicherungsstatus gegenwärtig, d.h. zu der Zeit, zu der die Leistungen erbracht werden, noch besteht. Oder anders ausgedrückt, nach der ratio legis kann es auf die ursprüngliche Steuerbefreiung nicht mehr ankommen, wenn die Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes eintritt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.10.2002, VI R 95/99

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