Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Die Finanzverwaltung regelt und ergänzt entsprechend den UStAE um Hinweise zur Frage, welches Finanzamt in Organschaftsfällen für die Erteilung von Bescheinigungen zuständig ist. Grundsätzlich ist nach § 21 AO das für die Besteuerung der Umsätze zuständige Finanzamt auch für die Ausstellung von Bescheinigungen für Zwecke der Umsatzsteuer zuständig. Da es sich bei einem Organkreis umsatzsteuerrechtlich um ein einheitliches Unternehmen handelt, ist das Finanzamt des Organträgers für die Erteilung von Bescheinigungen zuständig.
Die Finanzverwaltung geht dabei von der in Deutschland geltenden Rechtslage aus, dass die unternehmerischen Rechte und Pflichten in einem Organschaftsfall dem Organträger zustehen. Dies ist aber nicht unumstritten. In 2 Vorabentscheidungsersuchen muss sich der EuGH mit der vom BFH vorgelegten Frage auseinander setzen, ob tatsächlich der Organträger der Träger der umsatzsteuerrechtlichen Rechte und Pflichten ist oder ob nicht die "Gruppe" als eigenständiger Zusammenschluss Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist.
Darüber hinaus regelt die Finanzverwaltung für bestimmte Typen von Bescheinigungen zur Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens weitere Einzelheiten:
- Bescheinigung USt 1 TG, die Bescheinigung wird Unternehmern erteilt, die selbst am Markt Gebäudereinigungsleistungen oder Bauleistungen ausführen. Die Bescheinigung ist für den Nachweis der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei empfangenen Gebäudereinigungs- oder Bauleistungen von Bedeutung.
- Bescheinigung USt 1 TH, die Bescheinigung wird Unternehmern erteilt, die Wiederverkäufereigenschaft für die Lieferung von Erdgas und/oder Elektrizität haben. Die Bescheinigung ist für den Nachweis der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei empfangenen Gas- oder Elektrizitätslieferungen von Bedeutung.
- Bescheinigung USt 1 TQ, die Bescheinigung wird (seit dem 1.1.2021) Unternehmern erteilt, die Wiederverkäufereigenschaft für Telekommunikationsdienstleistungen haben. Die Bescheinigung ist für den Nachweis der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei empfangenen Telekommunikationsdienstleitungen von Bedeutung.
Diese Bescheinigungen stellt das für den Organkreis für Zwecke der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt für alle im Inland gelegenen Unternehmensteile aus. Soweit die Bescheinigung nicht von Amts wegen erteilt wird (dies kann im Fall der Bescheinigung USt 1 TG erfolgen), ist der Antrag vom Organträger zu stellen. In diesem Antrag ist neben dem Namen und der Anschrift des Organträgers und der einzubeziehenden Organgesellschaften auch anzugeben, bei welchem Finanzamt unter welcher Steuernummer Organgesellschaften ertragsteuerrechtlich geführt werden.
Für die Erteilung der Bescheinigung USt 1 TN (sog. Unternehmerbescheinigung), die zum Nachweis der Unternehmereigenschaft im Ausland (z. B. für Vorsteuervergütungsfälle im Drittlandsgebiet) verwendet werden kann, regelt die Finanzverwaltung, dass der Antrag für alle im Inland gelegenen Unternehmensteile vom Organträger bei dem für Zwecke der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt zu stellen ist. In diesem Antrag sind die auch für die Bescheinigungen für das Reverse-Charge-Verfahren notwendigen Angaben zu machen.
Konsequenzen für die Praxis
Unmittelbare Konsequenzen ergeben sich für die Praxis aus dieser Verwaltungsanweisung nicht. Soweit die genannten Bescheinigungen beantragt werden, muss dies vom Organträger (dem Unternehmer) bei dem für den Organkreis für umsatzsteuerrechtliche Zwecke zuständigen Finanzamt vorgenommen werden.
Neu sind lediglich die jetzt verbindlich (einheitlich) aufgenommen Pflichtangaben, die auch die Angabe der ertragsteuerrechtlichen Erfassung der Organgesellschaften enthält.
Die Regelungen sind ab sofort anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 10.2.2021, III C 3 – S 7532/19/10010 :003, BStBl 2021 I S. XXX.