Leitsatz
Stimmt die Empfängerin von Unterhaltszahlungen dem der Höhe nach beschränkten Antrag auf Abzug der Zahlungen als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu, so beinhaltet dies keine der Höhe nach unbeschränkte Zustimmung für die Folgejahre.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 1a EStG
Sachverhalt
Der Kläger beantragte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 1996 den Abzug von Unterhaltszahlungen an seine geschiedene Ehefrau i.H.v. 19.393 DM. Im Vorjahr hatte er den Abzug von 6.062 DM beantragt. Auf Rückfrage des FA verwies der Kläger auf die zur Veranlagung 1995 eingereichte "Anlage U", die die Zustimmung der Empfängerin enthalte und mangels Widerruf fortgelte.
Das FA erkannte lediglich Sonderausgaben i.H.v. 6.062 DM an, weil die Erklärung der Empfängerin, die sich auf den Antrag 1995 bezog, dahin auszulegen sei, dass sie eine Einschränkung der Zustimmung der Höhe nach enthalte. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Die Unterhaltszahlungen könnten nur insoweit als Sonderausgaben geltend gemacht werden, als die frühere Ehefrau dem Abzug der Höhe nach tatsächlich zugestimmt habe. Insoweit liege aber lediglich eine Zustimmung über 6.062 DM vor. Die zu einem bestimmten Abzugsbetrag erteilte Zustimmung gelte auch für künftige Veranlagungszeiträume – bis sich Unterhaltsleistender und Unterhaltsempfänger einvernehmlich auf einen anderen Wert geeinigt hätten.
Hinweis
1. Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten sind, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zur Höhe von 13.805 € (im Besprechungsfall bis zur Höhe von 27.000 DM) im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Nach dieser Regelung wirken Antrag und Zustimmung rechtsgestaltend. Erst durch Antrag und Zustimmung werden Unterhaltsleistungen zu Sonderausgaben und können bis zur Höchstgrenze vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Unterhaltsleistenden abgezogen werden. Gleichzeitig bewirkt dies die Steuerpflicht der Unterhaltsleistungen beim Empfänger gem. § 22 Nr. 1a EStG.
2. Aus der Gestaltungswirkung von Antrag und Zustimmung folgt, dass beide übereinstimmen müssen und nicht losgelöst voneinander beurteilt werden dürfen. Das gilt auch für den Fall, dass Antrag und Zustimmung auf einen unter dem Höchstbetrag liegenden Betrag beschränkt werden. Beantragt der Unterhaltsleistende den Abzug eines bestimmten niedrigeren Betrags und erteilt der Unterhaltsempfänger seine Zustimmung, wird nur dieser niedrigere Betrag zu Sonderausgaben bzw. steuerpflichtigen Einkünften.
3. Seit dem VZ 1990 ist die Zustimmung – mit Ausnahme der nach § 894 Abs. 1 ZPO als erteilt geltenden Zustimmung – bis auf Widerruf wirksam; dabei ist der Widerruf vor Beginn des Kalenderjahrs, für das er gelten soll, gegenüber dem FA zu erklären (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 EStG).
Wegen der Einführung einer Bindungswirkung der Zustimmung bis auf Widerruf liegt die Frage nahe, ob eine einmal erteilte Zustimmung zugleich als der Höhe nach unbeschränkte Zustimmung für alle zukünftigen Anträge des Unterhaltsleistenden bis zur gesetzlichen Höchstgrenze aufzufassen sein könnte. Im Besprechungsfall hat der Kläger diese Auffassung vertreten. Der BFH hat ihr allerdings eine klare Absage erteilt.
Falls der Gesetzgeber die Vorstellung gehabt haben sollte, eine einmal erteilte Zustimmung solle bis zu ihrem Widerruf im Grundsatz als eine Art Blanko-Zustimmung der Höhe nach unbegrenzt wirksam sein, ist dies nach Auffassung des BFH im Wortlaut der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht eindeutig zum Ausdruck gekommen. Diese Wirkung der Zustimmung wäre zwar praktikabel, würde aber zu einer nicht vertretbaren Benachteiligung der regelmäßig als sozial schwächer anzusehenden Unterhaltsempfänger führen. Mit der Einführung des Zustimmungserfordernisses hat der Gesetzgeber aber gerade die Position des Unterhaltsempfängers stärken wollen.
Fazit: Die zu einem bestimmten Abzugsbetrag erteilte Zustimmung gilt auch für zukünftige Veranlagungszeiträume nur in dieser Höhe, es sei denn, Unterhaltsleistender und Unterhaltsempfänger einigen sich einvernehmlich auf einen anderen Wert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.4.2005, XI R 33/03