Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das FG Köln hat entschieden, dass die – aufgrund einer Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft von dieser veranlassten – Zuteilung von Aktien eines dritten Unternehmens eine nach § 20 Abs. 4a EStG begünstigte Kapitalmaßnahme darstellt und bei den Anteilseignern nicht zu steuerpflichtigen Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt. Der BFH hat die Entscheidung mittlerweile aufgehoben.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung einer Zuweisung von Aktien an der A Inc. (A) in das Depot des Klägers aufgrund seiner Beteiligung an der G Group PLC (G).
Der Kläger hatte in seinem Wertpapierdepot insgesamt 6.300 Aktien an der G gehalten. G war mittelbar zu 100 % an der G Ltd. beteiligt, diese ihrerseits wiederum unmittelbar an der G Q. Letztere hielt mittelbar 45 % der Anteile an dem US-amerikanischen Unternehmen A W. Im Jahr 2013 hatte die G Ltd. ihre Beteiligung an der G Q an die A gegen Bargeld sowie gegen die Übertragung von Aktien an der A veräußert. Neben der Bekanntmachung dieses Vertrags hatte sie am gleichen Tag angekündigt, im Rahmen eines sog. Return of Value sodann eine bestimmte US-Dollar-Summe in Form von A-Aktien und Bargeld an die Aktionäre auszukehren und eine Share Consolidation durchzuführen. Die Ankündigung stand unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Aktionäre der G sowie durch den High Court of Justice of England and Wales. Die Aktionäre der G stimmten 2014 im Rahmen des Court Meeting und des General Meeting den Vorschlägen der G zu. Diese Vorschläge beinhalteten im Wesentlichen die Ausgabe von 0,263001 A-Aktien je zehn alte G-Aktien, die Zahlung von 0,36 EUR (umgerechnet) je einer alten G-Aktie sowie den Tausch von 11 alten G-Aktien in 6 neue G Aktien. Im Depot des Klägers wurden infolgedessen 165,690 "Bonus-Aktien" an der A eingebucht.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass in der Zuteilung der A-Aktien eine steuerpflichtige Sachausschüttung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EStG liegt.
Entscheidung
Das FG widersprach dem Finanzamt und urteilte, dass eine steuerpflichtige Sachdividende im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bereits aus dem Grunde ausscheidet, dass es sich bei der Zuweisung der A-Aktien im Rahmen des in Frage stehenden Return of Value um eine nach § 20 Abs. 4a EStG zu behandelnde Kapitalmaßnahme handelt. Dies führt nach Gerichtsmeinung dazu, dass die steuerlichen Folgen nicht im Jahr des A-Aktien-Bezugs, sondern erst im Jahr ihrer Veräußerung zu ziehen sind.
Hinweis
Der BFH hat das finanzgerichtliche Urteil mittlerweile in dem sich anschließenden Revisionsverfahren aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen siehe BFH, Urteil v. 4.5.2021, VIII R 14/20. Nach Ansicht der Bundesrichter hatte das FG die Zuteilung der Aktien rechtsfehlerhaft als steuerneutrale Kapitalmaßnahme gem. § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG angesehen. Die Sache war nicht spruchreif. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichten nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob ein individueller Nachweis einer nichtsteuerbaren Einlagenrückgewähr offensichtlich ausscheidet und die Klage abzuweisen oder das Revisionsverfahren nach § 74 FGO auszusetzen und ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einzuleiten ist.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil v. 11.03.2020, 9 K 2340/17