Dr. Peter Küting, Dipl.-Kfm. Christian Koch
4.3.1 Geltungsbereich und Begriffsabgrenzung
Rz. 98
IAS 41 sieht vor, dass biologische Vermögenswerte (biological assets) grundsätzlich und landwirtschaftliche Erzeugnisse (agricultural produce) stets mit ihrem beizulegenden Zeitwert (fair value) abzüglich der geschätzten Veräußerungskosten zu bewerten sind. Vor diesem Hintergrund sah sich das IASB gezwungen, gesonderte Vorschriften zum Erfassungszeitpunkt von – in der Landwirtschaft weit verbreiteten – Zuwendungen der öffentlichen Hand zu entwickeln. Denn die Nettomethode zur Darstellung vermögenswertbezogener Zuwendungen führte bei einer Bewertung derartiger Vermögenswerte zum beizulegenden Zeitwert (fair value model) zu einer sofortigen Vereinnahmung des Zuwendungsertrags, die nicht mit den Vorschriften des IAS 20.12 im Einklang steht.
Rz. 99
Der Standard bezieht sich nur auf solche Zuwendungen der öffentlichen Hand, die landwirtschaftlich tätigen Unternehmen i. S. d. IAS 41.5 gewährt werden und die mit auf Basis des beizulegenden Zeitwerts (fair value) zu bewertenden biologischen Vermögenswerten in Verbindung stehen. Sofern sich die Zuwendungen auf biologische Vermögenswerte beziehen, die mit ihren (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind, gelangt weiterhin IAS 20 zur Anwendung. Bezüglich der hier in Rede stehenden Zuwendungen übernimmt IAS 41 qua entsprechenden Verweises die Definition aus IAS 20. Für Zwecke der Bilanzierung differenziert IAS 41 nach "unbedingten" und "bedingten" Zuwendungen.
4.3.2 Erfassung unbedingter Zuwendungen
Rz. 100
IAS 41.34 schreibt vor, dass die unbedingten Zuwendungen als Ertrag zu erfassen sind, sofern sie einforderbar werden. Die Einforderbarkeit einer Zuwendung bedingt, dass dem Empfänger ein durchsetzbarer Anspruch auf Zahlung der Zuwendung zustehen muss. Demnach wird eine unbedingte Zuwendung grundsätzlich dann angesetzt und unmittelbar erfolgswirksam erfasst, wenn deren Gewährung per Bewilligungsentscheid erfolgt ist. Sofern die Vergabe der Subvention nicht an einen Ermessensspielraum der zuständigen Behörde oder einen Zustimmungsvorbehalt einer übergeordneten staatlichen Institution geknüpft ist, steht einer Erfassung der Zuwendung zum Zeitpunkt der Antragstellung nichts entgegen.
4.3.3 Erfassung bedingter Zuwendungen
Rz. 101
Bedingte Zuwendungen i. S. d. IAS 41 dürfen erst dann erfolgswirksam erfasst werden, wenn der Empfänger die an die Subvention geknüpften Bedingungen vollständig erfüllt hat. Sofern ein durchsetzbarer Anspruch auf Gewährung der Zuwendung – z. B. durch Bewilligungsbescheid der zuständigen Behörde – vor der vollständigen Umsetzung der Bedingungen entsteht, hat der Empfänger die Subvention bis zum Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung der Subventionsbedingungen als Abgrenzungsposten im Fremdkapital zu passivieren. Sehen die Konditionen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums vor, dass die Subvention nicht vollständig zurückzuzahlen ist, hat der Empfänger den Teil, den er bedingungslos einbehalten darf, mit Fristablauf zu realisieren.
4.3.4 Vergleich der Vorschriften des IAS 41 mit den Regelungen des IAS 20
Rz. 102
Kontrastierend zu IAS 20 erfolgt die Erfassung von Zuwendungen nach IAS 41 erst, soweit ein durchsetzbarer Anspruch auf den Zuschuss tatsächlich entstanden ist, und nicht bereits, wenn dieser angemessen sicher ist. Ferner ist die Erfolgswirksamkeit der Subventionen alleinig von der Erfüllung der Zuwendungsbedingungen und nicht von den zu kompensierenden Aufwendungen abhängig. Das Schätzermessen, das dem Bilanzierenden in IAS 20 vornehmlich bei Erfassung der Zuwendungen durch den unbestimmten Rechtsbegriff der angemessenen Sicherheit zuzugestehen ist, wird dementsprechend – ebenso wie die damit zugleich verbundene Gefahr des Ausweises nicht realisierter Zuwendungserträge – durch die Regelungen des IAS 41 vollständig beseitigt. Zudem wird durch die Eliminierung der Ausweiswahlrechte des IAS 20 die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit betreffender (IFRS-)Abschlüsse verbessert.