FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 23.9.2019, VI 313 – S 2770 – 086
Unter den drei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen gilt der Gewinnabführungsvertrag auch dann nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG als durchgeführt, wenn der abgeführte Gewinn oder ausgeglichene Verlust auf einem Jahresabschluss beruht, der fehlerhafte Bilanzansätze enthält, sofern
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der Jahresabschluss wirksam festgestellt ist, |
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die Fehlerhaftigkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte erkannt werden müssen und |
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ein von der Finanzverwaltung beanstandeter Fehler spätestens in dem nächsten nach dem Zeitpunkt der Beanstandung des Fehlers aufzustellenden Jahresabschluss der Organgesellschaft und des Organträgers korrigiert und das Ergebnis entsprechend abgeführt wird, soweit es sich um einen Fehler handelt, der in der Handelsbilanz zu korrigieren ist. |
Zu Anwendungsfragen hinsichtlich dieser Durchführungsfiktion bitte ich die folgende Auffassung zu vertreten:
1. Fehlerhafter Bilanzansatz
Ein fehlerhafter Bilanzansatz i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 1. Halbsatz KStG ist zunächst jegliche Art von Fehler unabhängig davon, ob dieser gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) verstößt oder nicht. Weist die Handelsbilanz der Organgesellschaft nicht das objektiv zutreffende Ergebnis aus, liegt ein Fehler vor. Für die Frage, ob überhaupt ein Fehler vorliegt, kommt es also auf die objektive Betrachtung an. Davon zu unterscheiden ist die Anwendung der Durchführungsfiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG (s. Punkt 2.). Unter den dort genannten Voraussetzungen gilt der Gewinnabführungsvertrag trotz eines Fehlers als durchgeführt. Eine der Voraussetzungen ist die unter § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe c KStG geregelte Korrekturpflicht. Die Korrektur kann dabei in der Mehrzahl der Fälle in laufender Rechnung erfolgen (vgl. Punkt 3). Der vor Einführung der Norm aufgestellte Katalog an Bilanzierungsfehlern (z. B. R 60 Abs. 5 Satz 1 KStR 2008 sowie BMF-Schreiben vom 15. Oktober 2007, BStBl 2007 I S. 765 = SIS 07 36 11), die seinerzeit einer tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags nicht entgegenstanden und keiner Korrektur bedurften, ist grundsätzlich nicht mehr anzuwenden. Auch solche Fehler stehen der Annahme der tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG nicht entgegen.
2. Anknüpfung an den subjektiven Fehlerbegriff
Für die Anwendung der Durchführungsfiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG ist der subjektive Fehlerbegriff zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b KStG. Maßgebend für die Beurteilung ist ein wirksam festgestellter handelsrechtlicher Jahresabschluss (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a KStG), dessen Fehlerhaftigkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte erkannt werden müssen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b KStG). Eines klarstellenden Hinweises, dass für die Beurteilung, ob ein "fehlerhafter Bilanzansatz" in der Handelsbilanz die Voraussetzungen für die Anwendung der Durchführungsfiktion erfüllt, der subjektive und nicht objektive Fehlerbegriff maßgebend ist, bedarf es daher nicht.
3. Korrekturpflicht
Die zeitnahe Korrektur der fehlerhaften Bilanzansätze in der Handelsbilanz (als wesentlicher Bestandteil des gesetzgeberischen Konzepts) kann und wird grundsätzlich in laufender Rechnung erfolgen. Ist zwischen Finanzverwaltung und dem Steuerpflichtigen streitig, ob eine Fehlerkorrektur erfolgen muss, z. B. wenn der Jahresabschlussprüfer die Auffassung der Finanzverwaltung als so falsch empfindet, dass er eine Korrektur nicht befürworten möchte, ist die Bestätigung des Abschlussprüfers, dass keine handelsbilanzielle Korrektur des Fehlers erforderlich ist, nicht automatisch ausreichend. Als Anhaltspunkt für eine Korrekturpflicht in laufender Rechnung bzw. die Pflicht zu Rückwärtsberichtigungen der Handelsbilanz i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe c KStG können die Kriterien der IDW RS HFA 6 herangezogen werden.
4. Vorliegen eines Bestätigungsvermerks (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG)
Bei der Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG handelt es sich um eine gesetzliche Fiktion. Mit Vorliegen eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks nach § 322 Abs. 3 HGB gelten die Sorgfaltsanforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b KStG unwiderleglich als erfüllt.
Soweit nach deutschem Handelsrecht die International Standards on Auditing (ISA) im Rahmen einer Abschlussprüfung zugrunde gelegt werden können, kann mit einem danach erteilten uneingeschränkten Bestätigungsvermerk gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG der Nachweis erbracht werden, dass die Fehlerhaftigkeit des Bilanzansatzes bei Erstellung des Jahresabschlusses unter Anwendu...