Leitsatz
1. Ein elektronisches Dokument ist jedenfalls bei führender elektronischer Akte nur dann im Sinne des § 52a Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, wenn es in einem der in § 2 Abs. 1 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) genannten Dateiformate in der elektronischen Poststelle des Gerichts eingegangen ist. Ein Dokument, das bei einem Gericht nicht in dem nach § 52a Abs. 2 Satz 1 FGO i.V.m. § 2 Abs. 1 ERVV vorgeschriebenen Dateiformat PDF eingereicht wird, ist danach nicht formgerecht und wird nicht wirksam an das Gericht übermittelt.
2. Eine Verletzung dieser Formvorschrift begründet grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung nach § 56 FGO hinderndes Verschulden, da für solche Fälle bereits die Vorschrift des § 52a Abs. 6 FGO eine verschuldensunabhängige Heilung vorsieht.
Normenkette
§ 52a Abs. 2, § 56 FGO
Sachverhalt
Mit Urteil vom 21.12.2023 wies das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.12.2023, 1 K 1651/20, Haufe-Index XXXXXX) die Klage des Klägers ab und ließ die Revision zu. Das Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, einer Steuerberatungsgesellschaft/Partnerschaftsgesellschaft und damit einer anerkannten Berufsausübungsgesellschaft i. S. d. § 50 StBerG, am 28.12.2023 zugestellt. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers übermittelte die Revisionsschrift als Word-Dokument-Datei in dem Format DOCX am 25.1.2024 über ihr besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) an die elektronische Poststelle des BFH. Mit Schreiben vom selben Tag wies die Geschäftsstelle des BFH die Prozessbevollmächtigte gegen elektronisches Empfangsbekenntnis darauf hin, dass § 2 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eine Übermittlung elektronischer Dokumente im Dateiformat PDF oder TIFF erfordere und die Nachricht der Prozessbevollmächtigten vom 25.1.2024 nicht diesem Erfordernis entspreche. Zugleich wies die Geschäftsstelle auf § 52a Abs. 6 FGO hin. Eine Nachricht der Prozessbevollmächtigten des Klägers über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach an das elektronische Postfach der Verwaltung des BFH (besonderes elektronisches Behördenpostfach –beBPo) enthielt ausweislich des Prüfvermerks vom 26.1.2024 im Anhang eine Datei in dem Format ZIP, in der wiederum das Schreiben der Geschäftsstelle vom 25.1.2024 an die Prozessbevollmächtigte in dem Dateiformat PDF enthalten war. In einem Telefonat am 26.1.2024 "über das eingegangene Dokument" zwischen der Geschäftsstelle und einem vertretungsberechtigten Gesellschafter der Prozessbevollmächtigten erklärte dieser, dass er glaubte, das elektronische Empfangsbekenntnis übermittelt zu haben. Das elektronische Empfangsbekenntnis zu dem Schreiben der Geschäftsstelle vom 25.1.2024 ging am 13.2.2024 beim BFH ein. Am 27.2.2024 übermittelte ein vertretungsberechtigter Gesellschafter der Prozessbevollmächtigten die von ihm qualifiziert elektronisch signierte Revisionsbegründungsschrift als Datei in dem Format PDF über sein beSt an das beBPo des BFH, die dort am selben Tag einging. Die Revisionsbegründungsschrift wurde am 28.2.2024 zur elektronischen Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens genommen.
Entscheidung
Der BFH verwarf die Revision als unzulässig. Auch eine Wiedereinsetzung kam nicht in Betracht.
Hinweis
1. Nach § 52a Abs. 1 FGO können schriftlich einzureichende Anträge der Beteiligten nach Maßgabe von § 52a Abs. 2 bis 6 FGO als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein (§ 52a Abs. 2 Satz 1 FGO). Nach § 52a Abs. 2 Satz 2 FGO bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht. Nach dem auf dieser Grundlage erlassenen § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ist das elektronische Dokument im Dateiformat PDF zu übermitteln. Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies nach § 52a Abs. 6 Satz 1 FGO dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt (§ 52a Abs. 6 Satz 2 FGO).
2.§ 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ordnet nach seinem Wortlaut das für die Übermittlung als elektronisches Dokument zu verwendende Dateiformat verpflichtend an. Ein Dokument, das bei einem Gericht nicht in dem nach § 52a Abs. 2 Satz 1 FGO i. V. m. § 2 Abs. 1 ERVV vorgeschriebenen Dateiformat PDF eingereicht wird, ist danach nicht formgerecht und wird nicht wirksam an das Gericht übermittelt.
Der Zwang zur Verwendung dieses Dateiformats folgt aus Sinn und Zweck der Regelung. Neben dem Gericht soll auch der Verfahrensgegner mit dem eingereichten Schriftsatz arbeiten können. ...