Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansatz eines sog. Sperrbetrages bei Aufwärtsverschmelzung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Tochterkapitalgesellschaft, die Inhaberin von sperrbetragsbehafteten Anteilen einer anderen Kapitalgesellschaft ist, im Zuge einer sog. Aufwärtsverschmelzung auf ihre "Mutter"-Personengesellschaft verschmolzen, ist bei der Ermittlung des Verschmelzungsgewinns der Personengesellschaft (§ 4 Abs. 4, 5 UmwStG 1995) ein sog. Sperrbetrag nach § 50c Abs. 7 EStG 1990 (i.d.F. des StandOG)/EStG 1997 zu berücksichtigen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 04.25).
2. Die Berücksichtigung des sog. Sperrbetrages im Zuge einer derartigen Aufwärtsverschmelzung berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit i.S. des Art. 52 EGV. Sollte der Sperrbetrag zugleich zu Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs führen, wären derartige Auswirkungen die unvermeidliche Folge der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Sie rechtfertigten keine Prüfung im Hinblick auf Art. 73b EGV (Anschluss an EuGH-Beschluss vom 10. Mai 2007 Rs. C-492/04 "Lasertec", IStR 2007, 439).
Normenkette
EStG 1990 § 50c Abs. 1, 4, 7; UmwStG 1995 § 13 Abs. 4, § 4 Abs. 4-5; EGV Art. 52, 73b, 73c; EG Art. 43, 56-57
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über den Ansatz eines sogenannten Sperrbetrages gemäß § 50c Abs. 1 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1990/1997 (EStG 1990/1997) bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses gemäß § 4 Abs. 4 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 (UmwStG 1995) im Rahmen einer im Jahre 1995 vollzogenen Verschmelzung. Streitjahre sind die Jahre 1995 bis 1997.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde am 20. November 1995 als Offene Handelsgesellschaft unter der Firma "XY-Ltd. & Co." mit Sitz im Inland errichtet. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 19. Dezember 1995 erwarb sie von einer niederländischen Kapitalgesellschaft, der X-B.V. (Amsterdam), alle Geschäftsanteile an einer inländischen GmbH, der ehemaligen YZ-GmbH ("Tochtergesellschaft"). Die Tochtergesellschaft war zu diesem Zeitpunkt alleinige Gesellschafterin einer weiteren inländischen GmbH, der ehemaligen X-Bank GmbH ("Enkelgesellschaft"). Diese Anteile hatte die Tochtergesellschaft von einer nach damaliger Rechtslage nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten schweizerischen Kapitalgesellschaft, der Y-AG (Zürich), am 31. Dezember 1993 erworben. Dieser Erwerb führte bei den Anteilen an der Enkelgesellschaft zu einem Sperrbetrag i.S. des § 50c Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997 in Höhe von 44 126 427 DM.
Mit Verschmelzungsverträgen vom 29. August 1996 wurden zunächst die Enkelgesellschaft auf die Tochtergesellschaft und anschließend die Tochtergesellschaft auf die Klägerin verschmolzen (Gesamtrechtsnachfolge im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme). Steuerrechtlicher Umwandlungsstichtag war in beiden Fällen der 31. Dezember 1995. Die Eintragung der Verschmelzungen im Handelsregister erfolgte in 1997.
Vor dem Abschluss der Verschmelzungsverträge hatte die Tochtergesellschaft mit Antrag vom 24. Januar 1995 bei dem für sie zuständigen FA F die Erteilung einer verbindlichen Auskunft hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen der geplanten gesellschaftlichen Reorganisationsmaßnahmen, insbesondere der Auswirkungen der Verschmelzung auf den Sperrbetrag, beantragt. Nach weiteren Sachverhaltsermittlungen teilte das FA F mit Schreiben vom 21. August 1996 mit, dass die formellen Voraussetzungen für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft (Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 24. Juni 1987, BStBl I 1987, 474) nicht erfüllt seien; die künftige steuerliche Behandlung des Sachverhalts sei rechtlich nicht zweifelhaft, da die im Antrag aufgeworfenen Rechtsfragen durch den Gesetzeswortlaut eindeutig im Sinne der von der Tochtergesellschaft vertretenen Rechtsauffassung beantwortet würden.
Im Rahmen der die Klägerin betreffenden gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte wurde das Übernahmeergebnis aus der Verschmelzung (§ 4 Abs. 4 UmwStG 1995, für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--) im ersten der drei Streitjahre (in 1995) erfasst. Abweichend von der Feststellungserklärung (Verlust in Höhe von 206 312 DM) ermittelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unter Ansatz eines Sperrbetrages gemäß § 50c Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997 von 44 126 427 DM Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 15 870 545 DM. In der Folge (Korrektur der Aufstockung der Buchwerte in Höhe von 28 049 570 DM) entfiel die Absetzung für Abnutzung aus den Ergänzungsbilanzen für 1996 (1 858 792 DM) und 1997 (1 811 449 DM). Später kam es zu einer Änderung der Feststellung, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb für 1995 in Höhe von 16 806 024 DM (und einer Korrektur der Aufstockung der Buchwerte um 27 114 091 DM mit Folgewirkungen auf 1996 und 1997) führte.
Die Klage wurde vom Hessischen Finanzgericht (FG) durch Urteil vom 2. März 2005 4 K 3876/01 abgewiesen (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 1206).
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide in der Weise abzuändern, dass in 1995 eine Hinzurechnung eines Sperrbetrages i.S. des § 50c EStG 1990/1997 in Höhe von 44 126 427 DM unterbleibt und ergänzungsbilanzielle Verluste aus der Auflösung des zum 31. Dezember 1995 ohne Sperrbetragshinzurechnung bestehenden Mehrvermögens von 27 114 091 DM für 1996 in Höhe von 1 858 752 DM und für 1997 in Höhe von 1 811 449 DM abgezogen werden, hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die Kapitalverkehrsfreiheit dahingehend auszulegen ist, dass die Erhöhung eines Übernahmegewinns europarechtswidrig ist, die als Folge des Ansatzes eines Sperrbetrages entsteht.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen --BMF-- hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Bei der Berechnung des Übernahmeergebnisses der Klägerin war ein Sperrbetrag (§ 50c Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997) zu berücksichtigen.
1. Nach § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990/1997 kann ein zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigter Steuerpflichtiger, der einen Anteil an einer in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder in dem Zeitpunkt der Gewinnminderung unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von einem nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner (u.a.) erwirbt, Gewinnminderungen, die (u.a.) durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts im Jahr des Erwerbs oder in einem der folgenden neun Jahre entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigen, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts nur auf Gewinnausschüttungen (u.a.) zurückgeführt werden kann und die Gewinnminderungen insgesamt den Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Nennbetrag des Anteils (sogenannter Sperrbetrag, vgl. § 50c Abs. 4 EStG 1990/1997) nicht übersteigen. Dieser (begrenzten) Nichtberücksichtigung einer Gewinnminderung liegt in erster Linie die Zielsetzung zugrunde, in Fällen der Veräußerung einer Beteiligung durch einen nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner (vgl. § 51 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3, § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1990/1997) die "Abgeltung" des Körperschaftsteuerguthabens über den Kaufpreis zu sanktionieren und dadurch aus Sicht des Anrechnungsverfahrens missbräuchlichen Gestaltungen entgegenzuwirken (vgl. BTDrucks 8/3648, S. 22 ff.; BTDrucks 8/4157, S. 5 f.). Da der Veräußerungsgewinn der inländischen Besteuerung regelmäßig entzogen ist, wird, um dieses Regelungsziel durchzusetzen, in gewisser Weise systemwidrig verfahren und nicht an die Besteuerung des nichtanrechnungsberechtigten Anteilsveräußerers, sondern an die Gewinnermittlung des anrechnungsberechtigten Steuerpflichtigen angeknüpft, indem der ausschüttungs- oder abführungsbedingte Ansatz des niedrigeren Teilwerts bei diesem unberücksichtigt bleibt. Die Belastung der Erträge mit Körperschaftsteuer während der Besitzzeit des Nichtanrechnungsberechtigten wird dadurch bei dem (anrechnungsberechtigten) Anteilserwerber definitiv; die Einmalbesteuerung im Inland wird sichergestellt (Senatsurteile vom 17. Mai 2000 I R 19/98, BFHE 192, 282, BStBl II 2000, 619; vom 22. Februar 2006 I R 120/04, BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321). Um die Rechtsfolge der Nichtabziehbarkeit einer gewinnausschüttungsbedingten Gewinnminderung sicherzustellen, wird der Sperrbetrag bei der Veranlagung des Steuerpflichtigen (des Erwerbers) formlos berechnet, den erworbenen Anteilen zugeordnet und für die Dauer der Sperrzeit fortgeschrieben.
2. Die Voraussetzungen für die Bildung eines Sperrbetrages waren im Streitfall im Augenblick des Erwerbs der Anteile der Enkelgesellschaft durch die Tochtergesellschaft von der nicht anrechnungsberechtigten schweizerischen Gesellschaft erfüllt. Darüber besteht unter den Beteiligten kein Streit. Der Sperrbetrag, der den Anteilen der Enkelgesellschaft anhaftete, ist bei der ohne Ausgabe neuer Anteile vollzogenen Verschmelzung der Enkelgesellschaft auf die Tochtergesellschaft nicht gemäß § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 (i.d.F. vor dem Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 --StEntlG 1999/2000/2002-- vom 24. März 1999, BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304 --UmwStG 1995 a.F.--) auf die Anteile der Tochtergesellschaft "verlagert" worden.
a) Im Dritten Teil des Umwandlungssteuergesetzes 1995 zur Verschmelzung oder Vermögensübertragung (Vollübertragung) auf eine andere Körperschaft bestimmt § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F. zur Besteuerung der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft, dass in den Fällen der Abs. 1 und 3 (Buchwertverknüpfung bei zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteilen bzw. bei sogenannten einbringungsgeborenen Anteilen) die Rechtsfolge des § 50c EStG 1990/1997 "auch auf die Anteile anzuwenden (ist), die an die Stelle der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft treten". Der Gesetzgeber geht dabei, wie der Wortlaut des § 13 Abs. 1, 3 UmwStG 1995 a.F. zeigt, davon aus, dass die Gesellschafter der übertragenden Körperschaft für ihre Anteile an der übertragenden Körperschaft Anteile an der übernehmenden Körperschaft erhalten. So spricht Abs. 1 Satz 1 von der Veräußerung der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft und der Anschaffung der "an ihre Stelle tretenden Anteile"; Abs. 3 Satz 2 bezieht sich auf "die erworbenen Anteile", die "an die Stelle der hingegebenen Anteile" treten. Indem Abs. 4 auf Abs. 1, 3 verweist, wird diese gegenständliche Betrachtung auch für Abs. 4 nachvollzogen. § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F. hat damit nach seinem Wortlaut zum Gegenstand, dass für die Besteuerung der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft in dem Fall, dass an die Stelle der (alten) Anteile der übertragenden Kapitalgesellschaft (neue) Anteile der übernehmenden Kapitalgesellschaft treten, der bestehende Sperrbetrag auf die neuen Anteile übergeht. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig; er lässt das vom FA vorgeschlagene "inhaltliche Verständnis des Anteilsbegriffs" nicht zu.
Auf dieser Grundlage ist § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F. nicht anwendbar, wenn bei einer Verschmelzung --wie hier bei einer Aufwärtsverschmelzung auf eine Muttergesellschaft-- keine neuen Anteile ausgegeben werden; ein § 50c EStG-Sperrbetrag würde dann entfallen. Dieses Regelungsverständnis wird vom FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19. Januar 2005 1 K 2976/01, EFG 2005, 1707) sowie von der weit überwiegenden Auffassung im Schrifttum geteilt (vgl. z.B. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 4 UmwStG Rz 352 ff., § 13 UmwStG Rz 190, 197; ders. in Crezelius u.a. [Hrsg.], Freundesgabe für F.J. Haas, 1996, S. 421, 435 f.; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, UmwStG, 2007, § 4 Rz 101; Klingberg in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 13 UmwStG Rz 26; Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl., § 13 UmwStG Rz 53; Bärwaldt in Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl., § 13 Rz 39, 42; Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 3. Aufl., Kap. L Rz 48; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 13 UmwStG Rz 2a; Jakobs in Lademann, EStG, § 13 UmwStG Rz 34; Engl in Hommelhoff u.a. [Hrsg.], Festschrift für W. Müller, 2001, S. 279, 289 f.; Schiessl/Hübner, Betriebs-Berater --BB-- 2006, 1533; Rödder, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1998, 1205; ders., Finanz-Rundschau --FR-- 1999, 1, 13 f.; Weber, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1996, 334, 339; Zimmermann/Rech, GmbHR 1997, 721, 724; Herzig/Förster, Der Betrieb --DB-- 1998, 438, 446; Schulz, DStR 1998, Beilage zu Heft 17, 15; Prinz, FR 1998, 1105, 1118 f.; Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, 565; a.A. --neben der Verwaltungspraxis, vgl. BMF-Schreiben vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 04.25-- Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 13 UmwStG nF Rz 31 f. und § 50c EStG Rz 120a; ders., DB 1998, 1029, 1033; s.a. Wochinger, FR 1999, 1, 14).
b) Die Vorinstanz hat allerdings eine rechtsanaloge Anwendung des § 13 Abs. 4 UmwStG 1995 a.F. in Betracht gezogen und sich damit gegen die auch insoweit einhellige Auffassung im Schrifttum gestellt (z.B. Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 13 UmwStG Rz 200; Klingberg in Blümich, a.a.O., § 13 UmwStG Rz 26; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 13 UmwStG Rz 47, 53; Bärwaldt in Haritz/Benkert, a.a.O., § 13 Rz 42; Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 13 UmwStG Rz R 2; Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, a.a.O., Kap. L Rz 48; Engl in Hommelhoff, a.a.O., S. 289 f.; Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, 565, 569 und 571; Schiessl/Hübner, BB 2006, 1533, 1535 f.; s. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil in EFG 2005, 1707; IdW-Steuerfachausschuss, Die Wirtschaftsprüfung 1999, 26, 34; Oberfinanzdirektion --OFD-- Frankfurt, Verfügung vom 5. April 2004, Steuererlasse in Karteiform --StEK--, Umwandlungssteuergesetz 1995 § 14 Nr. 2). Im Streitfall muss darüber nicht entschieden werden.
3. Denn eine Berücksichtigung des Sperrbetrages bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses der Klägerin (§ 4 Abs. 5 UmwStG 1995 a.F.) folgt jedenfalls aus § 50c Abs. 7 EStG 1990/1997.
a) § 50c Abs. 7 EStG 1990 (i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes --StandOG-- vom 13. September 1993, BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774)/1997 unterwirft ausschüttungsbedingte Gewinnminderungen aus Anteilen an einer Tochtergesellschaft, die ihrerseits Erwerberin i.S. des § 50c EStG 1990/1997 ist, den Rechtsfolgen dieser Vorschrift. Damit sollte insbesondere eine Fallgestaltung getroffen werden, bei der zwischen dem nichtanrechnungsberechtigten Anteilsveräußerer und dem anrechnungsberechtigten Erwerber eine anrechnungsberechtigte Person zwischengeschaltet wurde, die --vom Erwerber durch Einlagen ausgestattet-- die Beteiligung erwarb und dann die von ihr im Erwerbspreis der Anteile mitbezahlten Dividenden an den Erwerber weiter ausschüttete (BTDrucks 12/5016, S. 89 f.). Neben den Gewinnminderungen durch den (ausschüttungsbedingten) Ansatz des niedrigeren Teilwerts hinaus ist vom sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift eine Gewinnminderung bei der Muttergesellschaft erfasst, die bei Auflösung oder Herabsetzung des Nennkapitals der Tochtergesellschaft entsteht, soweit sie darauf zurückzuführen ist, dass "Gewinnausschüttungen im Sinne des Absatzes 1 weitergeleitet worden sind".
b) Zu dieser zuletzt angeführten Variante der Regelung wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft der Auflösung der Tochtergesellschaft gleichgestellt werden könne (s. van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 4 Rz 101; ders., Umwandlungssteuerrecht, 2. Aufl., S. 44; wohl auch Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 50c EStG Rz 120a; Weber, GmbHR 1996, 334, 339; OFD Frankfurt in StEK Umwandlungssteuergesetz 1995 § 14 Nr. 2). Dieser Ansicht wird entgegengehalten, dass die dem Grundtatbestand des § 50c EStG 1990/1997 zugrunde liegende Anknüpfung an eine Ausschüttung (s. § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990/1997) --die auch aus dem Wortlaut des § 50c Abs. 7 Satz 1 EStG 1990 i.d.F. des StandOG/1997 durch die Bezugnahme auf eine Weiterleitung einer Ausschüttung abzuleiten ist-- im Falle der Verschmelzung fehle (Widmann in Freundesgabe F.J. Haas, a.a.O., S. 421, 432 ff., insbes. 435; Zimmermann/Rech, GmbHR 1997, 721, 724; Bärwaldt in Haritz/Benkert, a.a.O., § 13 UmwStG Rz 40; Prinz, FR 1998, 1105, 1119; Rödder, DStR 1998, 1205, 1208; Herzig/Förster, DB 1998, 438, 446 f.; Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, 565, 569).
c) Der Senat folgt der erstgenannten Auffassung. Mit dem Wortsinn der Regelung als Auslegungsgrenze lässt es sich noch vereinbaren, die Weiterleitung der Eigenkapitalteile im Zuge der Verschmelzung als "Weiterleitung von Gewinnausschüttungen" zu erfassen. Denn die Gewinnausschüttungen sind Bestandteil des auf die Muttergesellschaft übertragenen Vermögens. Mit diesem wirtschaftlichen Verständnis einer "Weiterausschüttung" wird dem Zweck des § 50c EStG 1990/1997 Rechnung getragen, die Einmalbesteuerung der Dividende zu sichern, was wiederum auch aus § 4 Abs. 5 UmwStG 1995 abzuleiten ist (s. insbes. van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 4 Rz 101; s. insoweit auch Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 4 UmwStG Rz 260 ff.).
4. Die Höhe des Sperrbetrags bei der Tochtergesellschaft gemäß § 50c Abs. 1 und 4 EStG 1990/1997 ist unter den Beteiligten nicht streitig. Die Vorinstanz hat dazu entschieden, dass jedenfalls der vom FA berücksichtigte Betrag bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses der Klägerin anzusetzen ist. Wenn es nun --davon abweichend-- um einen bei der Klägerin originär entstandenen Sperrbetrag i.S. des § 50c Abs. 7 EStG 1990 i.d.F. des StandOG/1997 geht, der gemäß § 4 Abs. 5 UmwStG 1995 zu berücksichtigen ist, beeinflusst dies die Höhe der Hinzurechnung jedoch nicht. Denn für die Höhe des Sperrbetrags ist auf die Wertverhältnisse bei der Enkelgesellschaft abzustellen. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Regelung, die zur Umgehung des § 50c Abs. 1 EStG 1990/1997 entwickelten Gestaltungen zu behindern (Widmann, Deutsche Steuer-Zeitung 1998, 368, 370; a.A. Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 50c EStG Rz 133).
5. Das Rechtsinstitut von "Treu und Glauben" steht dem Ansatz des Sperrbetrags nicht entgegen. Das FG hat ohne Rechtsfehler entschieden, dass das FA durch die Auskunft des FA F nicht nach Maßgabe des Schreibens des Bundesministers der Finanzen in BStBl I 1987, 474 gebunden war. Denn das FA F hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine verbindliche Auskunft nicht erteilt werden sollte. Auch wenn die Weigerung, eine verbindliche Auskunft zu erteilen, rechtsfehlerhaft gewesen sein sollte, hätte der Adressat die rechtlichen Möglichkeiten ergreifen müssen, eine verbindliche Auskunft zu erhalten. Die eigene Überzeugung, einen Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft mit einem bestimmten Inhalt zu haben, reicht als Grundlage für einen Vertrauensschutz nicht aus.
6. Der Ansatz des Sperrbetrages begegnet keinen gemeinschafts- oder abkommensrechtlichen Bedenken.
a) Allerdings gewährleistet Art. 73b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EGV-- (jetzt Art. 56 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften --EG--, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1997 Nr. C-340, 1) die Freiheit des Kapitalverkehrs auch im Verhältnis zu Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union (wie im Streitfall der Schweiz als dem Sitzstaat der anteilsveräußernden, nichtanrechnungsberechtigten Kapitalgesellschaft). Auch ist nicht auszuschließen, dass die Versagung der Teilwertabschreibung einen mittelbaren Eingriff in den Schutzbereich dieser Vorschrift darstellt (vgl. Senatsurteil in BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321; Krebs/ Bödefeld, BB 2004, 407; Cordewener in von Groll, Verluste im Steuerrecht, Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, Band 28 [2005], S. 254, 315; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 26. Aufl, § 50c Rz 2). Denn der Steuerpflichtige wird dem Regelungswortlaut nach steuerlich unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob er Anteile an einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von einem anrechnungsberechtigten oder von einem nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner erwirbt. Gleichwohl ist der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit nicht eröffnet, weil die Klägerin aufgrund der Beteiligungsverhältnisse sowohl unmittelbar gegenüber der Tochtergesellschaft als auch mittelbar gegenüber der Enkelgesellschaft einen beherrschenden Einfluss ausgeübt hat.
Nationale Vorschriften über den Besitz von Beteiligungen, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fallen nach der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des EuGH vorwiegend in den sachlichen Geltungsbereich der Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 52 EGV (jetzt Art. 43 EG). Das Ziel dieser Bestimmungen besteht darin, die Niederlassungsfreiheit zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, nicht aber der Angehörigen aus Drittstaaten. Sollte der Sperrbetrag zugleich zu Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs führen, wären derartige Auswirkungen die unvermeidliche Folge der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und rechtfertigten keine Prüfung im Hinblick auf Art. 73b EGV (vgl. in diesem Sinne EuGH-Beschluss vom 10. Mai 2007 Rs. C-492/04 "Lasertec", Internationales Steuerrecht --IStR-- 2007, 439 Tz. 18 ff.; vom 24. Mai 2007 Rs. C-157/05 "Holböck", IStR 2007, 441 Tz. 22, dort jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der hier in Rede stehende § 50c Abs. 7 EStG 1990 i.d.F. des StandOG/1997 gilt seinen Regelungsvoraussetzungen und -wirkungen nach zwar prinzipiell unabhängig von der Beteiligungshöhe und somit nicht nur für Direktinvestitionen, sondern auch für Streubesitzanteile an einer Kapitalgesellschaft. Das betrifft jedoch nicht die hier konkret zu beurteilende Konstellation der sog. Aufwärtsverschmelzung, in welcher § 50c Abs. 7 EStG 1990 i.d.F. des StandOG/1997 erst in Zusammenhang mit § 4 Abs. 5 UmwStG 1995 zur Anwendung gelangt. Das dadurch beabsichtigte Gestaltungsziel setzt letztlich eine Beherrschungslage voraus. Darin unterscheidet sich der Sachverhalt beispielsweise von jenem, über den der Senat in seinem Urteil vom 9. August 2006 I R 95/05 (BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279) zu befinden hatte und bei dem deswegen die in Drittstaaten ausstrahlende Kapitalverkehrsfreiheit nicht von der Niederlassungsfreiheit verdrängt wurde (entgegen BMF-Schreiben vom 21. März 2007, BStBl I 2007, 302).
Der erneuten Anrufung des EuGH bedarf es nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415). Die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage ist jedenfalls für den hier zu beurteilenden Sachverhalt zwischenzeitlich eindeutig. Sie entspricht den Aussagen des Urteils des EuGH in IStR 2007, 439 und war damit bereits Gegenstand einer Auslegung durch diesen.
b) Dem Ansatz des Sperrbetrages bei der Besteuerung der Klägerin steht das abkommensrechtliche Verbot einer Diskriminierung nach Maßgabe des Art. 25 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 --DBA-Schweiz-- (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 519) nicht entgegen. Danach dürfen Unternehmen eines Vertragsstaats, deren Kapital ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person oder mehreren solchen Personen gehört oder ihrer Kontrolle unterliegt, keiner Besteuerung oder damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen andere ähnliche Unternehmen jenes Vertragsstaats unterworfen sind oder unterworfen werden können. Eine diskriminierende Unterscheidung ist also nur insoweit verboten, als sie darauf beruht, dass im anderen Vertragsstaat ansässige Personen an dem Unternehmen beteiligt sind oder es kontrollieren. Eine derartige Situation ist unter den Gegebenheiten des § 50c Abs. 1 Satz 1 EStG 1990/1997 indes nicht zu beurteilen. Die Klägerin wird infolge dieser Regelung keiner höheren Steuerbelastung unterworfen, weil die auf sie verschmolzene Tochtergesellschaft Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft von einer schweizerischen Gesellschaft erworben hat, sondern weil diese Kapitalanteile von einem nicht i.S. von § 51 KStG 1991 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1990/1997 anrechnungsberechtigten Anteilseigner erworben hat (s. insoweit auch Senatsurteil in BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321).
Fundstellen
Haufe-Index 1933746 |
BFH/NV 2008, 679 |
BStBl II 2008, 604 |
BFHE 2007, 549 |
BFHE 219, 549 |
DB 2008, 553 |
DStR 2008, 501 |
DStRE 2008, 459 |
DStZ 2008, 197 |
HFR 2008, 459 |