Leitsatz (amtlich)
Zur Verfassungsmäßigkeit der Jahresbeiträge nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz.
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Erhebung von „Beiträgen” nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz mit dem Grundgesetz, insbesondere mit den sich aus der bundesstaatlichen Finanzverfassung ergebenden Anforderungen an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben, vereinbar ist.
I.
1. Mit Wirkung vom 1. August 1998 ist in Deutschland das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (im Folgenden: EAEG) als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998 (BGBl I S. 1842) in Kraft getreten, das für die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Fassung des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266) maßgeblich war (vgl. BVerwGE 120, 311 ≪312≫). Nach § 2 EAEG sind die in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 EAEG aufgeführten Institute verpflichtet, ihre Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften durch die Zugehörigkeit zu einer Entschädigungseinrichtung zu sichern. Dies betrifft nach Nr. 1 Einlagenkreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG sowie nach Nrn. 2, 3 und 4 Kreditinstitute und andere Finanzdienstleistungsinstitute mit bestimmten Erlaubnissen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a KWG.
a) Für die Anleger dieser Institute regeln die §§ 3 bis 5 EAEG das Entschädigungsverfahren. Der Entschädigungsfall liegt nach § 1 Abs. 5 EAEG vor, wenn das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen feststellt, dass ein Institut nicht in der Lage ist, Einlagen zurückzuzahlen oder Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen. Der Entschädigungsanspruch des Gläubigers des Instituts richtet sich nach Höhe und Umfang der Einlagen des Gläubigers oder der ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften unter Berücksichtigung etwaiger Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte des Instituts. Der Entschädigungsanspruch ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 EAEG der Höhe nach begrenzt auf 90% der Einlagen und den Gegenwert von 20.000 Euro sowie 90% der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften und den Gegenwert von 20.000 Euro.
b) Nach dem gesetzlichen Regelfall in § 6 Abs. 1 Satz 1 EAEG werden bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau Entschädigungseinrichtungen als nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes errichtet, denen jeweils eine Institutsgruppe zugeordnet ist. § 6 Abs. 1 Satz 2 EAEG unterscheidet zwischen drei Institutsgruppen – erstens privatrechtliche und, zweitens, öffentlichrechtliche Einlagenkreditinstitute sowie, drittens, „andere Institute”. Mit den Aufgaben und Befugnissen einer Entschädigungseinrichtung kann unter den Voraussetzungen des § 7 EAEG auch eine juristische Person des Privatrechts beliehen werden. Auf dieser Grundlage sind die Institute der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (dazu Verordnung des Bundesministers der Finanzen vom 24. August 1998, BGBl I S. 2391), der Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH (dazu Verordnung des Bundesministers der Finanzen vom 24. August 1998, BGBl I S. 2390) oder der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen zugeordnet.
Nach § 6 Abs. 3 EAEG haben die Entschädigungseinrichtungen die Aufgabe, die Beiträge der ihnen zugeordneten Institute einzuziehen, die Mittel nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 EAEG anzulegen und im Entschädigungsfall die Gläubiger eines ihnen zugeordneten Instituts für nicht zurückgezahlte Einlagen oder für nicht erfüllte Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu entschädigen. Die Mittel zur Finanzierung der Entschädigung werden gemäß § 8 Abs. 1 EAEG nach dem Kostendeckungsprinzip durch Beiträge der Institute erbracht, die der Entschädigungseinrichtung zugeordnet sind. Das Gesetz unterscheidet zwischen den Jahresbeiträgen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EAEG, den Einmalzahlungen erstmals zugeordneter Institute nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EAEG, den Erstbeiträgen nach § 19 EAEG sowie den Sonderbeiträgen nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG mit der Bestimmung: „Die Entschädigungseinrichtung hat Sonderbeiträge und Kredite aufzunehmen, wenn dies zur Durchführung des Entschädigungsverfahrens erforderlich ist.”
c) Zu den Jahresbeiträgen ermächtigt § 8 Abs. 3 Satz 1 EAEG das Bundesministerium der Finanzen, das Nähere durch Rechtsverordnung nach Anhörung der Entschädigungseinrichtungen „unter besonderer Berücksichtigung von Art und Umfang der gesicherten Geschäfte sowie der Anzahl, Größe und Geschäftsstruktur” der der Entschädigungseinrichtung zugeordneten Institute zu regeln. Nach Satz 2 des § 8 Abs. 3 EAEG kann die Rechtsverordnung auch Bestimmungen zu den Sonderbeiträgen, zur Kreditaufnahme und zur Anlage der Mittel enthalten.
Auf dieser Grundlage wurde die Verordnung über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 19. August 1999 (BGBl I S. 1891) erlassen (im Folgenden: Beitragsverordnung – BeitragsVO), die vorliegend in der Fassung der ersten Änderungsverordnung vom 7. September 2000 (BGBl I S. 1376) für alle Streitjahre anzuwenden war (§ 5 Abs. 4 BeitragsVO).
Die Beitragsverordnung sieht in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 je nach Art der gesicherten Geschäfte gestaffelte Jahresbeiträge vor, die an der den Instituten erteilten Geschäftserlaubnis orientiert sind sowie daran, inwieweit diese risikobehaftet ist. Hierzu wird wesentlich danach unterschieden, ob die Institute nach ihrem Erlaubnisbestand befugt sind, sich Eigentum und Besitz an Geldern oder Wertpapieren der Kunden zu verschaffen, Eigenhandel zu betreiben oder auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten zu handeln. Bemessungsgrundlage sind jeweils die Bruttoprovisionserträge und die Bruttoerträge aus Finanzgeschäften. Von diesen sind – gestaffelt je nach angenommener Risikobehaftung der vom Erlaubnistatbestand umfassten Tätigkeiten – Beiträge in Höhe von 0,35%, 1,1% oder 2,2% an die Entschädigungseinrichtung abzuführen.
Während die Jahresbeiträge grundsätzlich dem Grunde und der Höhe nach an den Erlaubnistatbeständen, nicht am tatsächlichen, potentiell engeren Geschäftsfeld orientiert sind, bestimmt § 2 Abs. 2 BeitragsVO insoweit eine wesentliche Modifikation durch eine mögliche Verringerung der Bemessungsgrundlage. Danach können bei Erfüllung bestimmter Nachweisanforderungen bei der Ermittlung der Bruttoprovisionserträge und Bruttoerträge aus Finanzgeschäften 90% der Bruttoerträge aus Geschäften mit Kunden, die nach § 3 Abs. 2 EAEG keinen Anspruch auf Entschädigung haben, unberücksichtigt bleiben. Generell werden die Jahresbeiträge der Höhe nach durch die Kappungsgrenze in § 1 Abs. 1 Satz 2 BeitragsVO auf höchstens 10% des Jahresüberschusses zuzüglich bestimmter Gewinnabführungen begrenzt.
d) Das Nähere zu den Sonderbeiträgen regelt § 3 BeitragsVO. Nach dessen Abs. 2 wird die Höhe der Sonderbeiträge nicht absolut begrenzt, sondern lediglich als eine Beteiligungsquote an einem noch unbestimmten Kostendeckungsbedarf formuliert: Die Höhe der Sonderbeiträge der einzelnen Institute bemisst sich grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer jeweils zuletzt zu zahlenden Jahresbeiträge zur Summe der zuletzt von allen aktuell zahlungspflichtigen Instituten zu leistenden Jahresbeiträge. § 3 Abs. 4 BeitragsVO eröffnet die Möglichkeit der vollständigen oder teilweisen Befreiung von der Sonderbeitragspflicht. Eine solche Befreiung kann die Entschädigungseinrichtung mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen für ein Institut gewähren, wenn zu befürchten ist, dass durch die Zahlung des Sonderbeitrags in voller Höhe bei diesem Institut der Entschädigungsfall eintreten würde.
2. Durch das Gesetz zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze vom 25. Juni 2009 (BGBl I S. 1528) sowie die Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 17. August 2009 (BGBl I S. 2881) sind die Vorschriften zur Beitragserhebung erheblich modifiziert worden. Neben der Erhöhung des Entschädigungsanspruches des Anlegers und einer Beschleunigung der Auszahlung der Entschädigungsleistungen hat der Gesetzgeber die Regelungen zur Erhebung der Sonderbeiträge konkretisiert. Die grundsätzliche Risikoverteilung durch Zuordnung der Institute zu unterschiedlichen Entschädigungseinrichtungen mit jeweils voneinander getrennten Entschädigungsaufgaben ist jedoch unverändert geblieben.
II.
1. Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, die sowohl börsliche als auch außerbörsliche Wertpapiergeschäfte betreibt. Sie ist zum Börsenhandel zugelassen und besitzt seit 1998 die Erlaubnis zum Betreiben der Anlagevermittlung, der Abschlussvermittlung und des Eigenhandels gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nrn. 1, 2 und 4 KWG. Seit 1999 ist diese Erlaubnis auf das Finanzkommissionsgeschäft und das Emissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 4 und 10 KWG) erweitert. Seitdem ist die Beschwerdeführerin der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen zugeordnet.
Mit Bescheiden vom 27. Dezember 1999, vom 9. November 2000 und vom 27. Juli 2001 setzte die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen die Jahresbeiträge zur Entschädigungseinrichtung für das Jahr 1999 auf 23.947,58 EUR, für das Jahr 2000 auf 117.066,14 EUR und für das Jahr 2001 auf 201.704,03 EUR fest. Die von der Beschwerdeführerin gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche wies das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen jeweils zurück.
Die Beschwerdeführerin erhob daraufhin erfolglos Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Das Verwaltungsgericht wies diese Klage durch Urteil vom 24. Juni 2003 – VG 25 A 274.01 –, BKR 2003, S. 722, ab. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revision der Beschwerdeführerin durch Urteil vom 21. April 2004 – BVerwG 6 C 20.03 –, BVerwGE 120, 311, zurück.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG.
a) Die Jahresbeiträge nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz seien verfassungswidrige Sonderabgaben.
Die Homogenität der belasteten Gruppe folge nicht aus der gemeinsamen Betroffenheit aller Anbieter von Finanzdienstleistungen und dem gemeinsamen Interesse an der Stärkung dieses Marktes. Ein Finanzdienstleister, der Geschäftsbeziehungen zu Privatkunden habe, stehe der gemeinsamen Interessenlage wesentlich näher als eine Wertpapierhandelsbank, die lediglich mit institutionellen Kunden handele. Insbesondere könne die Beschwerdeführerin niemals einen Entschädigungsfall auslösen, da sie keine potentiell entschädigungsberechtigten Privatkunden habe. Für die Beurteilung der Homogenität sei es demnach nicht entscheidend, welche Geschäfte zulässigerweise getätigt werden dürften. Vielmehr seien die unterschiedlichen Geschäftsstrukturen zu berücksichtigen. Dies sei zudem durch den Wortlaut der Verordnungsermächtigung in § 8 Abs. 3 EAEG vorgegeben. In dieser ungerechtfertigten Gleichbehandlung mit Instituten, die Geschäfte mit Privatkunden tätigten, liege zugleich ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das Abgabenaufkommen werde auch nicht gruppennützig verwendet, da nur die Gruppe der Anleger einen unmittelbaren und ausschließlichen Vorteil von dessen Verwendung habe. Im Übrigen entziehe sich eine Sonderabgabe auf Grundlage einer legislativen Verpflichtung zur Umsetzung einer entsprechenden EU-Regelung von vornherein der periodischen Überprüfung des Sachzwecks durch den Gesetzgeber.
b) Nachdem zunächst nur die Jahresbeiträge Gegenstand des Vorbringens waren, ging die Beschwerdeführerin in ihrem ergänzenden Schreiben vom 31. Januar 2007 von einem einheitlichen Gesamtbeitrag aus. Demnach sei bei der verfassungsrechtlichen Bewertung nicht zwischen den Jahresbeiträgen und den Sonderbeiträgen zu unterscheiden.
Die Feststellung, dass die Gruppe der Wertpapierfirmen als eigenständige Gruppe europarechtlich vorgegeben sei und sich auch in der deutschen Rechtsordnung wiederfinde, genüge hier nicht, um die Gruppenhomogenität hinreichend zu begründen. Die in der bisherigen Rechtsprechung zu den Sonderabgaben unbekannte Besonderheit bestehe darin, dass die vom Bundesverwaltungsgericht als homogene Gruppe qualifizierte Menge aller Wertpapierfirmen und Banken im Gesetz wiederum in einzelne Untergruppen aufgegliedert werde. Diese Aufteilung schaffe Risikogemeinschaften unterschiedlicher Größe und Leistungskraft und sei somit besonders rechtfertigungsbedürftig, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Lastengleichheit innerhalb der homogenen Gruppe.
Wesentlich sei, dass auch Einlagenkreditinstitute zum großen Teil neben den Kreditgeschäften Wertpapiergeschäfte betrieben. Es komme daher allein darauf an, ob sie im Hinblick auf diesen Geschäftsbereich mit den Wertpapierhandelsunternehmen zu einer Gruppe zusammengefasst werden müssten oder als Untergruppe separiert werden dürften. Eine gruppenspezifische Risikostruktur als tragender Differenzierungsgrund sei nicht erkennbar. Diese Unterscheidung sei im Wesentlichen von der Behauptung getragen, dass bei drohenden Insolvenzfällen von Kreditinstituten noch nie strafrechtlich relevantes Handeln eine Rolle gespielt habe. Es bestehe auch kein Risikounterschied darin, dass bei den Kreditinstituten ein Großteil der Anlegerrisiken bereits über die Einlagensicherung abgedeckt sei.
Das gemeinschaftsrechtlich verbindliche Ziel des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes werde jedenfalls durch die Pluralität der Sicherungssysteme nicht erreicht. Es fehle an einer ausreichenden Anzahl beteiligter Institute, eine breite Risikostreuung werde nicht ermöglicht, die Kosten seien unkalkulierbar und es entstünden übermäßige Verwaltungskosten. Im Entschädigungsfall seien keine ausreichenden Mittel verfügbar, und das Verhältnis zwischen Finanzierungskapazität und Verbindlichkeiten entspreche nicht den Anforderungen der Angemessenheit. Die durch Feststellungen des Bundesrechnungshofs im Dezember 2008 bestätigte mangelnde Funktionsfähigkeit der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen sei nicht nur europarechtlich, sondern auch verfassungsrechtlich erheblich. Spätestens der Entschädigungsfall Phönix habe die mangelnde Eignung und Verhältnismäßigkeit der spezifischen Risikozuweisung an die Gruppe der Wertpapierhandelsunternehmen gezeigt.
Die Gruppe der Wertpapierfirmen sei nicht homogen, da bei einigen von ihnen ein Entschädigungsfall nicht eintreten könne. Dies gelte etwa für die Börsenmakler, die es nur mit institutionellen Kunden zu tun hätten, nicht aber mit Kleinanlegern. Auch bei den Finanzportfolioverwaltern, die nicht berechtigt sind, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren zu verschaffen, könne bei erlaubnisgerechter Tätigkeit ein Entschädigungsfall nicht eintreten.
Im Hinblick auf die Begründung der Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe hält es die Beschwerdeführerin für unzureichend, dass die Wertpapierfirmen als „Marktanbieter” profitierten, wenn der Wertpapierdienstleistungsmarkt durch „vertrauensbildende Maßnahmen” gestärkt werde. Erforderlich sei eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern dieser Vorteil der Marktanbieter höher zu veranschlagen sei als der der Allgemeinheit oder der anderer Wirtschaftsbeteiligter, denn es liege auf der Hand, dass Erschütterungen des Finanzsystems keineswegs auf den Wertpapiermarkt beschränkt blieben.
Gegen die Gruppennützigkeit der Mittelverwendung sei einzuwenden, dass die Institute nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz dafür einstehen sollten, dass einer ihrer Konkurrenten deshalb in Insolvenz verfalle, weil er über Jahre hinweg schwere kriminelle Straftaten begangen habe. Vor allem aber seien auch aus der allgemeinen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise Lehren für die Gruppennützigkeit zu ziehen. Diese Krise habe gezeigt, dass die Stabilisierung des Finanzsystems eine Aufgabe des Staates, also der Allgemeinheit, und nicht einer kleinen Gruppe von Bürgern sei.
Auch Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Die Beitragspflicht könne erdrosselnde Wirkung entfalten, da die Höhe des Beitrags nicht wirksam begrenzt sei. Es fehle an einem gebotenen interessengerechten Ausgleich unter anderem im Hinblick auf die Fragmentierung der Banken und Wertpapierhandelsunternehmen in unterschiedliche Haftungsverbände, und auch Anforderungen an ein Mindestmaß an Voraussehbarkeit der Belastung seien nicht erfüllt.
Überdies liege ein Verstoß gegen den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt und damit die Unvereinbarkeit mit Art. 80 Abs. 1 GG vor, da die Höhe der Beiträge nicht im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, sondern lediglich in der Beitragsverordnung geregelt sei.
Im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG sei die Schaffung finanzstarker Sicherungssysteme nicht nur dem Interesse einer richtlinientreuen Umsetzung geschuldet, sondern darüber hinaus auch verfassungsrechtlich geboten. Es müsse gewährleistet sein, dass alle Institute, die sich mit Wertpapiergeschäften befassten und aus diesem Grunde nach der Konzeption der Anlegerentschädigungsrichtlinie zur Risikogemeinschaft gehörten, nicht beliebig auseinanderdividiert werden könnten. Da jede Institutsgruppenbildung zu einer unterschiedlichen Belastung führe, sei diese vor dem Verfassungssatz der Belastungsgleichheit rechtfertigungsbedürftig.
III.
1. a) Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, soweit sie sich gegen die Erhebung von Sonderbeiträgen wendet. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sei ausschließlich die Erhebung von Jahresbeiträgen für die Jahre 1999, 2000 und 2001, die auch allein Gegenstand der angegriffenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts seien. Auf die potentielle Belastung mit Sonderbeiträgen im Entschädigungsfall der Phönix Kapitaldienst GmbH komme es nicht an, da es der Beschwerdeführerin hinsichtlich dieser Belastung an der unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit fehle. Die gegen die Festsetzung von Sonderbeiträgen gerichtete Rüge der Beschwerdeführerin sei im Übrigen verspätet und schon deshalb nicht zulässiger Gegenstand der Verfassungsbeschwerde.
b) Die Jahresbeiträge zur Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen seien zulässige Sonderabgaben.
aa) Sie dienten einem spezifischen Sachzweck, der über die reine Mittelbeschaffung des Staates hinausgehe. Die Gruppe der zur Zahlung von Jahresbeiträgen verpflichteten Institute sei homogen. Die Gruppenbildung folge den Vorgaben des europäischen Rechts. Zudem seien alle Institute der Gruppe aufgrund der ihnen jeweils erteilten Erlaubnis durch ein gemeinsames Interesse mit den anderen Gruppenmitgliedern verbunden. Durch das Anlegerentschädigungssystem werde die Anlagebereitschaft der geschützten Anleger im Wertpapierbereich gesteigert. Von noch größerer Bedeutung sei die Anlegerentschädigung für die Gruppe allerdings bei der Insolvenz größerer Unternehmen. In diesen Fällen sei das Entschädigungssystem geeignet, das Risiko einer kollektiven Flucht der geschützten Anleger aus dem Wertpapiermarkt und hierdurch eine Kettenreaktion zu Lasten der Institute der Gruppe auszuschließen oder jedenfalls zu mindern.
Im Rahmen der Gruppenbildung sei es sachgerecht, auf den Erlaubnisbestand und nicht auf die tatsächlichen Geschäfte der Institute abzustellen, da ein Institut jederzeit seinen Kundenkreis ändern und damit ein konkretes Risiko für die Entschädigungseinrichtung begründen könne. Auch die Einbeziehung von Instituten, die keine Befugnis zur Verschaffung von Besitz oder Eigentum an Geldern oder Wertpapieren der Anleger haben, sei sachgerecht, denn auch ein solches Unternehmen könne seine Befugnisse überschreiten und die ihm überlassenen Gelder oder Wertpapiere veruntreuen oder aus einem anderen Grunde nicht in der Lage sein, diese an die Anleger zurückzugeben.
Des Weiteren habe der Gesetzgeber zu Recht darauf verzichtet, die Einlagenkreditinstitute der Gruppe der Wertpapierhandelsunternehmen zuzuordnen. Gegenstand und Risikostruktur beider Bereiche seien in wesentlichen Punkten verschieden. Die Schaffung getrennter Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungseinrichtungen entspreche im Übrigen den europarechtlichen Vorgaben. Die Gruppe der Wertpapierhandelsunternehmen stehe den Zielen der Anlegerentschädigung evident näher als andere Gruppen oder die Allgemeinheit. Die Absicherung der eigenen Kunden sei ein originäres Interesse der Institute. Die Erhaltung und Stärkung des Vertrauens der Anleger in die Stabilität des Finanzmarktes und in die Sicherheit ihrer Gelder und Wertpapiere liege ebenfalls evident vorrangig im Interesse der Institute.
Die Gruppennützigkeit folge bereits aus Sachnähe und Finanzierungsverantwortung der Gruppe der Wertpapierhandelsunternehmen im Hinblick auf die Ziele der Anlegerentschädigung. Danach wirke die zweckentsprechende Verwendung der Mittel der Entschädigungseinrichtung gruppennützig und entlaste die Institute von ihrer Aufgabe. Daneben sei die Mittelverwendung auch deshalb gruppennützig, weil sie die Bereitschaft der Kleinanleger steigere, in Wertpapiere zu investieren. Dieser Vorteil komme allen Instituten zugute.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin seien keine besonderen Umstände ersichtlich gewesen, die Zweifel an der fortdauernden Legitimation der Jahresbeiträge nach § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EAEG hätten begründen können. Insbesondere sei eine Abschaffung oder Modifizierung der Jahresbeiträge nicht deshalb zu erwägen gewesen, weil etwa deren Ziele ohne sie erreichbar gewesen wären. Die mit der Errichtung leistungsfähiger Entschädigungseinrichtungen verfolgten Ziele des Gesetzgebers hätten zum jeweiligen Zeitpunkt der Beitragserhebung bestanden und bestünden auch heute noch.
bb) Hinsichtlich der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG werde die Jahresbeitragspflicht der Wertpapierhandelsunternehmen durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert. Diese Ziele seien der Schutz der Anleger, die Stärkung ihres Vertrauens in das Finanzsystem, die Stabilisierung des Finanzdienstleistungssektors sowie die Vollendung des Binnenmarktes in diesem Bereich. Insbesondere sei die Erhebung der Jahresbeiträge den Wertpapierhandelsunternehmen auch zumutbar. Durch die Kappungsgrenze von 10% des Jahresüberschusses nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BeitragsVO sei ein in seiner Höhe unbegrenzter Beitrag ausgeschlossen.
cc) Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. So falle die Belastung der Beschwerdeführerin mit Jahresbeiträgen schon nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie. Die Jahresbeitragspflicht der Wertpapierhandelsunternehmen knüpfe nicht an den Erwerb nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützter vermögenswerter Rechtspositionen an. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 EAEG für die belastende Rechtsfolgenanordnung, die Verpflichtung zur Leistung der Jahresbeiträge, seien ausschließlich die Institutseigenschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 EAEG und die Zuordnung zu einer Entschädigungseinrichtung nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 und 2 EAEG. Jedenfalls aber sei eine Beeinträchtigung des Schutzbereichs verfassungsrechtlich als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gerechtfertigt.
2. Zu dem Verfahren haben sich als sachkundige Dritte nach § 27a BVerfGG die im Zentralen Kreditausschuss vertretenen Verbände (der Bundesverband deutscher Banken e.V., der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e.V., der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. und der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V.), der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V., der Bundesverband der Wertpapierfirmen an den deutschen Börsen e.V. sowie der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. geäußert. Die Auffassung der im Zentralen Kreditausschuss vertretenen Verbände stimmt weitgehend mit derjenigen der Bundesregierung überein, die übrigen Verbände teilen im Wesentlichen die Auffassung der Beschwerdeführerin.
Entscheidungsgründe
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Erhebung von Sonderbeiträgen nach § 8 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 EAEG in Verbindung mit § 3 BeitragsVO (2000) richtet.
Soweit die Beschwerdeführerin sich gegen die gesetzliche Ermächtigung zur Erhebung von Sonderbeiträgen wendet, ist sie nicht gegenwärtig und unmittelbar betroffen, und die Frist für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde ist nicht gewahrt (§ 90 Abs. 1 und 2, § 93 Abs. 3 BVerfGG).
Die unmittelbar angegriffenen Entscheidungen der Behörden und des Bundesverwaltungsgerichts haben ausschließlich die Erhebung von Jahresbeiträgen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz zum Gegenstand. Die Beschwerdeführerin hat ihre Einwände gegen die Regelungen zu den Sonderbeiträgen erstmals nach Abschluss der fachgerichtlichen Verfahren erhoben sowie nach Ablauf der Monatsfrist für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kommt es nicht ausschließlich darauf an, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Verfassungsbeschwerde gegen die Jahresbeiträge erfüllt sind, denn es handelt sich bei den Jahresbeiträgen und den Sonderbeiträgen nicht um einen einheitlichen Belastungstatbestand, der durch die Beschwerde allein gegen die Jahresbeiträge zu einem einheitlichen Verfahrensgegenstand geworden wäre.
Die Erhebung der Jahres- und der Sonderbeiträge folgt unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen. Die Jahresbeiträge werden auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EAEG in Verbindung mit §§ 1, 2 BeitragsVO erhoben, während sich die Festsetzung der Sonderbeiträge nach § 8 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 EAEG in Verbindung mit § 3 BeitragsVO richtet. Nach diesen Vorschriften unterliegen Jahresbeiträge und Sonderbeiträge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unterschiedlichen Voraussetzungen. Zwar sind die Sonderbeiträge gemäß § 3 BeitragsVO grundsätzlich in Relation zu den Jahresbeiträgen zu berechnen, dies ändert jedoch nichts an deren nicht nur verfahrensrechtlicher, sondern auch materiellrechtlicher Selbständigkeit gegenüber den Jahresbeiträgen.
Nur bei den Sonderbeiträgen, nicht auch bei den Jahresbeiträgen besteht gemäß § 3 Abs. 4 BeitragsVO die Möglichkeit der vollständigen oder teilweisen Befreiung von der Beitragspflicht, die einem Institut gewährt werden kann, wenn zu befürchten ist, dass durch die Zahlung des Sonderbeitrags in voller Höhe der Entschädigungsfall wegen Insolvenz eintreten würde. Zudem ist die Entschädigungseinrichtung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG nach Maßgabe der Erforderlichkeit auch zur Aufnahme von Krediten ermächtigt, für deren Finanzierung und Rückzahlung gemäß § 3 Abs. 5 BeitragsVO Sonderbeiträge erhoben werden können. Danach ist generell eine erhebliche Bandbreite unterschiedlicher Ausgestaltung speziell der Belastung durch Sonderbeiträge, insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht, eröffnet. Auf der anderen Seite wurden nur die Jahresbeiträge durch die Erste Änderungsverordnung (BGBl I 2000 S. 1376) – für die vorliegenden Ausgangsverfahren bereits mit Wirkung ab 1999 – gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BeitragsVO auf höchstens 10% des Jahresüberschusses begrenzt.
Dafür, dass es der in den Streitjahren 1999 bis 2001 nicht gegenwärtig und unmittelbar durch die Erhebung von Sonderbeiträgen beeinträchtigten Beschwerdeführerin nicht zumutbar wäre, zunächst den Erlass von Sonderbeitragsbescheiden abzuwarten und gegen diese zur Wahrung der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg zu den Fachgerichten zu beschreiten, ist nichts ersichtlich.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der behaupteten Verfassungswidrigkeit der Erhebung der Jahresbeiträge gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EAEG in Verbindung mit §§ 1, 2 BeitragsVO zulässig. Für die Belastung mit diesen Abgaben ist der Rechtsweg erschöpft und die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin durch eine verfassungswidrige Sonderabgabe hinreichend dargelegt.
Unbeschadet der Begrenzung der zulässigen Verfassungsbeschwerde auf die Erhebung von Jahresbeiträgen ist das Grundkonzept der Risikozuweisung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz in die verfassungsrechtliche Würdigung der Jahresbeiträge einzubeziehen.
Schon die Belastung mit Jahresbeiträgen ist Ausdruck einer spezifischen Risikozuweisung an die Abgabepflichtigen. Diese werden für eine Ausfallhaftung für zahlungsunfähige andere Gruppenmitglieder in Pflicht genommen. Die Jahresbeiträge sind Element eines gesetzgeberischen Konzepts der Verteilung von Ausfall- beziehungsweise Entschädigungsrisiken auf die jeweils abgabenbelastete Gruppe von Instituten. Für den Zuschnitt dieser Gruppen und damit auch für das Risiko, das von diesen Gruppen jeweils zu tragen ist, ist die Zuordnung nach § 6 Abs. 1 EAEG von entscheidender Bedeutung. Mit der Zuordnung zur Entschädigungseinrichtung für Institute nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EAEG („andere Institute”) wird die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 EAEG zwar in noch unbestimmter Höhe, aber dem Grunde nach für Entschädigungsfälle innerhalb der Gruppe der der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zugeordneten Institute in Anspruch genommen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG hat die Entschädigungseinrichtung neben der Kreditaufnahme Sonderbeiträge bei den ihr zugeordneten Unternehmen zu erheben, wenn dies zur Durchführung des Entschädigungsverfahrens erforderlich ist. Die Höhe dieser Verpflichtung ist bezogen auf den Zeitpunkt der Zuordnung noch nicht konkretisiert, die zunächst abstrakte Risikozuweisung aber bereits gesetzlich durch die Zuordnung zu einer Entschädigungseinrichtung begründet und findet bereits in der Jahresbeitragspflicht ihren Niederschlag.
C.
Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie nicht begründet.
I.
Die Erhebung der Jahresbeiträge nach § 8 Abs. 2, 3 EAEG in Verbindung mit der Beitragsverordnung verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG.
1. Öffentliche Abgaben greifen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein, wenn sie in engem Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen (vgl. BVerfGE 98, 83 ≪97≫; 113, 128 ≪145≫). Die vom Gesetz als Beitrag bezeichnete Abgabe knüpft – insoweit ähnlich der Umlage zur Finanzierung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in den Aufsichtsbereichen Kredit- und Finanzdienstleistungswesen und Wertpapierhandel (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023) – tatbestandlich unmittelbar an die Tätigkeit bestimmter Unternehmen auf dem Finanzmarkt an und bemisst sich im Grundsatz nach dem Geschäftsumfang. Wie jene Umlage dient auch hier das Abgabenaufkommen der Gewährleistung der Rahmenbedingungen eines spezifischen Marktes, und die Abgabepflichtigen werden wegen der Beteiligung an diesem Markt in Anspruch genommen. Eine solche Abgabenregelung greift in die Berufsfreiheit der Abgabepflichtigen ein und ist nur aufgrund eines Gesetzes zulässig, das auch im Übrigen mit der Verfassung in Einklang steht (vgl. BVerfGE 113, 128 ≪145≫; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 12. Mai 2009 – 2 BvR 743/01 –, NVwZ 2009, S. 1030).
2. Der Bund konnte die angegriffenen Regelungen im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft gemäß Art. 72 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erlassen, da es sich bei den Jahresbeiträgen um Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion handelt, die den besonderen Anforderungen, die sich für solche Abgaben aus den Schutz- und Begrenzungsfunktionen der Finanzverfassung ergeben, gerecht werden.
a) Nach dem tatbestandlich bestimmten materiellen Gehalt der Abgabe (vgl. BVerfGE 108, 1 ≪13≫; 108, 186 ≪212≫; 110, 370 ≪384≫; 113, 128 ≪145 f.≫) kann diese nicht als Steuer, sondern nur als eine nichtsteuerliche Abgabe verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Die Jahresbeiträge nach § 8 Abs. 2, 3 EAEG werden nicht wie Steuern zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Abgabepflicht dem Grunde und der Höhe nach mit dem Anfall bestimmter Kosten für die Erledigung einer speziellen Aufgabe tatbestandlich verbunden (vgl. BVerfGE 82, 159 ≪178≫; 91, 186 ≪201≫; 110, 370 ≪384≫; 113, 128 ≪145 f.≫) und so den Finanzbedarf für die Errichtung und die Aufgabenerfüllung eines Fonds zur Durchführung der Anlegerentschädigung als Sonderlast ausgewiesen und durch § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EAEG der besonderen Finanzierungsverantwortung der Gruppe der in § 1 Abs. 1 EAEG näher bestimmten Institute zugeordnet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Begrenzungs- und Schutzfunktionen der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) wird die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben grundsätzlich begrenzt durch das Erfordernis eines besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrundes, der einerseits eine deutliche Unterscheidung gegenüber der Steuer ermöglicht und andererseits auch im Hinblick auf die zusätzliche Belastung neben den Steuern geeignet ist, der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 m.w.N.).
Eine Rechtfertigung der vom Gesetzgeber in § 8 Abs. 2, 3 EAEG als Jahresbeitrag bezeichneten Abgabe als Gebühr oder Beitrag kommt nicht in Betracht. Die Abgabe wird unabhängig von der tatsächlichen oder potentiellen Inanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung oder Leistung von allen einer Entschädigungseinrichtung zugeordneten Instituten zur Erfüllung von Entschädigungsansprüchen von Anlegern im Fall der Insolvenz eines Mitglieds dieser Gruppe erhoben. Es handelt sich um eine an die Marktteilnahme anknüpfende Zuweisung von Vor- und Nachteilen eines auf Marktstabilisierung zielenden Anlegerschutzes, nicht aber um individuelle Leistungsrechtsverhältnisse zwischen Staat und Abgabepflichtigen, wie sie für zulässige Gebühren und Beiträge kennzeichnend sind (vgl. BVerfGE 108, 186 ≪220≫; 110, 370 ≪388≫; 113, 128 ≪148≫; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 ≪2024≫).
Die Abgabe erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer Ausgleichsabgabe eigener Art oder weist sonstige unterscheidungskräftige besondere Belastungsgründe auf, die eine Konkurrenz dieser Abgabe zur Steuer ausschließen könnten (vgl. BVerfGE 57, 139 ≪167 f.≫; 67, 256 ≪277 f.≫; 78, 249 ≪269≫; 92, 91 ≪117≫; 93, 319 ≪345 ff.≫; 108, 186 ≪220≫; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 ≪2024≫).
b) aa) Für ähnlich den Steuern „voraussetzungslos” erhobene Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion (Sonderabgaben im engeren Sinn) hat das Bundesverfassungsgericht die allgemeinen finanzverfassungsrechtlichen Begrenzungen für nichtsteuerliche Abgaben in besonders strenger Form präzisiert. Sonderabgaben im engeren Sinn zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung in Anspruch nimmt, obwohl weder ein Gegenleistungsverhältnis noch ähnlich unterscheidungskräftige besondere Belastungsgründe eine Konkurrenz der Abgabe zur Steuer ausschließen. Sie schaffen trotz ihrer Ähnlichkeit mit den Steuern neben diesen und außerhalb der Grundsätze steuergerechter Verteilung der Gemeinlasten zusätzliche Sonderlasten und gefährden in den Fällen organisatorischer Ausgliederung des Abgabenaufkommens und seiner Verwendung aus dem Kreislauf staatlicher Einnahmen und Ausgaben zugleich das Budgetrecht des Parlaments. Wegen dieser Gefährdungen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen sowie des parlamentarischen Budgetrechts unterliegen Sonderabgaben engen Grenzen und müssen gegenüber den Steuern seltene Ausnahmen bleiben (stRspr; vgl. BVerfGE 55, 274 ≪308≫; 108, 186 ≪217≫ m.w.N.; 113, 128 ≪149 f.≫).
Danach darf sich der Gesetzgeber der Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Mit einer Sonderabgabe darf nur eine homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht und der deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann. Das Abgabenaufkommen muss gruppennützig verwendet werden. Zusätzlich muss der Gesetzgeber im Interesse wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren (vgl. BVerfGE 108, 186 ≪218 f.≫) und ihre sachliche Rechtfertigung in angemessenen Zeitabständen überprüfen (vgl. BVerfGE 55, 274 ≪308≫). Zwischen der spezifischen Beziehung oder auch Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Zweck der Abgabenerhebung, einer daraus ableitbaren Finanzierungsverantwortung und der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens besteht eine besonders enge Verbindung. Sind Sachnähe zum Zweck der Abgabe und Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe der Abgabepflichtigen gegeben, so wirkt die zweckentsprechende Verwendung des Abgabenaufkommens zugleich gruppennützig, entlastet die Gesamtgruppe der Abgabenschuldner nämlich von einer ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Aufgabe. Die Erfüllung dieser Merkmalsgruppe in ihrem Zusammenspiel bildet zugleich den entscheidenden Rechtfertigungsgrund für eine zu der Gemeinlast der Steuern hinzutretende Sonderlast und sichert so die Wahrung verhältnismäßiger Belastungsgleichheit (vgl. zuletzt m.w.N. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 ≪2024≫).
bb) Der Jahresbeitrag nach § 8 Abs. 2, 3 EAEG erfüllt die Voraussetzungen einer verfassungsrechtlich zulässigen Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion.
(1) Die Abgabenerhebung verfolgt einen Sachzweck, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Die obligatorische Zugehörigkeit zu einer der Entschädigungseinrichtungen ist Bestandteil des für den Zugang der betroffenen Institute zu den Finanzmärkten bestehenden Zulassungssystems (§ 32 Abs. 3, 3a, § 35 Abs. 1 Satz 2 KWG) und so Teil der gesetzlichen Finanzmarktregulierung.
Nach Ziffern 4, 5 und 6 der Erwägungsgründe zur Anlegerentschädigungsrichtlinie (Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABl Nr. L 084, S. 22), deren Umsetzung zusammen mit der Einlagensicherungsrichtlinie (Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme, ABl Nr. L 135, S. 5) das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz dient (BTDrucks 13/10188, S. 12), werden als Regelungsziel der Schutz der Anleger und die Erhaltung des Vertrauens in das Finanzsystem als wichtige Aspekte der Vollendung und des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes genannt. Insbesondere soll den Anlegern durch den harmonisierten Mindestschutz der vertrauensvolle Zugang zu Wertpapierdienstleistungen EU-ausländischer Wertpapierfirmen verschafft und Wertpapierfirmen der grenzüberschreitende Vertrieb von Wertpapierdienstleistungen innerhalb der EU ohne die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einem Anlegerentschädigungssystem außerhalb ihres Heimatlandes ermöglicht werden.
(2) Die Homogenität der Gruppe derjenigen Institute, die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EAEG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 EAEG der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen zugeordnet sind, ist im Wesentlichen gemeinschaftsrechtlich vorstrukturiert. In dieser Gruppe sind alle Unternehmen erfasst, die keine Einlagenkreditinstitute sind, aber aufgrund ihrer Erlaubnis Wertpapierdienstleistungen erbringen. Dies folgt aus den Regelungen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl Nr. L 141, S. 27), die sich nach Art. 1 Nr. 2 auf die Wertpapierfirmen erstrecken, das sind in der Regel juristische Personen, die im Rahmen ihrer üblichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig für Dritte Wertpapierdienstleistungen im Sinne des Abschnitts A Nrn. 1 bis 4 des Anhangs der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie erbringen. Von der Gruppe der Wertpapierfirmen sind die Einlagenkreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 EAEG durch die Einlagensicherungsrichtlinie abgegrenzt. Diese Richtlinie erfasst nach ihrem Art. 1 Nr. 4 Kreditinstitute als Unternehmen, deren Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren. Im deutschen Recht sind das die Einlagenkreditinstitute nach § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG, die nach ihrem Erlaubnisgegenstand das Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG und das Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG betreiben dürfen.
(3) Die gemeinschaftsrechtlich vorstrukturierte Gruppe der Wertpapierhandelsunternehmen ist gerade im Hinblick auf die finanzverfassungsrechtlich entscheidende Sachnähe und Finanzierungsverantwortung für die mit der Abgabenerhebung verfolgten Ziele homogen.
(a) Allerdings folgt eine Finanzierungsverantwortung der Wertpapierhandelsunternehmen nicht schon unmittelbar aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Anlegerentschädigungsrichtlinie. Entgegen dem Vorbringen der Bundesregierung lassen sich insbesondere auch Erwägungsgrund Nr. 9 und Art. 2 Abs. 3 der Anlegerentschädigungsrichtlinie nicht als bindende Vorgabe für das Finanzierungskonzept des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes heranziehen, denn dort geht es mit Blick auf Überschneidungsbereiche im Verhältnis der Richtlinie zur Anlegerentschädigung und zur Einlagensicherung nur um die Vermeidung doppelter Zuordnung von Instituten zu verschiedenen Sicherungseinrichtungen und doppelter Entschädigung von Forderungen. Im Übrigen äußert sich die Richtlinie gerade nicht verbindlich und abschließend zur Finanzierung, sondern geht in Erwägungsgrund Nr. 23 zwar von einer grundsätzlichen Finanzierungspflicht der Wertpapierfirmen aus, normiert aber nicht ein entsprechendes Regelungsziel.
(b) Gleichwohl begründet die gemeinschaftsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 der Anlegerentschädigungsrichtlinie zwingend vorgegebene Pflicht des Anschlusses grundsätzlich aller zu Wertpapiergeschäften zugelassenen Unternehmen an ein Entschädigungssystem bereits eine besondere Nähe zu den Schutz- und Sicherungszielen der Anlegerentschädigung. Diese Grundpflicht ist auch unabhängig von weiteren gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, etwa den Regelungen zu staatlichen Beihilfen nach Art. 87 ff. EG, im Ergebnis als ein wesentliches Element einer auch finanzverfassungsrechtlich erheblichen spezifischen Sachnähe der Wertpapierhandelsunternehmen zu werten.
(c) (aa) Für die erforderliche Sachnähe der Abgabepflichtigen zu der zu finanzierenden Aufgabe stellt das Bundesverwaltungsgericht unter anderem darauf ab, „dass die Entschädigungseinrichtung der Absicherung der Risiken dient, die gerade auf die Tätigkeit der Institute in einem risikoempfindlichen Markt zurückzuführen sind und die Institute zu einer Risikogemeinschaft werden lassen” (BVerwGE 120, 311 ≪323≫). Dem ist zuzustimmen mit der Maßgabe, dass sich diese Aussage nicht ohne weiteres begrenzen lässt auf die spezifischen Risiken, die mit der Tätigkeit der Wertpapierhändler verbunden sind. Auch die Einlagenkreditinstitute sind mit ihren (rechtlich nicht verselbständigten) entsprechenden Abteilungen unmittelbar auf dem Markt des Wertpapierhandels tätig und teilen auch im Übrigen mit den Wertpapierhandelsunternehmen die Eigenschaft als Akteure auf dem Finanzmarkt, die ebenfalls gemeinschaftsrechtlich zwingend grundsätzlich einem Entschädigungssystem angeschlossen sein müssen. Dem entsprechend hat der Senat (BVerfG, Beschluss vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 ≪2024≫) in seiner Entscheidung zur Finanzierung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in den Aufsichtsbereichen Kredit- und Finanzdienstleistungswesen und Wertpapierhandel die spezifischen Risiken des Finanzmarkts insgesamt in den Blick genommen und dazu ausgeführt:
„Die mit der Umlage in Anspruch genommene Gruppe der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute und der Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen erbringen, steht zum Sachzweck der Abgabe in einer spezifischen Beziehung. Die gesonderte Überwälzung der Finanzierungslast findet ihre Rechtfertigung in einer Verantwortlichkeit für die Folgen gruppenspezifischer Zustände und Verhaltensweisen (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 3. Februar 2009 – 2 BvL 54/06 –, DVBl 2009, S. 375 ≪377≫). Charakteristisch für den Finanzmarkt ist, dass Fehlentwicklungen, denen die Aufsicht vorbeugen soll, nicht nur das einzelne Unternehmen, sondern in besonderem Maße den Markt insgesamt betreffen. Es handelt sich um ein vernetztes Marktsystem wechselseitiger Abhängigkeiten, das in besonderem Maß vom Vertrauen der Marktteilnehmer in hinreichende Kontrollmechanismen abhängig ist. Zutreffend hebt die Begründung zum Regierungsentwurf des Kreditwesengesetzes (vgl. BTDrucks 3/1114, S. 19) hervor, dass der Finanzmarkt wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig für seine Tätigkeit das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheit und das solide Geschäftsgebaren des gesamten Gewerbes zur Voraussetzung hat. Denn führen Schwierigkeiten eines Instituts zu Verlusten der Einleger, kann dadurch leicht auch das Vertrauen in die anderen Institute beeinträchtigt werden. Außerdem wirken sich ernstere Schwierigkeiten im Finanzmarkt wegen dessen volkswirtschaftlich zentraler Stellung erfahrungsgemäß auch auf andere Wirtschaftszweige aus. Wie bereits die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Bankenkrise 1931 gezeigt haben, kann der Zusammenbruch eines Großinstituts das Wirtschaftsgefüge eines ganzen Landes in schwere Gefahr bringen. Die Aufsicht dient der Bewältigung dieser marktspezifischen Risiken und bildet eine wesentliche Rahmenbedingung desjenigen Marktes, auf dem die in Anspruch genommenen Unternehmen tätig sind (vgl. auch Bundesverband Deutscher Banken ≪Hrsg.≫, Zur Arbeit, Finanzierung und Beaufsichtigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ≪BaFin≫ anlässlich der Erstellung des BaFin-Erfahrungsberichts der Bundesregierung, Dezember 2006, S. 1, 12). Deshalb ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den Marktteilnehmern eine besondere Finanzierungsverantwortung hierfür zugewiesen hat.”
Diese Erwägungen gelten entsprechend auch für die vorliegend fragliche Finanzierungsverantwortung für Ausfallrisiken gegenüber den Anlegern. Die Entschädigungssysteme sind ein die Finanzmarktaufsicht ergänzendes Instrument zur Stabilisierung des für funktionsfähige Finanzmärkte essentiellen gegenseitigen Vertrauens, und wie bei den Aufsichtskosten findet auch die Finanzierungslast für eine Ausfallhaftung in Fällen der Insolvenz eines Unternehmens ihre Rechtfertigung in einer Verantwortlichkeit für die Folgen gruppenspezifischer Zustände und Verhaltensweisen.
(bb) Der Einwand, es gehe bei der Anlegerentschädigung (anders als bei der Einlagensicherung) nicht um die allgemeinen Finanzmarktrisiken, sondern um spezifische Risiken deliktischen Verhaltens, wie sie – nur – für den Markt der Wertpapierhändler charakteristisch seien, kann nicht überzeugen. Zwar verweist der Erwägungsgrund Nr. 3 zur Anlegerentschädigungsrichtlinie auf die notwendige entschädigungsrechtliche Ergänzung der aufsichtsrechtlichen Regelungen, da kein Aufsichtssystem einen vollständigen Schutz bieten könne, „vor allem in Fällen, in denen Betrügereien begangen werden”. Dies lässt sich jedoch nicht als eine Einschätzung der Deliktsgefahren speziell beim Marktverhalten der Wertpapierhändler oder gar als Ausdruck unterschiedlicher Zielsetzungen der Einlagensicherung einerseits und der Anlegerentschädigung andererseits deuten. Die Anlegerentschädigung ist dem Modell der Einlagensicherung nachgebildet, und für beide Instrumente der Marktstabilisierung wurde deren Ergänzungsfunktion gegenüber der Marktaufsicht hervorgehoben (vgl. zur „unentbehrliche(n) Ergänzung des Systems der Bankenaufsicht” am Ende der Erwägungsgründe zur Einlagensicherungsrichtlinie). Vorrangiges Ziel der einschlägigen Richtlinien war die Harmonisierung der Instrumente des Anlegerschutzes in den Mitgliedstaaten zur Förderung eines grenzüberschreitenden fairen Wettbewerbs durch Schutz der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Angesichts der zentralen Funktion der Einlagenkreditinstitute und der bereits fortgeschrittenen Entwicklung unterschiedlicher Sicherungssysteme für solche Institute wurden für deren Bereich diese Harmonisierungsaufgaben vorrangig wahrgenommen, während die gemeinschaftsrechtliche Regulierung auch des Wertpapierhandels erst anschließend stattfand, korrespondierend mit dessen dynamisch wachsender Bedeutung, unter anderem im Zusammenhang mit der Entwicklung der sogenannten Finanzinnovationen.
Aussagen über eine spezielle Gefährdung des Wertpapierhandels durch deliktisches Verhalten bleiben zwangsläufig spekulativ (vgl. auch Bigus/Leyens, Reform der Anlegerentschädigungseinrichtungen und Einlagensicherungssysteme in Deutschland, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen, Bern/Hamburg, 28. April 2008, S. 57), und Zahlen über festgestellte Delikte sind mangels Kenntnis möglicher Dunkelziffern kaum aussagekräftig, wie auch die Abgrenzung zwischen noch vertretbarer und nicht mehr verantwortlicher Risikoneigung außerordentlich schwierig zu bestimmen ist.
(d) Trotz übergreifender, alle Institutsgruppen betreffenden Finanzmarktrisiken ist es mit den Anforderungen an Sachnähe und Finanzierungsverantwortung einer homogenen Gruppe jedenfalls im Ansatz, soweit hier entscheidungserheblich, vereinbar, dass der Gesetzgeber keine einheitliche Entschädigungseinrichtung für alle Einlagenkreditinstitute und Wertpapierhandelsunternehmen und damit keine einheitliche Risikogemeinschaft geschaffen, sondern Risikogemeinschaften und Risikozuweisungen gemäß § 6 Abs. 1 EAEG segmentiert hat durch eine Aufteilung in drei verschiedene Institutsgruppen – privatrechtliche und öffentlichrechtliche Einlagenkreditinstitute sowie Wertpapierhandelsunternehmen als „andere Institute” –, die jeweils einer eigenen Entschädigungseinrichtung zugeordnet sind.
(aa) Darauf, ob die Wertpapierhandelsunternehmen den ihnen zugewiesenen Ausfallrisiken „evident” näher stehen als die Einlagenkreditinstitute, kommt es nicht an, denn jedenfalls in der vorliegenden Konstellation ist eine hinreichend spezifische Sachnähe speziell der Wertpapierhandelsunternehmen zu den Insolvenzrisiken von Mitgliedern ihrer Gruppe zu bejahen.
Die bisherige Sonderabgabenjudikatur bezieht sich mit den Formulierungen zum Erfordernis einer „evidenten” (so BVerfGE 55, 274 ≪306≫; 67, 256 ≪276≫; 82, 159 ≪180≫), „besonderen” oder „spezifischen” Sachnähe (BVerfGE 108, 186 ≪222≫ m.w.N.) auf den Vergleich zwischen der abgabepflichtigen Gruppe und anderen, nicht abgabepflichtigen Gruppen sowie vor allem auf den Vergleich zwischen der abgabepflichtigen Gruppe und der Allgemeinheit der Steuerzahler. Die besondere Nähe zu einer Sachaufgabe, die zu einer Finanzierungsverantwortung führen kann, bezieht sich danach auf ein Entweder-Oder zulässiger oder unzulässiger Sonderbelastung außerhalb der Regeln der Finanzverfassung.
Diese Konstellation ist vorliegend jedoch nur im Verhältnis der Wertpapierhandelsunternehmen zu einer besonderen Teilgruppe der Einlagenkreditinstitute gegeben, nämlich im Verhältnis zu jenen Unternehmen, die aufgrund der Ermächtigungen nach Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Anlegerentschädigungsrichtlinie und Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Einlagensicherungsrichtlinie gemäß § 12 EAEG von der Pflicht, einer Entschädigungseinrichtung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz zugeordnet zu sein, befreit sind. Dies sind solche Institute, die bereits einer – „amtlich anerkannten” (Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Einlagensicherungsrichtlinie) – institutssichernden Einrichtung zugeordnet sind, nämlich die regionalen Sparkassen und Giroverbände sowie die Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Dieser Teilgruppe gegenüber lässt sich allerdings zwanglos begründen, warum die Wertpapierfirmen den Risiken der Insolvenz eines am Finanzmarkt tätigen Unternehmens evident näher stehen als jene befreiten Institute: „Institutssichernd” bedeutet, dass „Liquidität und Solvenz” durch die Sicherungseinrichtung „gewährleistet” sind (§ 12 Abs. 1 EAEG), was der speziellen Aufsicht und Prüfung durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen unterliegt (§ 12 Abs. 2 EAEG).
Mit Ausnahme dieser besonderen Banken und Sparkassen, die einer institutssichernden Einrichtung angeschlossen sind, geht es jedoch im Übrigen nicht um ein Entweder-Oder zulässiger oder unzulässiger Belastung mit Sonderabgaben, sondern um die nähere Ausgestaltung einer derartigen Sonderbelastung. Alle zum Finanzmarkt zugelassenen Institute werden für eine Ausfallhaftung im Interesse des Schutzes der (Klein-) Anleger herangezogen. Allen wird eine Finanzierungsverantwortung für die Stabilität des Finanzmarktes durch Vertrauen in die Sicherheit der Anlagen zugerechnet. Die Separierung oder Segmentierung dieser Risikozuweisungen nach unterschiedlichen Institutsgruppen stellt sich als eine differenzierende Ausgestaltung der für alle Gruppen begründeten Finanzierungsverantwortung dar. Sie zielt nicht etwa auf eine unterschiedlich hohe Belastung der Institutsgruppen und bewirkt dies auch nicht ohne weiteres. Vielmehr entfaltet die Bildung von Untergruppen, innerhalb deren eine Ausfallhaftung jeweils nur für die eigenen Mitglieder begründet ist, jedenfalls auch belastungsbegrenzende Wirkung, solange die jeweiligen Untergruppen sachgerecht gegenseitig abgegrenzt werden. Eine derartige Segmentierung von Risikozuweisungen kann grundsätzlich ergebnisoffen sein. Insbesondere dann, wenn sie auf unterschiedlichen institutionellen und rechtlichen Strukturen der verschiedenen Gruppen in sachgerechter Weise aufbaut, kann deshalb eine solche Segmentierung auch nach Sinn und Zweck der strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung von Sonderabgaben vertretbar sein, denn es geht hierbei nicht um die Grundentscheidung über eine Sonderbelastung, sondern um deren sach- und zweckgerechte Ausgestaltung, für die dem Gesetzgeber ein angemessener Gestaltungsspielraum einzuräumen ist.
(bb) Die allgemeinen Grenzen dieses Gestaltungsspielraums sind vorliegend nicht näher zu bestimmen, denn der Gesetzgeber hat solche Grenzen mit der Regelung der Jahresbeiträge nach § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EAEG jedenfalls nicht überschritten. Vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung der Einlagensicherung in Deutschland wie auch der gemeinschaftsrechtlichen Regulierung der Finanzmärkte stellt sich die Aufteilung der Ausfallrisiken auf die unterschiedlichen Institutsgruppen im Ansatz als eine sach- und zweckgerechte Lösung dar.
Ob entsprechend den Stellungnahmen der Bundesregierung und der im Zentralen Kreditausschuss vertretenen Verbände mit Blick unter anderem auf das zunehmend ausgebaute Risikomanagement der großen Banken und auf die unterschiedlichen Rechtsregime, insbesondere etwa zum Eigenkapital, von unterschiedlichen Risikostrukturen bei den Einlagenkreditinstituten im Vergleich mit den Wertpapierhandelsunternehmen zu sprechen ist, die bereits eine jeweils unterschiedliche Sachnähe und Finanzierungsverantwortung begründen könnten, kann dahinstehen. Jedenfalls die unterschiedliche historische Entwicklung von vertrauensschützenden Sicherungssystemen, die ihren Niederschlag auch in der Entwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtslage gefunden hatte, liefert tragfähige sachliche Rechtfertigungsgründe für die Segmentierung der Ausfallrisiken: Während sich die Mehrzahl der Einlagenkreditinstitute 1976, im Anschluss an die Insolvenz der Herstatt-Bank im Jahr 1974, auf die Schaffung einer freiwilligen Einrichtung zur Einlagensicherung geeinigt hatte und später auch die öffentlichrechtlichen Banken Vorkehrungen zum Schutz der Anleger geschaffen hatten (dazu etwa Sethe, Einlagensicherung und Anlegerentschädigung, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 25 Rn. 10 ff.), gab es keine vergleichbaren Einrichtungen bei den (reinen) Wertpapierhandelsunternehmen. Damit hatte sich auf dem privaten Bankensektor bereits ein spezieller, auf unternehmerischen Eigeninteressen beruhender Solidarverband als eine markante Untergruppe der am Finanzmarkt tätigen Unternehmen gebildet. Die gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung betraf angesichts unterschiedlicher Sicherungssysteme in den Mitgliedstaaten zunächst gerade auch diesen Bereich der Einlagensicherung. Die Anlegerentschädigungsrichtlinie folgte dem – gleichsam für den „Rest” des Finanzmarktes – zeitlich nach. Hätte der deutsche Gesetzgeber zunächst nur die Einlagensicherungsrichtlinie (von 1994) zeitgerecht umgesetzt, so hätten wohl kaum Zweifel an der (auch verfassungsrechtlichen) Sachgerechtigkeit der finanziellen Inpflichtnahme – zunächst nur – der Einlagenkreditinstitute aufkommen können. Im Ergebnis sachgerecht bleibt die Aufteilung in unterschiedliche Solidarverbände aber auch im Rahmen der zeitlich verzögerten Umsetzung zusammen mit der Anlegerentschädigungsrichtlinie (von 1997) im Jahr 1998.
Die Ausgestaltung funktionsfähiger Entschädigungssysteme auf dem Finanzmarkt stellt eine außerordentlich komplexe Aufgabe dar (dazu informativ Bigus/Leyens, Reform der Anlegerentschädigungseinrichtungen und Einlagensicherungssysteme in Deutschland, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen, Bern/Hamburg, 28. April 2008, insb. S. 28 ff., 46 ff., zusammenfassend S. 157 ff.). Der Gesetzgeber hat mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz im Jahr 1998 regulatorisches Neuland betreten, auf dem Einschätzungen und Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind. Vor dem Hintergrund der spezifisch unterschiedlichen Ausgangssituation der Einlagenkreditinstitute auf der einen Seite und der „anderen” Institute (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EAEG) auf der anderen Seite war die Anknüpfung an erprobte organisatorische Strukturen bereits vorhandener Entschädigungseinrichtungen mit der korrespondierenden Bildung unterschiedlicher Institutsgruppen in dieser Situation dem Grunde nach gut vertretbar. Der Gesetzgeber konnte im Hinblick auf die Eignung der Bildung unterschiedlicher Institutsgruppen nach allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen einen gewissen Einschätzungs- und Prognosespielraum für sich in Anspruch nehmen (vgl. BVerfGE 110, 141 ≪157 f.≫ m.w.N.). Ob die Erfahrungen mit dem späteren Entschädigungsfall von der ganz außergewöhnlichen Größenordnung der Phönix Kapitaldienst GmbH mit anfangs rund 29.400 Anmeldungen von Entschädigungsansprüchen (näher dazu etwa Tätigkeitsbericht 2008 der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen, S. 9, 11 ff., www.e-d-w.de) zwischenzeitlich zu einer Verengung dieses Spielraums geführt haben, bedarf hier keiner Entscheidung, da dies jedenfalls nicht die Rechtmäßigkeit der in den Streitjahren 1999 bis 2001 geltenden Entschädigungsregelung betrifft.
Deshalb lassen auch die kritischen Bemerkungen des Bundesrechnungshofs aufgrund seiner Prüfung der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen im Jahr 2007 (BTDrucks 16/11000, S. 107 ff.) keine Rückschlüsse auf die Sachgerechtigkeit des Entschädigungskonzepts in den Streitjahren zu. Diese Bemerkungen bestätigen die unsichere Datenlage zur Zeit des Gesetzgebungsverfahrens und beziehen sich in erster Linie auf die schwierige Bewältigung des Entschädigungsfalls der Phönix Kapitaldienst GmbH, der im Jahr 2005 festgestellt wurde und erstmalig zur Erhebung von Sonderbeiträgen im Dezember 2007 geführt hatte. Entsprechendes gilt für die generellen Rügen der Vereinbarkeit des gesetzlichen Konzepts der Anlegerentschädigung mit Gemeinschaftsrecht und Verfassungsrecht mangels Funktionsfähigkeit der Entschädigungseinrichtung. Unabhängig davon, wieweit dieser Vorwurf im Hinblick auf die Bewältigung der Entschädigungsaufgaben im Anschluss an die Phönix-Insolvenz überhaupt zutrifft, stellt er jedenfalls die Eignung der Jahresbeiträge zur Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen, die Zwecke des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes in den Streitjahren zu fördern, trotz des fehlenden Verbundes mit anderen Entschädigungseinrichtungen nicht grundsätzlich in Frage.
(cc) Allerdings ist die Sachgerechtigkeit des Konzepts der Aufteilung der Ausfallrisiken auf die unterschiedlichen Institutsgruppen ohne weiteres nur im Ansatz begründet. Angesichts des gruppenübergreifenden Interesses am marktstabilisierenden Vertrauen von Anlegern und angesichts der institutionellen und sachlichen gegenseitigen Verflechtungen zwischen dem Wertpapierhandel und dem Einlagenkreditgeschäft erscheint es problematisch, wenn das Maß der Inpflichtnahme der verschiedenen Unternehmensgruppen durch eine Ausfallhaftung jeweils für ihre eigenen Gruppenangehörigen mittel- und langfristig gravierende Niveauunterschiede aufweist. Fraglich ist deshalb, ob nicht gewährleistet sein muss, dass die Kostenbelastung für die Vorsorgemaßnahmen zur Erhaltung des Vertrauens in den Finanzmarkt insgesamt fair und verhältnismäßig gleich verteilt ist, und nicht eine Gruppe mit sehr hohen Kosten belastet wird, während eine andere Gruppe weitgehend verschont bleibt, trotzdem aber zumindest mittelbar Nutzen aus stabilisierenden Effekten der Haftungsleistungen anderer ziehen kann.
Im hier anhängigen Verfahren ist zu dieser sehr komplexen Fragestellung jedoch nicht zu entscheiden: Vorliegend geht es um die Streitjahre 1999, 2000 und 2001, also um die unmittelbar dem Inkrafttreten des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes im Jahr 1998 folgenden Jahre. Eine mögliche Überlastung speziell der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen durch Entschädigungspflichten wurde als Problem erst im Zusammenhang mit dem spektakulären Phönix-Fall akut, also mit oder kurz vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2005. Erst dieser Fall gab Anlass zur Erhebung von Sonderbeiträgen, da das zuvor angesammelte Vermögen der Entschädigungseinrichtung für die Erfüllung der Entschädigungsansprüche der Anleger nicht ausreichte.
Selbst dann aber, wenn man von einer verfassungsrechtlichen Pflicht des Gesetzgebers ausgeht, dafür zu sorgen, dass es mittel- und langfristig zu einer insgesamt fairen und verhältnismäßig gleichen Risikoaufteilung zwischen den verschiedenen Institutsgruppen kommt, wäre die Verfassungsmäßigkeit der vorliegend angegriffenen Jahresbeiträge in den Jahren 1999 bis 2001 hiervon nicht berührt. In dieser Zeit wurden von den Wertpapierhandelsunternehmen lediglich Jahresbeiträge in einem Umfang erhoben, der im Verhältnis zu den Jahresbeiträgen der Einlagenkreditinstitute weder von der Beschwerdeführerin als ungleichgewichtig gerügt wurde noch gravierende Ungleichgewichte erkennen lässt.
(e) Sachnähe und Finanzierungsverantwortung der Wertpapierhandelsunternehmen sind auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die finanzielle Inpflichtnahme der zur Entschädigungseinrichtung verbundenen Institute in der Sache eine Verantwortungszurechnung – auch – für die Folgen fremden Fehlverhaltens bedeutet.
Die spezifischen Finanzmarktrisiken, um deren Bewältigung es bei der Anlegerentschädigung wie bei der Einlagensicherung geht, werden nicht nur durch objektive Gegebenheiten, etwa wechselseitige Abhängigkeiten mit der Gefahr von Dominoeffekten, sondern auch durch subjektive, individuelle Zielsetzungen und Verhaltensweisen der Beteiligten einschließlich krimineller Verhaltensweisen beeinflusst. Dies schließt die Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe jedoch nicht aus. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Solidarfonds Abfallrückführung (BVerfGE 113, 128 ≪152≫) schließen es die Grundsätze über die Zulässigkeit von Sonderabgaben nicht von vornherein aus, über eine solche Abgabe im Wege sogenannter Fondslösungen auch die Beseitigung der Folgen von Fehlverhalten – beispielsweise umweltschädigendem Verhalten – in Fällen zu finanzieren, in denen die in erster Linie Verantwortlichen nicht herangezogen werden können, weil sie nicht auffindbar oder nicht zahlungsfähig sind oder aus anderen Gründen eine effektive individuelle Schadenszurechnung nicht möglich ist. Voraussetzung dafür ist aber unter anderem, dass es sich, zumindest im Wesentlichen, um eine Ausfallverantwortung für das Verhalten von Angehörigen gerade derjenigen Gruppe handelt, die zur Finanzierung herangezogen wird.
Bei den vorliegend zu beurteilenden Jahresbeiträgen ist – anders als beim Solidarfonds Abfallrückführung – die Voraussetzung der Gruppenzugehörigkeit derjenigen, deren Fehlverhalten die Ausfallhaftung der Gruppe auslöst, erfüllt. Zwar leistet ein Wertpapierunternehmen, wenn es insolvent ist, keine Sonderbeiträge mehr. Bis zu diesem Zeitpunkt hat es aber zumindest Jahresbeiträge nach § 8 Abs. 2 EAEG geleistet und damit mögliche zukünftige Entschädigungsfälle, auch den eigenen Entschädigungsfall, mitfinanziert.
(f) Der Gesetzgeber konnte auch jenen Instituten eine Finanzierungsverantwortung zurechnen, deren Kundenkreis sich tatsächlich, wie derjenige der Beschwerdeführerin, ausschließlich auf sogenannte institutionelle Anleger beschränkt, die im Entschädigungsfall gemäß § 3 Abs. 2 EAEG nicht anspruchsberechtigt sind.
Wenn der Gesetzgeber nicht auf die je konkrete Tätigkeit, sondern auf den nach der Zulassung möglichen Tätigkeitskreis abstellt, so ist das, auch mit Blick auf die Typisierungsbefugnis des Sonderabgabengesetzgebers (vgl. BVerfGE 82, 159 ≪185 f.≫; 108, 186 ≪226≫), verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Abgabepflicht fungiert als ein die Finanzmarktaufsicht ergänzendes Instrument der Finanzmarktregulierung und erfasst deshalb die Institute je nach dem Zuschnitt ihrer Zulassung zum Markt. Angesichts der Möglichkeit der Institute, innerhalb der aufsichtsrechtlichen Zulassung jederzeit das eigene Geschäftsfeld einzuschränken oder auszuweiten, wäre ein Abstellen auf die konkrete Tätigkeit weder praktikabel noch mit einer sicher planbaren finanziellen Ausstattung der Sicherungseinrichtungen vereinbar. Besonderheiten des jeweils tatsächlichen Geschäftsfeldes werden danach konsequent – nur – bei der Bemessungsgrundlage der Abgabe gemäß § 2 Abs. 2 BeitragsVO dadurch berücksichtigt, dass die Geschäfte mit nicht entschädigungsberechtigten Anlegern nur zu 10% in die Bemessungsgrundlage der Abgabe einzustellen sind.
(g) Auch die Einbeziehung solcher Institute in den Kreis der Abgabepflichtigen, die nach ihrer Erlaubnis nicht befugt sind, sich Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren ihrer Kunden zu verschaffen, ist nicht zu beanstanden. Einerseits trägt die Einbeziehung möglichen Überschreitungen des aufsichtsrechtlich Erlaubten Rechnung, andererseits bewirkt die Ausfallhaftung der Gesamtgruppe auch diesen Instituten gegenüber den Vorteil der marktstabilisierenden Stärkung des Kundenvertrauens in redliches Geschäftsgebaren.
(4) Das Erfordernis gruppennütziger Verwendung des Aufkommens aus der Sonderabgabe ist ebenfalls erfüllt.
Die Jahresbeiträge zur Finanzierung der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen finden ihre Rechtfertigung in einer Verantwortlichkeit für die Folgen gruppenspezifischer Zustände und Verhaltensweisen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 ≪2024≫). Die zweckentsprechende Verwendung des Abgabenaufkommens wirkt zugleich gruppennützig, entlastet die Gesamtgruppe der Abgabenschuldner nämlich von einer ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Aufgabe (vgl. BVerfGE 113, 128 ≪150 f.≫; 122, 316 ≪335≫; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 12 Mai 2009 – 2 BvR 743/01 –, NVwZ 2009, S. 1030 ≪1031≫; Beschluss des Zweiten Senats vom 16. September 2009 – 2 BvR 852/07 –, WM 2009, S. 2023 ≪2025≫).
Für Zweifel an der zweckgerechten Verwendung des Abgabenaufkommens im Sinn der Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlagen für die Erhebung der Jahresbeiträge fehlen Anhaltspunkte. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 EAEG müssen die Beiträge der Institute die Ansprüche gegen die Entschädigungseinrichtung, die entstehenden Verwaltungskosten und sonstige Kosten, die durch die Tätigkeit der Entschädigungseinrichtung entstehen, decken. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung im Anschluss an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 108, 186 ≪230≫) bereits festgestellt hat, sind diese Verwendungsbestimmungen verfassungsrechtlich unbedenklich, da es sachlich gerechtfertigt ist, dass durch die Sonderabgabe auch Tätigkeiten entgolten werden, die, wie die Abgabenerhebung und die Durchführung des Entschädigungsverfahrens, mit der Abgabe in einem engen funktionalen Zusammenhang stehen. Soweit die Beschwerdeführerin eine überhöhte Bemessung von Verwaltungskosten rügt, betrifft dies die Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit der Anwendung des Gesetzes (nachfolgend unter 4.), nicht die Vereinbarkeit des Gesetzes selbst mit den Anforderungen an zulässige Sonderabgaben.
(5) Für die unmittelbar dem Jahr des Inkrafttretens des Gesetzes folgenden Streitjahre 1999 bis 2001 besteht kein Anlass, von einer besonderen, möglicherweise verletzten Prüfungspflicht des Gesetzgebers auszugehen; zudem wurde bereits im Jahr 2000 die erste, vorliegend anwendbare, Änderungsverordnung erlassen. Eine zusätzliche Dokumentationspflicht war in den Streitjahren noch nicht zu beachten.
3. Die Ermächtigung zur Erhebung von Jahresbeiträgen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz ist mit den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine unzureichende gesetzliche Bestimmung und Begrenzung der Abgabenpflicht ausschließlich im Hinblick auf die Sonderbeiträge nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG. Über die Begründetheit dieser Rüge (vgl. aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung VG Berlin, Beschluss vom 17. September 2008 – VG 1 A 74.08 –, Umdruck, S. 29 ff. = WM 2008, S. 2113 ≪2119 ff.≫) ist hier wegen deren Unzulässigkeit nicht zu entscheiden.
Für die Jahresbeiträge bestimmt § 8 Abs. 3 EAEG, dass das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung nach Anhörung der Entschädigungseinrichtungen unter besonderer Berücksichtigung von Art und Umfang der gesicherten Geschäfte sowie der Anzahl, Größe und Geschäftsstruktur der der Entschädigungseinrichtung zugeordneten Institute das Nähere regelt. Der Höhe nach ist die Pflicht zur Leistung von Jahresbeiträgen zwar erst durch § 1 Abs. 1 Satz 2 BeitragsVO grundsätzlich begrenzt auf 10% des Jahresüberschusses. Wie in der Entscheidung des Senats zur Umlage für die Altenpflegeausbildung ausgeführt (BVerfGE 108, 186 ≪236≫), ist es jedoch bei kostenorientierten Abgaben, anders als bei Steuern, nicht notwendig, einen Mangel an konturenscharfen, die Höhe der Steuerlast wirksam begrenzenden Zwecken durch spezifische Anforderungen an die Tatbestandsbestimmtheit des Parlamentsgesetzes auszugleichen. Hinreichende Bestimmtheit ist hier herzustellen durch Festlegung der Bemessungsfaktoren für die Kosten, zu deren Deckung die Abgabe erhoben wird. Insoweit fordert das Bestimmheitsgebot auch bei kostenorientierten Sonderabgaben eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt. Dass nach diesen Maßstäben die gesetzliche Regelung der Jahresbeiträge jedenfalls in den Streitjahren den Anforderungen an hinreichende Bestimmtheit genügt, hat das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung (BVerwGE 120, 311 ≪327 ff.≫) eingehend und überzeugend begründet.
4. Die Jahresbeiträge nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EAEG in Verbindung mit §§ 1 und 2 BeitragsVO sind auch im Übrigen mit den materiell-verfassungsrechtlichen Anforderungen an Beeinträchtigungen der freien Berufsausübung, Art. 12 Abs. 1 GG, vereinbar. Die Belastung mit diesen Beiträgen ist verhältnismäßig; insbesondere ist bei einer Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt (vgl. BVerfGE 102, 197 ≪220≫; stRspr). Ob dies auch für die nicht generell, sondern nur nach § 3 Abs. 4 BeitragsVO durch einen individuellen Schutz vor erdrosselnden Wirkungen im Einzelfall beschränkte Erhebung von Sonderbeiträgen gilt, ist hier nicht zu entscheiden. Die hier allein zu beurteilenden Jahresbeiträge in den Jahren 1999 bis 2001, die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BeitragsVO in der hier maßgeblichen Fassung einer Kappungsgrenze von grundsätzlich 10% des Jahresüberschusses unterliegen, bieten keine Anhaltspunkte für unzumutbare Belastungswirkungen im Regelfall der Beitragserhebung. Weitergehende individuelle Belastungswirkungen durch die Jahresbeiträge hat die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht.
Inwieweit die Verhältnismäßigkeit der Belastungswirkungen im Gesetzesvollzug durch die Abgabenregelung bei der grundsätzlich gebotenen generellen Betrachtungsweise durch die Verwendung des Aufkommens für überhöhte Verwaltungskosten in Frage gestellt wird, muss hier nicht abschließend entschieden werden. Jedenfalls für die Streitjahre, die zur Aufbauphase der Entschädigungseinrichtung gehören, sind hinreichende Anhaltspunkte für gesetz- und verfassungswidrig überhöhten Verwaltungsaufwand nicht erkennbar (vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 26. November 2008 – VG 1 A 314.07, BeckRS 2009 34421, S. 13 ff.). Insbesondere die von der Beschwerdeführerin gerügte Relation zwischen Verwaltungskosten und Entschädigungsleistungen ist schon deshalb nicht aussagekräftig, weil es zu den Aufgaben der Entschädigungseinrichtung auch gehört, Mittel für spätere Entschädigungsfälle anzusammeln (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 4 EAEG). Danach kommt auch eine unverhältnismäßige Grundrechtsbeeinträchtigung durch die angegriffenen behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen nicht in Betracht.
II.
Ob auch der Schutzbereich des Eigentums, Art. 14 Abs. 1 GG, durch die Erhebung der Jahresbeiträge betroffen ist, kann offen bleiben, denn jedenfalls scheidet eine Grundrechtsverletzung aus den bereits zur Berufsfreiheit ausgeführten Gründen aus.
III.
Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes, Art. 3 Abs. 1 GG, kommt nicht in Betracht, da dem allgemeinen Gleichheitssatz gegenüber den Rechtfertigungsanforderungen an die Jahresbeiträge als Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion keine strengeren Maßstäbe zu entnehmen sind.
Unterschriften
Voßkuhle, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2269498 |
BVerfGE 2010, 348 |
EWiR 2010, 285 |
WM 2010, 17 |
ZAP 2010, 58 |
ZIP 2010, 168 |
DÖV 2010, 277 |
VersR 2010, 500 |
GuT 2009, 423 |
ZBB 2010, 56 |