Behinderte Kinder
(1) 1Als Kinder, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, kommen nur Kinder in Betracht, die schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sind (§§ 1, 2 SchwbG). 2Ein Kind, das wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, kann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen über das 27. Lebensjahr hinaus ohne altersmäßige Begrenzung berücksichtigt werden.
→Nachweis der Behinderung
(2) 1Der Nachweis der Schwerbehinderung ist nach § 65 Abs. 1 EStDV oder durch Gleichstellungsbescheid des Arbeitsamtes oder durch einen Bescheid über die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach SGB XI, dem BSHG oder diesen entsprechenden Bestimmungen zu führen. 2Besteht im Einzelfall, insbesondere bei seelischen Erkrankungen, die begründete Befürchtung, daß sich das Verfahren zur Erlangung eines amtlichen Nachweises nachteilig auf den Gesundheitszustand und die weitere ärztliche Behandlung des Kindes auswirken könnte, kann der Nachweis auch durch aussagekräftige Gutachten geführt werden. 3Für Kinder, die wegen ihrer Behinderung bereits länger als ein Jahr in einer Kranken- oder Pflegeanstalt untergebracht sind, genügt eine Bestätigung des für die Anstalt zuständigen Arztes, daß das Kind behindert und wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; die Bescheinigung ist nach spätestens fünf Jahren zu erneuern.
→Außerstande sein, sich selbst zu unterhalten
(3) 1Ob das Kind wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen. 2Dabei kommt es nicht nur auf die Unfähigkeit des Kindes an, durch eigene Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sondern auch darauf, ob dem Kind hierfür andere Einkünfte oder Bezüge zur Verfügung stehen. 3R 180eund 190Abs. 5 gelten entsprechend. 4Zu den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes gehören auch Unterhaltsleistungen seines Ehegatten oder früheren Ehegatten. 5Auch eigenes Vermögen des Kindes, das für seinen Lebensunterhalt eingesetzt werden kann, muß berücksichtigt werden, sofern es nicht geringfügig ist; R 190Abs. 3 gilt entsprechend. 6Bezieht das Kind weder Einkünfte aus einer eigenen Erwerbstätigkeit noch Lohnersatzleistungen, kann grundsätzlich von der Unfähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausgegangen werden. 7Dies gilt jedoch nicht, wenn nicht die Behinderung, sondern offensichtlich andere Gründe, z. B. die Arbeitsmarktlage, ursächlich dafür sind, daß das Kind eine eigene Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. 8Ein über 27 Jahre altes Kind, das wegen seiner Behinderung noch in Schul- oder Berufsausbildung steht, ist in jedem Fall als unfähig zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit anzusehen.
Unschädliche Einkünfte und Bezüge des behinderten Kindes
(4) 1Übersteigen die Einkünfte des Kindes und dessen Bezüge, die zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind, nicht den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, daß das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. 2Dieser Betrag erhöht sich um den maßgeblichen Behinderten-Pauschbetrag, soweit das Kind keine besonderen Leistungen für einen behinderungsbedingten Mehrbedarf erhält. 3Dem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, glaubhaft zu machen, daß der Unterhaltsbedarf des Kindes auch durch höhere Einkünfte und Bezüge nicht gedeckt ist. 4Behinderungsbedingter Mehrbedarf ist dabei zu berücksichtigen, soweit das Kind hierfür nicht besondere Leistungen erhält, z. B. Pflegegeld nach § 37 SGB XI, Blindengeld. 5Ist ein Kind in einem Heim untergebracht, bemißt sich sein Unterhaltsbedarf nach den im Zusammenhang mit der Unterbringung anfallenden Kosten (einschließlich Taschengeld, Sonderzuwendungen usw.).