rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Multiplikation des Mindestverzögerungsgeldes mit der Anzahl der Pflichtverletzungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Das FA kann nicht pro von ihm als solcher identifizierter Pflichtverletzung ein Verzögerungsgeld gem. § 146 Abs. 2b AO in Höhe des Mindestbetrages von 2.500 EUR festsetzen (ebenso Hessisches FG v. 8.8.2011 8 V 1281/11).
2. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall wegen erheblicher Verletzung der Mitwirkungspflicht ein über dem Mindestbetrag liegendes Verzögerungsgeld festgesetzt werden kann.
Normenkette
AO § 146 Abs. 2b, § 5; FGO § 102
Nachgehend
Tenor
Die Festsetzung des Verzögerungsgeldes in Höhe von EUR 5 000 vom … 2010 und die Einspruchsentscheidung vom … 2010 werden aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes.
Die Klägerin ist eine im Jahre 2005 gegründete GmbH mit Sitz in …. Der Beklagte ordnete für die Klägerin am 18. September 2009 eine Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2007 über Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer an; am 23. November 2009 erweiterte er die Prüfungsanordnung auf Steuerabzugsbeträge nach § 50a des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Veranlagungszeiträume 2005 bis 2007. Die Prüfung begann am 17. November 2009. Am 24. November 2009 forderte die Prüferin diverse Unterlagen an, darunter die Nachweise über die sonstigen Rückstellungen und die Verträge zwischen der Klägerin und der C. Außerdem bat die Prüferin darum, die Kosten für die D zu erläutern. Am 25. November 2009 bat sie telefonisch insbesondere um den Nachweis für eine im Jahre 2006 gebildete Rückstellung „management creativ 1.2006” in Höhe von EUR 20 000. Am 01. Dezember 2009 stellte sich anlässlich einer Betriebsbesichtigung und Besprechung heraus, dass aufgrund anderweitiger Prüfung durch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen die von dem Beklagten angeforderten Unterlagen erst beschafft werden mussten. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 setzte die Prüferin eine Frist zur Vorlage der Unterlagen bis zum 22. Januar 2010. Die Klägerin reagierte darauf nicht; der Beklagte erinnerte daher mit Schreiben vom 03. Februar 2010 an die Erledigung des Schreibens vom 14. Dezember 2009 nunmehr bis zum 25. Februar 2010. Auch darauf reagierte die Klägerin nicht. Am 23. März 2010 fand die Schlussbesprechung statt, in deren Verlauf die Prüferin wiederum auf die ausstehenden Unterlagen und Erläuterungen hinwies. Am 12. April 2010 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass die Unterlagen unterwegs seien. Am 23. April 2010 gab er an, dass die Unterlagen noch nicht vollständig seien, er sie aber am selben Tage absenden würde. Gleichwohl gingen bei dem Beklagten keine Unterlagen ein. Mit Schreiben vom 12. Mai 2010 forderte der Beklagte die Klägerin erneut auf, die Nachweise für die Bildung der Rückstellung „management creativ 1.2006” sowie die Verträge mit der C (Darlehensverträge, Managementverträge u.ä.) vorzulegen und die Kosten für D zu erläutern. Er setzte eine Frist bis zum 25. Mai 2010 und wies darauf hin, dass er ein Verzögerungsgeld von mindestens EUR 2 500 und maximal EUR 250 000 festsetzen werde, wenn die Klägerin die Unterlagen nicht fristgerecht und vollständig einreichen werde. Die Klägerin kam der Aufforderung nicht nach. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom … 2010 setzte der Beklagte das angedrohte Verzögerungsgeld in Höhe von EUR 5 000 fest. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin folgende Unterlagen nicht eingereicht habe:
- Nachweise für die Bildung der Rückstellung „management creativ 1.2006”
- Verträge zwischen der Klägerin und der C (Darlehensverträge, Managementverträge u.ä.)
- Erläuterung der Kosten für die D.
Die Höhe des Verzögerungsgeldes ergebe sich aus der Dauer der Fristüberschreitung und der dadurch entstandenen Beeinträchtigung für die Beendigung der Außenprüfung.
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … 2010 zurückwies. In der Einspruchsentscheidung erläuterte der Beklagte, dass das Verzögerungsgeld für zwei Pflichtverletzungen, nämlich hinsichtlich des Nachweises der Rückstellung „management creativ 1.2006” und des Nachweises der Kosten für die D festgesetzt und jeweils nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbetrag von EUR 2 500 bemessen worden sei.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Festsetzung des Verzögerungsgeldes unangemessen sei. Sie, die Klägerin, habe der Prüferin im Laufe der Außenprüfung die Gründe für die Verzögerung der Einreichung der Unterlagen bzw. Abgabe der Erläuterungen ...