Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung einer nicht in Deutschland nieder- und zugelassenen Briefkastengesellschaft als nicht vertretungsbefugt für das Steuerverwaltungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine möglicherweise im EU-Ausland niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft, die in Deutschland vor einer Finanzbehörde als Verfahrensvertreter auftreten möchte, ist nicht gem. § 80 Abs. 1 AO vertretungsbefugt, wenn der nicht ausgeräumte Hinweis auf eine Briefkastengesellschaft besteht.
2) Ist der handelnde director dieser Gesellschaft ein wegen Vermögensverfalls nicht mehr zugelassener deutscher Steuerberater, so kann sich die ausländische Gesellschaft auch nicht dergestalt auf die Niederlassungsfreiheit berufen, dass dadurch deutsche Berufsbeschränkungen umgangen werden.
Normenkette
StBerG § 3a Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 4; RL 2005/36/EG Art. 5-6; AO § 80 Abs. 5
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte die Klägerin rechtmäßig als Bevollmächtigte eines Steuerpflichtigen im Verwaltungsverfahren zurückgewiesen hat.
Herr C wird beim Beklagten steuerlich unter der Steuernummer … geführt. Gegen ihn erging unter dem 24.3.2005 die Anordnung einer steuerlichen Betriebsprüfung.
Unter dem Briefkopf „A, Rechnungswesen – Steuern – Finanzierung, Belastingadviseur – Belastingconsulent” und der Adresse, D-Straße …, B-F legte die Klägerin mit einem Schreiben vom 24. Juni 2005 im Namen und Auftrag des Herrn C beim Beklagten einen Einspruch gegen die Prüfungsanordnung dessen vom 24.3.2005 ein. Der Briefkopf weist zum einen ein „Büro F” mit der o .g. Adresse, zum anderen ein „Büro E” in der G-Straat … in E (Niederlande) auf. Die Klägerin hat ihrer Unterschrift unter dem Einspruchsschreiben hinzugefügt „Belastingadviseur, Belastingconsulent, Administriekantoor”.
Der Beklagte erließ am 5. Juli 2005 einen Bescheid, mit dem er die Klägerin als Bevollmächtigte des Herrn C zurückwies; davon unterrichtete der Beklagte Herrn C mit Schreiben vom gleichen Tage. Der an die Klägerin gerichtete Bescheid war ausweislich der Postzustellungsurkunde unter der darin verwendeten Anschrift „H-Str. …, … K” nicht zustellbar. Der Zusteller führtet dazu aus, die Klägerin sei in der Firma nicht zu erreichen; eine Möglichkeit zur Niederlegung sei nicht vorhanden.
Mit Schreiben vom 12. August 2005 legte die Klägerin wegen der Zurückweisung unter Verwendung des oben beschriebenen Briefkopfes Einspruch ein.
Der Beklagte holte daraufhin beim EMA K die Auskunft ein, dass die Klägerin dort unter der Adresse H-Str. … zwar als wohnhaft gemeldet sei; ob sie dort jedoch tatsächlich wohne, könne nur aufgrund eines Ermittlungsauftrags geprüft werden.
Der Klägerin wurde sodann unter ihrer o. g. Adresse in F mittels Einschreiben mit Rückschein (Ausland) am 23. September 2005 der Bescheid des Beklagten vom 15. September 2005 bekannt gegeben.
Darin erklärte der Beklagte zum einen, dass der Einspruch gegen die Zurückweisung vom 05.07.2005 erledigt sei, da dieser Bescheid nicht wirksam bekannt gegeben worden sei; zum anderen wies der Beklagte in demselben Schreiben die Klägerin wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen unter Berufung auf § 80 Abs. 5 AO zurück.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin sei mit der Einlegung des Einspruchs vom 24. Juni 2005 als Bevollmächtigte im Sinne des § 80 Abs. 1 AO aufgetreten und habe für Herrn C Hilfe in Steuersachen geleistet, ohne dazu befugt zu sein.
Aus den Schreiben vom 24.06. bzw. 12.08.2005 sowie weiteren organisatorischen Vorkehrungen (z.B. Briefpapier) sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Klägerin weiterhin auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen tätig werde bzw. werden wolle. Damit sei die für eine Geschäftsmäßigkeit im Sinne des § 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) ausreichende Wiederholungsabsicht gegeben. Es stehe außer Zweifel, dass die Klägerin nicht dem Personenkreis der § 3 Nr. 1 und § 4 StBerG angehöre, so dass allenfalls eine Befugnis nach § 3 Nr. 4 StBerG in Betracht komme. Dessen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor.
Mit dieser Norm habe der Gesetzgeber einen Ausnahmetatbestand geschaffen, der sich auf Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Art. 50 EG-Vertrag beschränke. Auf deutsche Staatsangehörige, die in einem andern Mitgliedsstaat der EU die Zulassung für eine dem Steuerberaterberuf ähnliche Tätigkeit erlangt hätten, sei diese Vorschrift nicht anwendbar. Diese Rechtslage entspreche europäischem Recht und habe sich durch das 7. StBerÄndG nicht geändert.
Dagegen legte die Klägerin unter dem oben beschriebenen Briefpapier mit Schreiben vom 19.10.2005 – beim Beklagten eingegangen am selben Tage – Einspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen auf die Begründung zum Einspruch vom 12.08.2005 Bezug nahm.
Darin führte die Klägerin aus, sie sei gemäß § 3 Nr. 4 StBerG zur Steuerberatung befugt. Sie erfülle alle Voraussetzungen dieser Norm.
Mit Schriftsatz vom 29.11.2006 – bei Gericht eingegangen am 30.11.2006 – hat die M Ltd. – im Folgenden: Ltd. – unter den o. g. Ad...