rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchensteuer 1993

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger war am 09. Oktober 1980 durch Erklärung vor dem Amtsgericht G. aus der römisch-katholischen (rk) Kirche ausgetreten (Bl. 10 ESt-Akte). Er zog im Jahre 1992 von Bad R. nach V. (V) um und wurde vom nunmehr zuständigen Finanzamt für das Streitjahr 1993 mit der rk Klägerin zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. In der Mitteilung des Finanzamts über die Besteuerungsgrundlagen war hinsichtlich der Religionszugehörigkeit für den Kläger vermerkt „vd” (= ohne Religionszugehörigkeit).

Der Beklagte (das Katholische Kirchensteueramt –KiStA–) wandte sich zwecks Überprüfung der Religionszugehörigkeit an die Gemeinde V und erhielt die schriftliche Auskunft vom 24. Oktober 1994, der Kläger sei rk. Die Frage nach einem Kirchenaustritt des Klägers oder der Klägerin war mit einem Strich beantwortet worden. Die Auskunft wurde am 26. Januar 1995 telefonisch bestätigt (Bl. 2 KiSt-Akte). Die dem KiStA später übermittelte Anmeldung bei der Meldebehörde V, die vom Kläger unterschrieben ist, weist als Religionsmerkmal rk aus (Bl. 11 KiSt-Akte).

Mit Bescheid vom 03. Februar 1995 wurden die Kläger zur KiSt 1993 zusammenveranlagt (KiSt-Schuld: 15.948,90 DM).

In Reaktion auf den die KiSt-Schuld 1993 enthaltenden Vorauszahlungsbescheid vom 12. Mai 1995 setzte der Kläger das KiStA davon in Kenntnis, daß er bereits aus der rk Kirche ausgetreten sei (siehe Kurzmitteilung vom 29. Mai 1995 mit Anlage, Bl. 9 f. KiSt-Akte).

Der Prozeßbevollmächtigte machte in mehreren Schreiben (z.B. vom 07. Juni und 15. November 1995 sowie vom 25. September 1996) geltend, daß der KiSt-Bescheid 1993 nichtig sei.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 17. März 1997 stellte das KiStA fest, der KiSt-Bescheid 1993 sei nicht nichtig.

Mit ihrer Klage halten die Kläger an ihrer Rechtsansicht fest, daß der KiSt-Bescheid 1993 wegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers nichtig sei. Sei eine Person nicht Mitglied einer Kirche, sei sie nicht steuerrechtsfähig. Ein gegen eine nicht steuerrechtsfähige Person ergehender Bescheid sei mit einem schwerwiegenden Fehler behaftet und daher nichtig. Die Rechtsprechung habe hiervon nur insoweit eine Ausnahme gemacht, als der jeweilige Kläger den Irrtum des KiStA über die Religionszugehörigkeit deshalb zu vertreten habe, weil er in seiner ESt-Erklärung über seine Religionszugehörigkeit unzutreffende Angaben gemacht habe. Ein solcher Fall liege hier aber gerade nicht vor, da der Kläger in seiner ESt-Erklärung 1993 seine Nichtzugehörigkeit korrekt angegeben habe. Demgegenüber habe die Falschangabe bei der Meldebehörde nur zweitrangige Bedeutung. Zudem habe sich das KiStA nicht an diese, sondern gem. Art. 2 Abs. 3 des Bayerischen Kirchensteuergesetzes (KirchStG) korrekterweise an das Standesamt wenden müssen.

Wegen der näheren Einzelheiten verweist der Einzelrichter auf die Schriftsätze vom 19. April und 27. Juni 1997.

Die Kläger beantragen,

die Nichtigkeit des KiSt-Bescheid 1993 vom 03. Februar 1995 festzustellen.

Das KiStA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es legt im Schriftsatz vom 26. Mai 1997 dar, weshalb der KiSt-Bescheid 1993 nur anfechtbar, nicht aber nichtig sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Der KiSt-Bescheid 1993 ist nicht nichtig.

Auch das FG München vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Bescheid der KiSt gegen einen nicht oder nicht mehr Konfessionsangehörigen festsetzt, grundsätzlich nur anfechtbar (rechtswidrig), nicht aber nichtig ist.

Nichtig ist ein Verwaltungsakt nur, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so erheblichen Maße verletzt sind, daß von niemand erwartet werden kann, ihn als verbindlich anzuerkennen (siehe Kühn/Hofmann, Abgabenordnung, 17. Aufl., § 125 Anm. 1 b m.w.N.).

Davon kann hier nicht gesprochen werden: Die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft ist kein die Steuerrechtsfähigkeit berührendes Merkmal. Der Austritt aus einer solchen Gemeinschaft besagt vielmehr lediglich, daß der Ausgetretene nicht mehr Beteiligter eines Steuerschuldverhältnisses i.S.d. § 37 ff AO ist. Ein Bescheid der gegen einen Nicht-mehr-Schuldner ergeht, ist grundsätzlich nur anfechtbar und nicht nichtig, wenn aufgrund der gegebenen Umstände das Verhalten der Steuerbehörde bei verständiger Würdigung des Falles nicht als völlig willkürlich beurteilt werden muß. Blanke Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Steuerbehörde positiv weiß, daß der Betroffene aus der Kirche ausgetreten ist und gleichwohl eine KiSt gegen ihn festsetzt in der Hoffnung, er werde den Bescheid schon bestandskräftig werden lassen. In dieser Weise muß auch das bei Kühn/Hofmann (a.a.O.) angeführte Beispiel...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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