Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Datenzugriff gem. § 147 Abs. 6 AO
Leitsatz (amtlich)
Die Anforderung der Überlassung eines Datenträgers mit den Sachkonten des Jahres 2002 im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einer Bank entspricht den gesetzlichen Vorgaben des § 147 Abs. 6 AO; ein Ermessensfehlgebrauch bei der Auswahl der Methode des Datenzugriffs ist nicht zu erkennen. Es ist Sache der Bank, ihre Datenbestände so zu organisieren, dass bei der Herausgabe des Datenträgers keine durch § 30a AO geschützten Daten offenbart werden.
Normenkette
AO § 147 Abs. 6
Tatbestand
Streitig ist, ob und ggf. mit welchem Umfang der Beklagte im Rahmen einer Außenprüfung die Überlassung eines Datenträgers mit einer Kopie der in der EDV-Buchhaltung der Klägerin gespeicherten Sachkonten des Jahres 2002 verlangen kann.
Ende 2002 fusionierte die frühere Raiffeisenbank X e.G. mit der Raiffeisenbank Y e.G., der Klägerin. Mit Schreiben vom 13. November 2003 an die Klägerin wurde durch das Finanzamt X eine Außenprüfung bei der Raiffeisenbank X für die Jahre 1998 bis 2002 angeordnet, die Prüfung sollte Mitte Dezember 2003 beginnen. Ebenfalls am 13. November 2003 wies die Außenprüfungsstelle des Beklagten die Klägerin darauf hin, dass sie beabsichtige, gem. §§ 146 Abs. 5, 147 Abgabenordnung (AO) auf die elektronisch geführten Buchhaltungsunterlagen zuzugreifen. Zur Vorbereitung dieses beabsichtigten Zugriffs übersandte der Beklagte einen Fragebogen zum EDV-System der Klägerin (Bl. 14 der Außenprüfungs-Akte (AP-Akte)). Auf diesem Fragebogen erklärte die Klägerin (Bl. 15 AP-Akte), dass für die Finanzbuchführung EDV-Unterstützung eingesetzt worden sei. Hierzu sei von 1998 bis 2002 die Software "NBS Bankensysteme" der F. AG verwandt worden. Bei der Frage, welche unternehmensbezogenen Anpassungen die Programme erlaubten, wurden die Felder "Kostenrechnungen" und "Verprobungsrechnungen" nicht angekreuzt. Die Daten für die Jahre 1999 bis 2002 würden im derzeitigen EDV-System vorgehalten, die Daten für die Jahre 1998 bis 1999 seien archiviert, könnten aber jederzeit aus dem Archivierungssystem in das aktive EDV-System zurückgespielt werden. Für die Wartung und Pflege der Programme sowie die Archivierung der Daten sei die F AG zuständig.
Am 15. Dezember 2003 wurden Einzelheiten des geplanten Datenzugriffs zwischen dem Prüfer und der von der Klägerin benannten Auskunftsperson, dem Prokuristen W, besprochen. Ausweislich eines Vermerks des Betriebsprüfers über dieses Gespräch (Bl. 19 AP-Akte) wurden dabei die Sachkonten, nicht aber die Personenkonten angefordert. Vermerkt ist ferner, dass die Daten für den laufenden Monat sowie 12 Monate zurück online vorhanden seien. Für das Jahr 2002 sollten die Daten auf CD zur Verfügung gestellt werden. Getrennt hiervon sollten Listen bezüglich Rückstellungsbildungen beim Wachstumssparen angefordert werden. Am 17. Dezember 2003 teilte Herr W dem Prüfer telefonisch mit, dass nach Auffassung des jetzigen Bevollmächtigten der Klägerin der direkten Einsicht in die Datenbestände zugestimmt würde; die Zurverfügungstellung der Daten auf Datenträger werde jedoch als unverhältnismäßig angesehen.
Nach Beginn der Außenprüfung wurden zunächst zwei Prüffelder behandelt (Bl. 45 AP-Akte). Am 27. Mai 2004 fand eine Besprechung zwischen Vertretern der Klägerin und des Beklagten statt (Bl. 32 AP-Akte), die sich mit dem Thema des geforderten Datenzugriffs auseinander setzten. Auch hier vertrat der jetzige Bevollmächtigte der Klägerin die Auffassung, dass eine Überlassung der Daten auf Datenträger u.a. aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht gefordert werden könne.
Mit Verfügung vom 2. Juni 2004 (Bl. 36 AP-Akte) forderte der Beklagte, gestützt auf § 147 Abs. 6 AO, die Vorlage der Sachkonten für das Jahr 2002 sowie der Daten aus der maschinellen Ermittlung der Rückstellungen für Wachstumssparen zum 31. Dezember 2002 auf einem maschinenlesbaren Datenträger. Die Verfügung war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, in der auf die Möglichkeit eines Einspruchs hingewiesen wurde. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Anforderung der Daten zu den Sachkonten der beschleunigten Überprüfung einzelner Prüffelder diene. Da sich die Prüfung aus verfahrensökonomischen Gründen schwerpunktmäßig auf das Jahr 2002 beschränke, würden die Daten nur für dieses Jahr angefordert. Die Überlassung der Daten auf Datenträger werde verlangt, da sie von den drei Möglichkeiten des § 147 Abs. 6 AO am wenigsten in das Datenverarbeitungssystem der Klägerin eingreife und den geringsten Aufwand erwarten lasse.
Am 24. Juni 2004 legte der Bevollmächtigte der Klägerin Einspruch gegen die Aufforderung zur Vorlage der Daten auf einem Datenträger ein (Bl. 41 AP-Akte). Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass in der Besprechung am 27. Mai 2004 erklärt worden sei, dass die Betriebsprüfung weitgehend abgeschlossen sei. Eine Überlassung der genannten Sachkonten auf Datenträger sei daher nicht (mehr) erforderlich. Die Originalunterlagen in Papierform stünden selbst...