Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine gesetzlich angeordnete Schriftform für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden kann durch die elektronische Form ersetzt werden. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, soweit in der entsprechenden Formvorschrift keine abweichende Regelung getroffen ist (§ 87a Abs. 3 Satz 1 AO). Letzteres ist z. B. der Fall, wenn eine Erklärung "auf" einem amtlichen Vordruck abzugeben ist. Hingegen können Erklärungen, die "nach" amtlichem Vordruck abzugeben sind, in elektronischer Form übermittelt werden. Allerdings findet § 87a AO nach § 150 Abs. 1 Satz 2 AO auf Steuererklärungen (§ 150 Abs. 1 Satz 1 AO) – dem wohl wichtigsten Fall, in dem Erklärungen gegenüber der FinVerw "nach" amtlichem Vordruck abgegeben werden – nur eingeschränkt Anwendung, sodass sich jedenfalls theoretisch die Frage stellt, wie Steuererklärungen auf elektronischem Weg übermittelt werden können, wenn die Übermittlung der Erklärung in elektronischer Form nicht gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. § 150 Abs. 7 AO). Die FinVerw bevorzugt hierfür das von ihr zur Verfügung gestellte ELSTER-Verfahren für die elektronische Steuererklärung (www.elsteronline.de oder www.elster.de). Verbindlich ist dies jedoch nicht, sodass auch andere Programme genutzt werden können. In der Praxis hat sich die elektronische Übermittlung von Steuererklärungen mittlerweile bewährt. Darüber hinaus weitet der Gesetzgeber die Verpflichtungen zur Abgabe von Erklärungen in elektronischer Form aus. So sieht z. B. § 5b EStG die elektronische Übermittlung von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen vor. Dabei verweist die einzelsteuergesetzliche Regelung auf § 150 Abs. 7 AO; dort sind die Einzelheiten zur Übermittlung der Daten geregelt (s. § 150 AO Rz. 12). Soweit § 87a AO im Übrigen zur Anwendung kommt, setzt die gesetzliche Regelung in § 87a Abs. 3 Satz 2 AO voraus, dass das Dokument mit einer qualifizierten Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen ist. Ist das Dokument von mehreren Einsendern zu signieren, muss jeder von ihnen das gesamte Dokument getrennt signieren, soweit eine mehrfache elektronische Signatur nicht möglich ist. Im Fall der Einspruchseinlegung (§ 357 AO) ist eine qualifizierte Signatur nicht erforderlich; § 357 Abs. 1 AO lässt die formlose elektronische Einlegung eines Einspruchs zu (vgl. auch AEAO zu § 357 AO, Nr. 1). Im Übrigen stellt das Erfordernis der qualifizierten Signatur eine beachtliche Erschwernis des elektronischen Rechtsverkehrs dar, da die Vielzahl der Steuerpflichtigen (noch) nicht über eine solche Signatur verfügt. Um den Zugang zum elektronischen Rechtsverkehr in einem weiteren Umfang und einem größeren Personenkreis zu ermöglichen, kann nach § 87a Abs. 3 Satz 4 und 5 AO die Schriftform durch weitere Versendungsmöglichkeiten ersetzt werden. Nach § 87a Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 AO kann der Stpfl. ein elektronisches Formular nutzen, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird. Damit sind vor allem Eingabeformulare erfasst, die über einen Internetzugang bereitgestellt werden. Bei dieser Nutzung über ein öffentlich zugängliches Netz muss aber zur Verifizierung des Datenabsenders ein sicherer Identitätsnachweis nach § 18 PAuswG, sog. elektronischer Identitätsausweis, oder nach § 78 Abs. 5 AufenthaltG mittels eines Dokuments mit elektronischem Speicher- und Verarbeitungsmedium erbracht werden. Nach § 87a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 AO ersetzt auch die Versendung eines elektronischen Dokuments mittels De-Mail die Schriftform. Erforderlich ist aber, dass der Versand über eine gesicherte Anmeldung i. S. des § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz erfolgt. Der akkreditierte Dienstleister muss also die sichere Anmeldung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur bestätigt haben. Die Versendung mittels eines "einfachen", lediglich durch ein Passwort geschützten De-Mail-Kontos reicht also nicht aus. Fehlt eine erforderliche Signatur, entfaltet das Dokument keine Rechtswirkungen, da es an einem Formmangel leidet. Für die elektronische Übermittlung von amtlich vorgesehenen Datensätzen enthält Abs. 6 eine Sonderregelung (s. Rz. 14).
Eine Signatur ist aber entbehrlich, wenn in der Formvorschrift selbst zum Ausdruck kommt, dass die strengen Anforderungen des § 87a Abs. 3 AO keine Anwendung finden. Dies ist stets dann der Fall, wenn die Vorschrift eine spezialgesetzliche Regelung zur Übermittlung elektronischer Dokumente oder Daten enthält (s. § 93 Abs. 4 Satz 1 AO; § 138 Abs. 1a AO; § 357 Abs. 1 AO: "elektronisch").
Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Signierung mit einem Pseudonym ist nach § 87a Abs. 3 Satz 3 AO zulässig, wenn die das Pseudonym verwendende Person ihre Identität der Finanzbehörde nachweist. Die FinVerw. (AEAO zu § 87a AO, Nr. 3.4) sieht zudem vor, dass Dokumente, die mit einem sog. Wahlnamen versehen sind, nicht zurückgewiesen werden, wenn dem Wahlnamen die Funktion eines bürgerlichen Namens zukommt, wie z. B. bei Künstler- oder Ordensna...