Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 233a Abs. 2a AO sieht abweichend von den Regelungen in § 233a Abs. 2 AO vor, dass der Zinslauf in den Fällen, in denen die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses i. S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO oder auf einem Verlustrücktrag nach § 10d EStG beruht, 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist oder der Verlust entstanden ist (BFH v. 06.03.2001, XI R 50/00, BStBl II 2002, 453; BFH v. 20.09.2006, I R 17/04, BFH/NV 2007, 1065 m. w. N.). Die Regelung gilt gleichermaßen für geänderte Steuerfestsetzung wie für erstmalige Steuerfestsetzungen, weil nicht darauf abzustellen ist, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO vorgelegen haben, sondern ob in materiellrechtlicher Hinsicht ein rückwirkendes Ereignis eingetreten ist (BFH v. 18.05.1999, I R 60/98, BStBl II 1999, 634). Mit dem besonderen Zinslauf soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei der Zinsberechnung diejenigen Umstände außer Betracht bleiben, die im Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruches steuerlich noch nicht berücksichtigt werden konnten und insofern weder beim FA noch bei dem Stpfl. ungerechtfertigte Liquiditätsvorteile entstehen konnten. Zur Berechnung s. Rz. 24.
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein erstmaliger Beschluss über eine offene Gewinnausschüttung für zurückliegende Wirtschaftsjahre ist zwar ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 233a Abs. 2a AO, gleichwohl ist der Zinslauf nach § 233a Abs. 2 AO zu berechnen, weil der von § 233a AO unterstellte Liquiditätsvorteil nicht entsteht (BFH v. 29.11.2000, I R 45/00, BStBl II 2001, 326; BFH v. 22.10.2003, I R 15/03, BStBl II 2004, 398; BFH v. 20.09.2006, I R 17/04, BFH/NV 2007, 1065). Bei einer nachträglichen Änderung eines Gewinnverteilungsbeschlusses zwischen dem ersten und dem weiteren Beschluss besteht für die einschränkende Auslegung des § 233a Abs. 2a AO kein Bedürfnis (BFH v. 22.10.2003, I R 15/03, BStBl II 2004, 312).
Der nachträgliche Verzicht auf die Steuerfreiheit einer Grundstückslieferung ist kein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 233a Abs. 2a AO (BFH v. 28.11.2002, V R 54/00, BStBl II 2003, 175).
Wird ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 3 EStG rückgängig gemacht, löst dies zwar für die entstehende Steuernachzahlung die Vollverzinsung aus; allerdings findet § 233a Abs. 2a AO für den Beginn des Zinslaufs nach § 7g Abs. 3 Satz 4 EStG keine Anwendung. Der Zinslauf beginnt daher 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, dessen Steuerfestsetzung geändert wurde. Bei der Ausübung von Wahlrecht kommt es darauf an, ob es sich um ein sachverhaltsänderndes Wahlrecht handelt oder ob – bei unveränderter Sachlage – nur ein Rechtsfolgenwahlrecht besteht. Die Änderung einer Rechtsfolge aufgrund der Ausübung eines Wahlrechts ist kein auf den Zinslauf zurückwirkendes Ereignis (FG Ddorf v. 27.10.2015, 6 K 3368/13, EFG 2016, 532, Rev. I R 86/15 zum Blockwahlrecht nach § 8b Abs. 8 KStG). Die Ausübung des Wahlrechts zur Zusammenveranlagung wird als nachträgliche Sachverhaltsänderung und damit auch als nachträgliches Ereignis für den Zinslauf angesehen (BFH v. 17.08.2015, III B 50/15, BFH/NV 2015, 1670).