Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Verletzt ein Stpfl. seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 3 AO, indem er die nach § 90 Abs. 3 AO vorgeschriebenen Aufzeichnungen nicht vorlegt, die von ihm vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar sind oder wenn festgestellt wird, dass er die Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle (§ 90 Abs. 3 Satz 3 AO) nicht zeitnah erstellt hat, ist das Beweismaß zugunsten der Finanzbehörde gemindert (BFH v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl II 2004, 171); es wird widerlegbar vermutet, dass die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte des Stpfl., zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen i. S. des § 90 Abs. 3 AO dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind (§ 162 Abs. 3 Satz 1 AO). Es wird dabei davon ausgegangen, dass die vom Stpfl. erklärten Einkünfte dem Fremdvergleich nicht standhalten, seine Steuererklärung insoweit nicht glaubhaft ist. Anwendungsbereich sind vor allem die Verrechnungspreise. Da die Vermutung widerlegbar ist, kann der Stpfl. den Gegenbeweis antreten und die Angemessenheit z. B. der von ihm angesetzten Verrechnungspreise belegen (BMF v. 12.04.2005, BStBl I 2005, 570, Tz. 4.6 ff.).
Tz. 32
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ist der Stpfl. nicht in der Lage darzulegen, dass und aus welchem Grunde seine Preise trotzdem dem Fremdvergleich entsprechen, hat das FA zu schätzen (§ 162 Abs. 3 Satz 2 AO); ein Ermessen ist ihm nicht eingeräumt. Die Schätzung soll in Verrechnungspreisfällen zur Besteuerung des Gewinns führen, der erzielt worden wäre, wenn bei dem Fremdvergleich entsprechende Preise angesetzt worden wären. Können die zu schätzenden Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbes. nur aufgrund von Preisspannen bestimmt werden, kann das FA bei seiner Schätzung den Rahmen voll zulasten des Stpfl. ausschöpfen, d. h. z. B. den steuerlich maßgeblichen Verrechnungspreis am oberen Rand der Preisspanne ansetzen (Rüsken in Klein, § 162 AO Rz. 29a). Es ist dazu aber nicht verpflichtet. Das FA hat insoweit nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln. Es hat zuvor die Aufklärung beim Ausländer zu versuchen (Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 71a; Rüsken in Klein, § 162 AO Rz. 29b). Europarechtliche Bedenken bestehen gegen diese Regelung nicht (Hahn/Suhrbier-Hahn, IStR 2003, 84; a. A. Schnorberger, DB 2003, 1241; Streck/Mack/Schwedhelm, Stbg 2003, 428 m. w. N.).