Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Steuerbescheid darf nur geändert werden, wenn die unzutreffende Berücksichtigung auf eine Erklärung oder einen Antrag des Stpfl. zurückzuführen ist. Der Stpfl. muss selbst, allein oder überwiegend, die fehlerhafte Berücksichtigung verursacht haben (BFH v. 03.03.2011, III R 45/08, BStBl II 2011, 673). Der Grund für diese Einschränkung der Änderungsmöglichkeit liegt im Vertrauensschutz. Grundsätzlich kann der Stpfl. auf die Fortgeltung des bestandskräftigen Bescheides vertrauen. Dies gilt auch, wenn ein Steuerbescheid zu seinen Gunsten fehlerhaft ist. Wurde die fehlerhafte Berücksichtigung des Sachverhalts jedoch durch den Stpfl. oder durch eine von ihm bevollmächtigte Person veranlasst, so kann sich der Stpfl. nicht darauf verlassen, dass ihm dieser Vorteil erhalten bleibt. Fehler des FA rechtfertigen hingegen keine Änderung zuungunsten des Stpfl.
Tz. 32
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unter Erklärung sind nicht nur Angaben auf dem Steuererklärungsvordruck zu verstehen, sondern auch formlose Mitteilungen und Auskünfte sowie für den Beteiligten von Dritten abgegebene Erklärungen (z. B. im Rahmen des § 80 Abs. 1 und 4 AO, § 200 Abs. 1 AO, s. AEAO zu § 174, Nr. 3). Sind mehrere Stpfl. an dem Widerstreit beteiligt, muss die Erklärung oder der Antrag von dem Stpfl. abgegeben worden sein, der den fehlerhaften Bescheid erhalten hat (von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 51).
Tz. 33
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Antrag oder die Erklärung des Stpfl. muss kausal für die Aufnahme des Sachverhalts in den falschen Bescheid gewesen sein. Die Ursächlichkeit für den fehlerhaften Bescheid ist ausreichend; auf ein Verschulden des Stpfl. oder auf eine Kenntnis der Unrichtigkeit kommt es nicht an (von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 53). Es ist nicht erforderlich, dass das FA den Sachverhalt irrtümlich (unbewusst) doppelt berücksichtigt (BFH v. 06.09.1995, XI R 37/95, BStBl II 1996, 148).
Tz. 34
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Stpfl. hat die fehlerhafte, ihn begünstigende Steuerfestsetzung verursacht bei:
- unrichtiger, missverständlicher oder unvollständiger Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes,
- selbst wenn der Erlass des fehlerhaften Bescheides bei gehöriger Sachverhaltsaufklärung seitens des FA vermieden worden wäre (BFH v. 24.06.2004, XI B 63/02, BFH/NV 2005, 1),
- unklaren, zweideutigen Erklärungen.
Tz. 35
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Die Kausalität scheidet dadurch aus, dass
- der Stpfl. lediglich eine irrige Rechtsansicht äußert, denn das FA hat grundsätzlich eigenständig über die Rechtsanwendung zu entscheiden,
- der Stpfl. den Sachverhalt richtig dargestellt hat, das FA jedoch rechtsirrig davon ausging, dass dieser in dem fehlerhaften Bescheid zu berücksichtigen sei (BFH v. 21.10.1980, VIII R 186/78, BStBl II 1981, 388),
- der Stpfl. zwar einen unvollständigen oder unrichtigen Sachverhalt mitteilt, das FA aber auch in Kenntnis des wahren Sachverhaltes den fehlerhaften Bescheid erlassen hätte (Koenig in Koenig, § 174 AO Rz. 34),
- sich der Finanzbehörde die Notwendigkeit weiterer Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.
Tz. 36
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Fehlt es an einer Verursachung durch den Stpfl. i. S. des § 174 Abs. 2 AO, kann das FA den Bescheid auch nicht nach § 172 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a AO ändern mit der Begründung, der Stpfl. verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, indem er die Zustimmung zu einer Änderung des Steuerbescheides verweigere (BFH v. 03.12.1998, V R 29/98, BStBl II 1999, 158; von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 54). Bei beiderseitiger Verursachung sind die Beiträge des Stpfl. und der Finanzbehörde sowie deren Gewichtigkeit abzuwägen (BFH v. 22.09.1983, IV R 227/80, BStBl II 1984, 510).