Tz. 24
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 233a Abs. 7 AO regelt die Zinsberechnung in den Fällen des § 233a Abs. 2a AO (s. Rz. 8). Die nur schwer verständliche Regelung (so zutr. Loose in Tipke/Kruse, § 233a AO Rz. 67) verlässt das Prinzip der Soll-Versteuerung zugunsten einer Ist-Besteuerung. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in den Fällen der rückwirkenden Ereignisse dem Stpfl. zunächst keine Liquiditätsvorteile entstanden sind und deshalb keine Nachzahlungszinsen anfallen; bei Verlustrückträgen soll ausgeschlossen werden, dass Erstattungszinsen für Zeiträume anfallen, in den der Verlust noch nicht entstanden war (Loose in FS Kruse, 306). Ob ein rückwirkendes Ereignis vorliegt, ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO zu beurteilen. Die Änderung einer Steuerfestsetzung nach Änderung eines Grundlagenbescheids gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasst § 233a Abs. 2a AO nicht (BFH v. 14.01.2010, X B 64/09, BFH/NV 2010, 1233). Bei Bilanzänderungen durch den Stpfl. kann nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass Änderungen der Steuerfestsetzung allein auf der Bilanzänderung beruhen (BFH v. 17.02.2010, I R 52/09, BStBl II 2011, 340).
Tz. 25
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 233a Abs. 7 Satz 1 1. HS AO bestimmt, dass die Berechnung der Zinsen grundsätzlich nach § 233a Abs. 3 AO und § 233a Abs. 5 AO zu erfolgen hat. Damit ist zunächst klargestellt, dass für die Berechnung zunächst von der festgesetzten Steuer auszugehen ist und dass Änderungen der Steuerfestsetzungen Einfluss auf die Zinsberechnung haben (vgl. BFH v. 26.11.2008, I R 50/07, BFH/NV 2009, 883). § 233a Abs. 7 Satz 2 2. HS AO modifiziert die Berechnung dahingehend, dass statt auf den veranlagungszeitraumübergreifenden Unterschiedsbetrag nach § 233a Abs. 3 und 5 AO auf sog. Teil-Unterschiedsbeträge abzustellen ist (BFH v. 09.08.2006, I R 10/06, BStBl II 2007, 82). Damit sind die Unterschiedsbeträge gemeint, die einen gemeinsamen Zinslaufbeginn haben. Innerhalb der Teil-Unterschiedsbeträge sind Sollerhöhungen und Minderungen zu saldieren. Ansonsten sind die Teil-Unterschiedsbeträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge, und zwar beginnend mit dem ältesten Zinslaufbeginn, zu ermitteln. Für die Berechnung des Zinsbetrags ist unerheblich, ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Stpfl. auswirkt. Ergeben sich bei den Teil-Unterschiedsbeträgen jeweils Nachzahlungen des Stpfl., ist der Gesamtzinsbetrag die Summe aller Zinsbeträge. In Erstattungsfällen ist die Regelung komplizierter. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Stpfl., entfallen auf diesen Betrag frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs. Dabei bleiben Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrages endgültig bestehen (§ 233a Abs. 7 Satz 2 AO). Da die Zinsen "frühestens" ab Beginn des Zinslaufs entfallen, kann der Zinslauf auch später einsetzen, wenn z. B. der Stpfl. den zu erstattenden Betrag erst nach dem Zeitpunkt gezahlt hat, zu dem der durch das rückwirkende Ereignis entstehende Zinslauf beginnt; auf diese Weise wird dem in Erstattungsfällen geltendem Prinzip der Ist-Versteuerung Rechnung getragen. Deshalb kann sich auch bei einem Unterschiedsbetrag von Null eine Verzinsung ergeben, wenn sich infolge der Berücksichtigung eines Verlustrücktrags keine Abweichung zwischen der nun festgesetzten und der zuvor festgesetzten Steuer ergibt (BFH v. 09.08.2006, I R 10/06, BStBl II 2007, 82). Zugleich stellt die gesetzliche Regelung klar, dass bereits entstandene Zinsen nicht zu ändern sind und zwar auch dann, wenn innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Stpfl. berechnet worden sind. Zu Berechnungsbeispielen s. AEAO zu § 233a AO, Nr. 48 ff.
Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass bei mehreren Feststellungsbeteiligten die Entscheidung, ob eine Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids auf einem rückwirkenden Ereignis i. S. des § 233a Abs. 2a AO beruht, gegenüber allen Feststellungsbeteiligten einheitlich zu treffen ist (BFH v. 19.03.2009, IV R 20/08, BStBl II 2010, 528).
Ansprüche auf Erstattungszinsen, die auf Zeiträume nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entstehen, können vom Finanzamt nicht mit vorinsolvenzlichen Steuerforderungen verrechnet werden (BFH v. 30.04.2007, VII B 252/06, BFH/NV 2007, 1395).