Tz. 23
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Anders als bei einer Änderung gesetzlicher Vorschriften behält eine Auskunft auch Gültigkeit, wenn sich die der Auskunft zugrunde liegende Rechtsansicht der FinVerw. oder der Rechtsprechung ändert. Hier kommt ein Widerruf der rechtmäßigen Auskunft in entsprechender Anwendung des § 131 AO Betracht, der aber bei der Verwirklichung eines einmaligen Sachverhalts jedenfalls dann ausscheidet, wenn der Stpfl. im Vertrauen auf die Auskunft bereits entsprechende Dispositionen getätigt hat. Steht die Disposition noch bevor, ist zu prüfen, ob das Dispositionsinteresse des Stpfl. einen weiteren Vertrauensschutz, insbes. angesichts bereits getroffener Vorbereitungen, rechtfertigt (vgl. BFH v. 02.09.2009, I R 20/09, BFH/NV 2010, 391). Bei Dauersachverhalten kommt ein Widerruf nur für die Zukunft in Betracht. Insoweit enthält § 2 Abs. 4 StAuskV eine selbstständige Rechtsgrundlage für die Aufhebung einer verbindlichen Zusage (AEAO zu § 89, Nr. 3.6.6). Ein Vertrauensschutz des Stpfl. in den Fortbestand einer rechtswidrigen Auskunft besteht grds. nicht. Auch hier ist aber stets zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Stpfl. bereits schützenwerte Dispositionen getroffen hat. So müssen z. B. langfristige vertragliche Bindungen des Stpfl. in die Ermessensentscheidung über einen Widerruf einbezogen werden. Ob eine Aufhebung oder Änderung der Zusage erfolgt, steht im Ermessen der Finanzbehörde, die ihre Ermessenserwägungen auch in der aufhebenden oder ändernden Entscheidung darlegen muss.
Tz. 24
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Auskunft kann in entsprechender Anwendung des § 130 AO auch mit der Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen von § 130 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AO erfüllt sind. Ob eine Zusage materiell rechtswidrig ist, richtet sich nach § 2 Abs. 4 StAuskV, wenn die Zusage ohne Rechtsgrundlage oder unter Verstoß gegen materielle Rechtsnormen erlassen wurde oder rechtsfehlerhaft ist. Die FinVerw. sieht eine Auskunft auch dann als rechtswidrig "unrichtig" an, wenn sie von einer nach ihrer Bekanntgabe ergangenen gerichtlichen Entscheidung oder einer später ergangenen Verwaltungsanweisung abweicht (AEAO zu § 89, Nr. 3.6.6). Es erscheint zumindest zweifelhaft, ob eine geänderte Verwaltungsansicht regelmäßig zur Rechtswidrigkeit einer vorherigen Zusage führt; den Vertrauensschutzinteressen des Stpfl. wird indes regelmäßig dadurch Rechnung getragen, dass die Aufhebung oder Änderung in diesen Fällen nur für die Zukunft erfolgt. Zudem hat die FinVerw. auch insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen ("kann"). Vor einer Änderung ist der Betroffene anzuhören.
Tz. 25
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Fraglich ist, ob gegen die Rücknahme oder Widerruf ein Rechtsbehelf gegeben ist. Sieht man die Rücknahme/den Widerruf als actus contrarius zu der zuvor erteilten Auskunft an, handelt es sich auch insoweit um einen Verwaltungsakt, sodass eine isolierte Anfechtung in Betracht kommt. Daher ist gegen eine Rücknahme, einen Widerruf oder eine Änderung der Einspruch gegeben. Hat die Finanzbehörde aufgrund der Rücknahme/des Widerrufs einen von der Auskunft abweichenden VA erlassen, ist das Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren gegen den abweichenden VA bis zur Entscheidung über das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Rücknahme/den Widerruf auszusetzen (BFH v. 16.05.2013, V R 23/12, BStBl II 2014, 325).