Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach dem Eingangssatz des § 55 Abs. 1 AO geschieht eine Förderung oder Unterstützung selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden (BFH v. 13.12.1978, I R 39/78, BStBl II 1979, 482). Außerdem müssen die in § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AO aufgezählten besonderen Voraussetzungen gegeben sein (s. Rz. 4 ff.).
Tz. 1a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eigenwirtschaftliche Zwecke sind solche Zwecke, die der Mehrung der eigenen Einkünfte oder der eigenen Substanz dienen. Das Gesetz nennt als Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke, womit in erster Linie die Gewinnerzielungsabsicht angesprochen ist. So handelt eine Körperschaft nicht selbstlos, wenn ihre Tätigkeit in erster Linie auf Mehrung ihres eigenen Vermögens gerichtet ist, weil sie satzungsgemäß die ihr zu Finanzierungszwecken durch ihre Gründungsmitglieder überlassenen Darlehen tilgen und verzinsen muss (BFH v. 26.04.1989, I R 209/85, BStBl II 1989, 670), wie denn überhaupt Selbstlosigkeit ausscheidet, wenn die Körperschaft ausschließlich im Interesse ihrer Mitglieder tätig ist (BFH v. 28.06.1989, I R 86/85, BStBl II 1990, 550; BFH v. 24.05.2016, V B 123/15, BFH/NV 2016) oder wenn eine Körperschaft ihre Mittel nicht überwiegend für ihre satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke, sondern zur Deckung der Verwaltungskosten und für die Spendenwerbung verwendet (BFH v. 23.09.1998, I B 82/98, BStBl II 2000, 320; s. dazu auch AEAO zu § 55, Nr. 17 ff.).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Unterhaltung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben – zum Begriff s. § 14 AO – ist nicht schlechthin schädlich, kann aber zu einer Einschränkung der Steuervergünstigung führen (s. § 64 AO). Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die als Zweckbetrieb i. S. der §§ 65 bis 68 AO anzusehen sind, sind jedoch zulässig.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Selbstlosigkeit wird durch die Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke nicht grundsätzlich beseitigt. Nach Auffassung des BFH dürfen die unternehmerischen Aktivitäten die gemeinnützigen übersteigen (BFH v. 15.07.1998, I R 156/94, BStBl II 2002, 162). Eine Körperschaft handelt noch nicht eigennützig, wenn sie aus der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nebenbei auch gewisse, hinter dem uneigennützigen Zweck in der Bedeutung zurücktretende Vorteile zieht. Die damit als unschädlich gekennzeichnete Gewinnerzielung musste zur Gewährleistung der Praktikabilität zugelassen werden und findet ihren Ausgleich in den besonderen Vorschriften betreffend die Mittelverwendung und die Vermögensbindung.