Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ausgangspunkt der Regelung ist, dass Ansprüche auf Erstattung oder Vergütung von Steuerbeträgen wie auch andere Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die sich gegen den Staat richten abgetreten, verpfändet und gepfändet werden können (§ 46 Abs. 1 AO). Die Vorschrift sagt dagegen nichts über die Abtretung von Steueransprüchen durch die Finanzbehörde aus (zur Zulässigkeit BFH v. 15.06.1999, VII R 3/97, BStBl II 2000, 47). Die Abtretbarkeit von Ansprüchen im Einzelfall ist aus der Natur des Anspruchs unter Zugrundelegung des jeweiligen Steuergesetzes zu beantworten. Unselbständige Teile einer festgesetzten Steuer (z. B. bei der Umsatzsteuer der Vorsteuerabzugsanspruch) können nicht gesondert abgetreten werden (BFH v. 24.03.1983, V R 8/81, BStBl II 1983, 612). Gegenstand der Abtretung kann nur der Zahlungsanspruch sein, nicht hingegen die gesamte Rechtsstellung (BFH v. 23.08.2016, V R 19/15, BFHE 254, 439). Mangels abweichender Regelung gelten die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften, insbes. die §§ 398ff., 1273 ff. BGB und die §§ 828ff. ZPO. Die Abtretung der Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis an einen von einem Insolvenzgericht bestimmten Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren (s. § 287 Abs. 2 InsO) erfasst nicht den Anspruch auf Erstattung von Lohnsteuer oder ESt-Vorauszahlungen (BFH v. 21.11.2006, VII R 1/06, BStBl II 2008, 272). Eine Besonderheit besteht insofern, als die Wirksamkeit der Abtretung oder Verpfändung davon abhängig ist, dass der ursprüngliche Gläubiger den Vorgang der Finanzbehörde anzeigt. Adressat der Anzeige ist die Behörde, die über den Anspruch entschieden oder zu entscheiden hat (§ 46 Abs. 2 AO). Diese Anzeige entspricht der nach § 1280 BGB für die Verpfändung einer Forderung vorgeschriebenen Anzeige des Gläubigers an den Schuldner. Bei der Anzeige kann sich der Gläubiger des Abtretungsempfängers oder eines Dritten als Vertreter oder Boten bedienen. Im Regelfall lässt sich aus einer formgerechten, vom abtretenden Gläubiger auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck unterschriebenen Abtretungsanzeige, die dieser dem Abtretungsempfänger wissentlich und willentlich überlässt, auf die Bevollmächtigung des Abtretungsempfängers schließen, diese Anzeige in Vertretung des Gläubigers der Finanzbehörde zu übermitteln (BFH v. 22.03.1994, VII R 117/92, BStBl II 1994, 789).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Form und Inhalt der Anzeige sind in § 46 Abs. 3 AO geregelt. Vorgesehen ist die Verwendung eines amtlich vorgeschriebenen Vordrucks (AEAO, Anlage zu § 46, s. BStBl I 2015, 571), der sowohl vom Abtretenden als auch vom Abtretungsempfänger zu unterschreiben ist (bzw. von den Organen, BFH v. 29.01.2009, VII B 45/08, BFH/NV 2009, 1236). Der Vordruck muss nicht amtlich hergestellt sein, ihm aber inhaltlich entsprechen (FG Nds v.30.11.2009, 9 K 73/07, EFG 2010, 540: Ausdruck auf zwei einseitig bedruckten und zusammengehefteten Blättern). Hat in einer Abtretungsanzeige nur ein erstattungsberechtigter Ehegatte unterschrieben, so ist die Abtretung wirksam, soweit der Erstattungsanspruch auf diesen entfällt (BFH v. 23.03.1997, VII R 39/96, BStBl II 1997, 522). In der Insolvenz des Zedenten muss der Verwalter bei einem zur Masse gehörenden Anspruch mitwirken (BFH v. 06.02.1996, VII R 116/949, BStBl II 1996, 557). Die Verwendung eines privaten Nachdrucks ist möglich, wenn auch dieser die Schutzfunktion des amtlichen Vordrucks erfüllt (BFH v. 26.11.1982, VI R 205/81, BStBl II 1983, 123 auch zur Möglichkeit der Unterzeichnung der Abtretungsanzeige durch einen Vertreter). Die Übersendung einer dem amtlichen Vordruck entsprechenden Anzeige per Telefax ist zulässig (BFH v. 08.06.2010, VII R 39/09, BStBl II 2010, 839; anders noch: BFH v. 13.10.1987, VII R 166/84, BFH/NV 1988, 416). Die Vollmacht des Abtretenden zur Unterzeichnung der Abtretungsanzeige an die Finanzbehörde setzt stets die nachgewiesene Kenntnis des Vollmachtgebers vom dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck und dessen Inhalt voraus (BFH v. 27.10.1987, VII R 170/84, BStBl II 1988, 178).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 46 Abs. 3 Satz 1 AO verlangt die Angabe von Art und Höhe des abgetretenen Anspruchs sowie des Abtretungsgrundes. Erforderlich ist zwar die präzise Angabe der Steuerart (BFH v. 01.06.1989, V R 1/84, BStBl II 1990, 35), nicht jedoch, dass der genaue Betrag in der Anzeige genannt werden muss. Es genügt, wenn aufgrund der Anzeige der abgetretene Anspruch der Höhe nach bestimmbar ist, ohne dass ziffernmäßig ein Betrag genannt wird. Die Umschreibung des abgetretenen Anspruchs muss eine zweifelsfreie Feststellung seiner Identität ermöglichen (BFH v. 01.04.1999, VII R 82/98, BStBl II 1999, 439; BFH v. 12.07.2001, VII R 19, 20/00, BStBl II 2002, 67). Die zumindest schlagwortartige Angabe des Abtretungsgrundes ist erforderlich, damit die Behörde prüfen kann, ob ein nach § 46 Abs. 4 AO verbotener geschäftsmäßiger Erwerb von Forderungen vorliegt (BFH v. 07.07.2010, VII R 52/10, BStB...