Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 4 Abs. 1 EUAHiG bestimmt, dass die zuständige Finanzbehörde die in Ersuchen anderer Mitgliedstaaten gestellten Fragen beantwortet, die für die Besteuerung für die in § 1 genannten Steuern voraussichtlich erheblich sind. Sofern die Behörde nicht selbst über die erforderlichen Informationen verfügt, ist sie verpflichtet, nach pflichtgemäßen Ermessen alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen behördlichen Ermittlungen durchzuführen. Das bedeutet: Soweit der Behörde die erforderlichen Informationen vorliegen, ist sie zur Antwort verpflichtet. Ein Entschließungsermessen, "ob" eine Antwort gegeben wird, steht der Finanzbehörde nicht zu; allerdings ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Ein Beurteilungsspielraum der antwortenden Behörde besteht insoweit, als nur die Antworten zu geben sind, die "voraussichtlich erheblich" sind (s. Rz. 7). Liegen die Informationen (noch) nicht vor, erstreckt sich die Ermessensausübung ebenfalls nicht auf das "Ob", sondern nur auf die Wahl der Ermittlungsmethoden zur Beschaffung von Informationen. Die Behörde ist also grundsätzlich zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet, bevor sie Fehlanzeige erstattet. Einschränkungen der Übermittlungspflicht ergeben sich aus der Anwendung des § 117 Abs. 4 AO. Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass die Auskunftserteilung durch die zuständige Finanzbehörde über das zentrale Verbindungsbüro erfolgt. Damit ist ein unmittelbarer Auskunftsverkehr zwischen den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten ausgeschlossen.
§ 4 Abs. 2 EUAHiG stellt klar, dass sich Ermittlungsersuchen auch auf die Durchführung bestimmter behördlicher Ermittlungen beziehen können.
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Grenzen der Amtshilfeleistung bei Ersuchen anderer Mitgliedstaaten: § 4 Abs. 3 EUAHiG nennt verschiedene Tatbestände, in denen das zentrale Verbindungsbüro keine Informationen an den ersuchenden Mitgliedstaat übermittelt. Über die Übermittlung entscheidet also nicht die Finanzbehörde, die über die Informationen verfügt, sondern erst das Verbindungsbüro nach Eingang der Informationen der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde. Eine Übermittlung ist ausgeschlossen, wenn
- die Durchführung erforderlicher Ermittlungen oder die Beschaffung der betreffenden Informationen nach deutschem Recht nicht möglich ist (Nr. 1),
- der andere Mitgliedsstaat die üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, ohne dabei die Erreichung des Ziels zu gefährden (Nr. 2),
- ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgegeben werden würde (Nr. 3) oder
- die öffentliche Ordnung verletzt werden würde (Nr. 4).
Ob einer der Tatbestände verwirklicht ist, hat das Verbindungsbüro von Amts wegen zu prüfen. Die ins Ausland übermittelten Antworten stellen gegenüber dem Steuerpflichtigen als rein behördeninterner Vorgang keinen VA dar; Rechtsschutz hingegen kann der Steuerpflichtige indes im Wege einer Leistungsklage bzw. vorbeugenden Unterlassungsklage erlangen (BFH v. 21.07.2009, VII R 52/08, BStBl II 2010, 51). Einstweiliger Rechtsschutz kann mit der einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO erreicht werden.
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 4 Abs. 4 EUAHiG sieht als besonderen Versagungsgrund für die Auskunftsübermittlung vor, dass das zentrale Verbindungsbüro die Übermittlung ablehnen kann, wenn der andere Mitgliedstaat seinerseits aus rechtlichen Gründen nicht zur Übermittlung entsprechender Informationen in der Lage ist. Damit wird dem Grundgedanken der Gegenseitigkeit der Amtshilfe Rechnung getragen.
Tz. 16
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 4 Abs. 5 EUAHiG regelt Sachverhalte, aufgrund derer allein die Übermittlung von Informationen nicht abgelehnt werden kann. Insbesondere ist eine Auskunftserteilung nicht ausgeschlossen, wenn sich die betreffenden Informationen bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden oder sich auf Eigentumsanteile an einer Person beziehen.
Tz. 17
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§ 4 Abs. 6 EUAHiG stellt klar, dass ein Ersuchen nicht schon deshalb abgelehnt werden darf, weil die angefragten Informationen nach deutschem Recht für steuerliche Zwecke nicht benötigt werden. Ferner ist bestimmt, dass dem anderen Mitgliedstaat Gründe für eine Nichtübermittlung mitzuteilen sind. Ein klagefähiger Anspruch der anderen Mitgliedstaaten auf Anforderung des Ersuchens ergibt sich daraus nicht.
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Fristen: In § 5 EUAHiG sind die Fristen für die Beantwortung der Ersuchen der anderen Mitgliedstaaten genannt.