Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung ist zu begründen. Dies gilt auch, wenn dem Einspruch stattgegeben wird. Das Begründungserfordernis ist Ausfluss der rechtsstaatlichen Grundsätze, wonach der Einspruchsführer ein Recht darauf hat, zu erfahren, auf welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen eine ihn belastende Entscheidung beruht (BVerfG v. 16.01.1957, 1 BvR 253/56, BVerfGE 6, 32). Er soll in die Lage versetzt werden, die der Entscheidung zugrunde liegende Auffassung der Finanzbehörde zu erkennen. Im Falle einer Klageerhebung wird die Rechtsbehelfsentscheidung zur Grundlage der gerichtlichen Nachprüfung. Auch das FG muss demnach erkennen können, auf welchen Grundlagen die Entscheidung beruht.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Begründung muss sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Erwägungen darlegen. Zunächst hat eine geordnete, vollständige und verständliche Sachverhaltsdarstellung zu erfolgen, die die tatsächlichen Verhältnisse wiedergibt, von denen die Finanzbehörde ausgegangen ist. Dieser "Tatbestandsteil" hat auch die ermittelten Tatsachen und erhobenen Beweise im Rahmen einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung darzulegen (Seer in Tipke/Kruse, § 366 AO Rz. 7). Die Einspruchsentscheidung muss dann in einer für den Empfänger nachprüfbaren Weise erkennen lassen, welche rechtlichen Erwägungen zu der Entscheidung geführt haben. Die Finanzbehörde muss dabei das wesentliche tatsächliche und rechtliche Vorbringen des Einspruchsführers würdigen. Formalisierte Begründungen reichen nicht aus (Seer in Tipke/Kruse, § 366 AO Rz. 9; a. A. Birkenfeld in HHSp, § 366 AO Rz. 43, der eine formularmäßige Entscheidung zumindest dann zulässt, wenn damit eine auf den konkreten Einspruch bezogene Begründung gegeben wird). Ermessensentscheidungen müssen sowohl erkennen lassen, dass Ermessen überhaupt ausgeübt wurde, als auch von welchen Gesichtspunkten sich die Finanzbehörde hat leiten lassen.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine fehlende Begründung stellt einen Verfahrensfehler dar, der jedoch nicht zur Nichtigkeit der Entscheidung führt (BFH v. 09.05.1996, IV B 58/95, BFH/NV 1996, 871). Der Verfahrensfehler wird nicht dadurch geheilt, dass die Begründung im finanzgerichtlichen Verfahren nachgeholt wird (Seer in Tipke/Kruse, § 366 AO Rz. 16). Das Finanzgericht muss die Einspruchsentscheidung als rechtswidrig aufheben und die Sache an die Finanzbehörde zurückverweisen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können (§ 127 AO; Bartone in Gosch, § 127 AO Rz. 20; Keß in Schwarz/Pahlke, § 366 AO Rz. 33; BFH v. 29.02.1996, X B 303/95, BFH/NV 1996, 606, Seer in Tipke/Kruse, § 366 AO Rz. 16).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei